Thronsaal

"Nur leider haben wir keinen derzeit niemanden der den Postendes Finanzberaters besetzt Majestät." Antwortete Leonhard mit einem leicht spottenden Unterton. Er machte sich keine großen Sorgen deswegen, er kannte Alvias schon seit Jahren und beide Männer waren immer ein wenig ruppig miteinander umgesprungen. "Sieh es so, du hast derzeit nicht genug fähiges Personal, viele wurden von Erol verbannt und stattdessen ein paar Unfähige eingesetzt, denen das alles egal ist, die lediglich auf Profit aus sind und ständig nur Nicken. Du wirst wohl oder übel deinen königlichen Hintern bewegen müssen und wieder anfangen , das Reich zu regieren." Mit verschränkten Armen sah er auf den ehemaligen Hauptmann. Die Jahre auf dem Thron hatten ihn verändert, er wirkte ruhiger, doch nicht unbedingt im guten Sinne. Es schien als wäre erschlafft, ohne den Kampfgeist der einst in ihm wohnte. "Nun... vielleicht auch nur eine Nebenwirkung der Ehe. Soll ja durchaus vorkommen habe ich gehört."

Es war ein eigenartiges Gefühl, selbst für ihn. Nach all der langen Zeit nun wieder hier im Thronsaal zu stehen und auf den selben Steinen zu wandeln wie die alten Könige vor ihm. König Ivenar Palancar Edwin von Palancar, der König des Sommers und der drei Jahre König. Die Sandsteine des Thronsaals besaßen als Relieffiguren Löwenköpfe. Die Klinken waren Löwentatzen und selbst die Buntglasfenster zeigten die Löwen - wenngleich auch mit rotem statt schwarzen Untergrund. Eine Tatsache, die Thomas zu ändern gedachte. Er stand nunmehr direkt vor dem Thron und nur wenige Meter trennten ihn und das Objekt seiner Begierde. Er hatte nie darauf gesessen in all der Zeit nicht. Hatte es nicht gewagt den Moment in dem er ihn rechtmäßig bestieg herab zu würdigen indem er zuvor darauf Platz nahm.
Er hörte wie sich die großen Flügeltüren hinter ihm öffneten und die Schritte von vier Personen in die Halle strömten. Er war erst vor wenigen Stunden gemeinsam mit Ryan zurück gekehrt, hatte ihm Befohlen niemandem etwas zu sagen und hatte sich selbst erst vor kurzem der Rüstung des einfachen Soldaten abgelegt die ihn bis hierhin getarnt hatte. Als nun die Türen wieder ins Schloss fielen atmete er langsam aus, ehe er zu sprechen begann. "Zehn Jahre. Zehn Jahre lang habe ich euch die Geschicke unseres Hauses in die Hand gelegt. Und nun da ich wiederkomme, was muss ich da vorfinden?" langsam drehte er sich um, sah dabei jedem von ihnen in die vor Schreck starren Augen, wenngleich auch Ryan nicht von dem selben Schock befallen war. "Erneut ist eine Xeldaric auf dem Thron, mein eigener Sohn schleppt eine Religion aus fremden Ländern ein, der andere kriecht vor Königin und Reiter im Staub und mein eigener Enkelsohn macht ihr den Hof während meine Tochter der ich am meisten von den dreien zugetraut habe nicht mit ihrem Genital zu denken nur daneben steht und nichts tut. Was habe ich euch überhaupt beibringen können?"

Katherine hatte Ryan gemeinsam mit Adam und Brandon in den Thronsaal begleitet und als sie nun den großen Raum betrat, welchen sie stets gemieden hatte, um nicht wieder und wieder daran erinnert zu werden, woran ihre Familie gescheitert war, und nur wenig später eine durchaus bekannte Stimme an ihre Ohren drang, wich sie ein paar Schritte zurück. Erschrecken spiegelte sich in ihren Augen als sie nach der Hand ihres Bruders griff und selbige mit ihren eigenen Fingern umschloss, sich im Stillen bereits wünschend, dass das hier nur eine verfluchte Einbildung ihrer selbst war, selbst wenn erneut ein eisiger Schauer über ihren Rücken jagte, so wie es das immer getan hatte als ihr Vater zu sprechen angefangen hatte. Das konnte nicht sein - er war vor zehn Jahren gestorben, sie selbst war dabei gewesen als er zu Grabe getragen worden war, als die Medicae bestätigt hatten, dass er wirklich tot war und nun stand er vor ihnen ... erneut. War es wirklich schon soweit, dass selbst der Tod den alten, borstigen Löwen nicht haben wollte und ihn freiwillig zurück schickte, damit er ihn los wurde?
Fragend glitt ihr Blick zu Ryan hinüber, an dem sie noch immer festhielt, als könne ihr der Bruder den notwendigen Halt vermitteln, welchen sie angesichts des eigentlich Toten so dringend benötigte. Er war gemeinsam mit ihm hierher gekommen - er musste wissen, wieso Thomas Velaryon wieder hier war und sie mit nichts anderem außer Vorwürfen konfrontierte. "Es ... ist schön, Euch wieder zu sehen, Vater ...", begann sie dann mit blassen, bebenden Lippen während ihre zweite Hand bereits ihren Sohn ein Stück zu sich zog, als könne sie Brandon vor seinem Großvater beschützen und erst Sekunden später begann sie sich wieder all dessen zu entsinnen, was sie eigentlich darstellen sollte. "Wie üblich hören wir lediglich Vorwürfe von Euch."

"Ich wünschte ihr hättet mir Anlass für Lob gegeben" erklärte er nur leise und hob eine Hand als Adam den Mund öffnete um ihm zu widersprechen. "Halt deinen Mund - zu dir komme ich später noch" erklärte er leise und sein Blick traf den seines ältesten Sohnes. Adam hielt nicht lange Stand und sah zur Seite. "Die Reiter sind zurück gekehrt und Ileana Xeldaric beginnt ein neues Zeitalter der gewählten Könige. Das alles sind Tatsachen die wir nicht zulassen können" erklärte er. "Die Reiter und die Unterstützung der Königin sind zu mächtig um sich gegen sie zu stellen. Selbst wenn wir den Krieg gewinnen herrschen wir über ein verbranntes Land. Unsere einzige Chance ist es uns dieses Land zu eigen zu machen ohne das wir eine Krone tragen. Katherine hat bereits für ein baldiges Bündnis mit Feinster gesorgt" erklärte er, sprach somit beinahe ein Lob aus. "Wenn wir dieses Land beherrschen wollen, werden wir dafür sorgen das ein jedes Fürstentum unserer Kontrolle unterliegt. Dabei ist Diplomatie nicht die einzige Lösung" Thomas tat mehrere Schritt nach vorne und hob eine Hand, zeigte drei Finger. "Ich habe drei Velaryons vor mir stehen die alle in einem Heiratsfähigen Alter sind doch keiner von euch ist jemandem anvertraut" er schnaubte. "Ryan du wirst Isabella von Belatona heiraten ehe wir ihren Bruder aus der Linie entfernen. Adam du wirst Elora Murray heiraten. Sie ist über viele Ecken mit Charles Hunkill verwandt und sobald Graham stirbt können wir ihren Anspruch geltend machen." Er trat an Katherine vorbei auf Brandon zu. "Du wirst nach Surda reisen und dort die jüngste Tochter von Zahavah Suhalia ehelichen und uns somit den Reichtum Surdas und die Männer der Südländer sichern. Wenn all unsere Pläne aufgehen gehört Alagaésia unserer Familie und die Adeligen und das Volk werden unseren Anspruch unterstützen. Die Reiter beschützen Alagaésia und den Frieden. Nicht einen einzelnen König. Wenn die Bauern drohen zu rebellieren werden sie sich uns beugen"

Ryan hatte ohnehin schon geplant in die Familie Belatona einzuheiraten, doch als Befehl seines Vaters, war ihm diese Idee mit einem Mal zu wider. Adam würde eine Ehe womöglich gut tun, wenn auch seiner Gemahlin etwas weniger. Doch Brandon nach Surda zu verschicken war grausam! Nicht nur das er von seiner Liebe getrennt werden würde, nein er müsste auch in ein fremdes Land und eine dieser Barbarinnen ehelichen! Das war unter der Würde eines Velaryon, gleich wie hoch die Frau in ihrer Kultur stehen mochte. Darüber hinaus wäre eine Ehe mit der Königin Gewinn bringender UND eine fremdländische Armee würde nie vom Volk anerkannt werden. Ryan schüttelte den Kopf und blickte zu Boden. Sie waren erwachsen und mussten sich jetzt von ihrem toten Vater herumkomandieren lassen? Das konnte doch nicht wahr sein! Ryan wandte sich um und schritt auf das Tor zu.
Er öffnete die Tür. "WACHEN! Wachen, zu mir! Wir haben einen Eindringling!", rief er in den Korridor und zog sein Schwert. Hinter ihm versammelten sich neun Soldaten mit gezückten Schwertern und vier Armbrustschützen. "Ihr seit festgenommen!", erklärte Ryan und richtete erneut das Schwert auf seinen Vater. Warum habe ich das nicht schon früher getan?! "Ergebt ihr euch?", fragte er den Mann und die Schützen hoben die Armbrüste.

Adam stand noch immer wie angewurzelt da. Sein Herz pochte hart gegen seine Brust und er spürte wie die Adern an seiner Stirn hervor traten. Adam hatte seinen Vater stets vergöttert, wenngleich dieser ihm auch nie soetwas wie Liebe entgegen gebracht hatte. Aber wurden nicht die besten Schwerter mit heißem Feuer und harten Schlägen geschmiedet? Das dieser Mann der ihm alles beigebracht hatte nun von den Toten zurück gekehrt war konnte nur ein Zeichen des roten Gottes sein. Das zweite nachdem die Prophetin aufgetaucht war. Doch nun geriet die Situation außer Kontrolle. Ryan verlor die Nerven. Ryan sein geliebter kleiner Bruder, den Jungen den er immer beschützt hatte. Den Jungen nicht den Mann. Seit Ryan zum Mann geworden war hatte er kaum mehr etwas für Adam übrig gehabt auch nicht als er als Eroberer aus fernen Landen zurückgekehrt war - mit einer Armee im Schlepttau. Adam sah wie sein Vater eine Braue hob, das Kinn stolz hervor streckte. Adam ballte die Hände zu Fäusten während sich alles um ihn drehte. Er musste seine Geschwister beschützen. Vor den Feinden von außen. Denen von Innen und auch vor sich selbst. Er reagierte wie in Trance, trat auf Ryan zu und holte mit der Faust aus. Sein Bruder drehte sich noch um, schaffte es noch ihm das Schwert über den Brustkorb zu ziehen, wurde jedoch vom Schlag getroffen und taummelte rückwärts. Das Schwert riss sich aus der geplanten Bahn und riss sein Oberteil und den Verband ab der dick um seinen Brustkorb geschlungen war und hinterließ einen langen, blutigen Streifen auf der Brust des ältesten Bruders ehe Ryan ohnmächtig auf den Boden knallte. Die Wachen sahen sich gegenseitig an, richteten die Wachen zum Teil nun auf Adam, ließen sie zum Teil auf Thomas gerichtet. "Senkt die Waffen. Vor euch steht Thomas Velaryon. Führer des Hauses Velaryon. Die meisten von euch haben bereits unter ihm gedient. Ihr seid seine Männer nicht die Ryans. Ihr seid die Männer meiner süßen Schwester und einige von euch sind meine Männer. Ich bin der Erstgeborene der Velaryons. Mein Bruder hat entschieden über den Befehl den er erteilt hat noch eine Nacht zu schlafen. Bringt ihn in eines der Zimmer und achtet darauf, dass er seine Ruhe hat ehe sich Vater mit ihm befassen kann"

Erschrocken hatte Katherine die Hände vor den Mund gepresst als ihre beiden Brüder plötzlich aufeinander losgegangen waren, um jeden noch so kleinen Laut zu versiegeln, welcher ihr sonst über die Lippen geglitten wäre während ihr Gesicht inzwischen jedwede Farbe verloren hatte. Sie wagte es nicht, den Blick zu Adam oder zu ihrem Vater wandern zu lassen als sie hinüber zu ihrem bewusstlosen Zwilling hastete und sich neben ihn in die Hocke sinken ließ, zitternd ihre Finger ausstreckend und die Stelle berührend, an welcher Adam den anderen getroffen hatte und die sich binnen weniger Sekunden bereits schwarzblau gefärbt hatte. "Ryan ... wach auf ... tu es für mich. Bitte ...", begann sie leise, ihre Finger glitten hinüber zu seiner Schulter, griffen danach und schüttelten den anderen während sie den faustgroßen Kloß in ihrem Hals spüren konnte, der sich ihrer bemächtigte und der von der Angst vor ihrem Vater und der Situation nur noch weiter genährt wurde. Dieser Mensch vor ihnen war wirklich ihrer aller Vater, aber er sollte seit zehn Jahren tot sein - er sollte nicht hier stehen, er sollte nicht erneut über sie alle befehligen und die Familie noch weiter auseinander treiben als sie es ohnehin schon war und im Grunde war ihr zum Weinen zu Mute als Ryan sich nicht rührte und sie den stechenden Blick bereits in ihrem Rücken spüren konnte, welchen ihr Vater für sie übrig hatte.
"Ihr geht. Sofort", wies sie dann mit ruhiger und gefasster Stimme ihren Soldaten an und hob den Blick, die Arme noch immer um Ryan gelegt, als könne sie ihn mit jener Geste vor dem weiteren Ärger ihres Vaters und Adams bewahren und erst als die Tore hinter den Soldaten zugefallen waren, schluckte Katherine noch einmal schwer. "Dies hier ist mein Fürstentum. Ceunon ist meine Stadt und ich werde weder zulassen, dass mein toter Vater, noch mein verletzter großer Bruder mir diese Pflicht abnimmt. Ihr werdet nicht über meine Männer bestimmen."

Adam öffnete den Mund um ihr etwas zu sagen, um seine eigene Bestürzung ob der Situation und eine Entschuldigung loszuwerden, doch Thomas hob die Hand zur Faust geballt und Adam verstummte. Er trat einige Schritte auf Katherine und Ryan zu während Adam neben Brandon stehen blieb.
"Ich werde nicht zulassen das sich meine Familie gegenseitig an den Hals geht" erklärte er leise und mit gedämpfter, ruhiger Stimme. "Und Ceunon ist die Hauptstadt der Menschen und in der Hand der Velaryons. Als Familie" er legte die Fingerspitzen zusammen und sah zu den drei Velaryons die noch bei Bewußtsein waren.
"Ich akzeptiere keine weiteren Ausschreitungen dieser Art" erklärte er und seine blassen, beinahe weißen Augen mit den dunklen Sprenkeln darin bohrten sich tief in Katherine. "Du hast den Velaryons einen weiteren Sohn geschenkt. Du hast dich besser geschlagen als deine beiden Brüder und scheinst als Einzige noch nicht den Verstand verloren zu haben. Besonders für eine Frau hast du es sehr weit gebracht und ich bin bereit dir Ceunon weiterhin zuzugestehen. Aber noch ein Wort des Widerspruchs. Noch ein Hinweis auf Ungehorsam und ich werde dich ins Kaiserreich schicken wo du uns weitere zehntausend Mann sichern wirst" er schüttelte den Kopf. "Der Weg der die Velaryon zu neuem Ruhm führt, führt einzig und allein durch mich"

"Ist das das Einzige, wozu du in der Lage bist, 'Vater'?", lautete die einzige leise Frage, welche Katherine verlauten ließ, die ihren Blick längst wieder auf ihren bewusstlosen Bruder gesenkt hatte, der noch immer nicht aufgewacht war und um den sie sich noch immer sorgte. Ryan war ihr einziger Haltepunkt in all den Jahren gewesen - er war derjenige, der sie aufrecht gehalten hatte als ihr Vater sie in eine Ehe mit einem alten, grausamen Mann gezwungen hatte, der für sie nichts anderes als Verachtung und Brutalität übrig gehabt hatte und er war derjenige, der sie unterstütz hatte, als Brandon zur Welt gekommen war. Er war für sie da gewesen als Adam sie im Stich gelassen hatte und nun zu erleben, wie ihre eigene Familie nun mit Ryan umging, war zu viel für sie - der Zenitpunkt war erreicht und sie konnte es nicht mehr ertragen, nun noch mehr Kälte für das entgegen gebracht zu bekommen, was Ryan und sie all die Jahre hinweg getan hatten und womit sie versucht hatten, die Familie zu Ruhm und Ehre zu führen, sie in all den politischen Wirren überleben zu lassen.
"Dann schick mich fort - sende mich zu dem nächsten Mann, um deinen Ruhm zu mehren, damit du mich nicht mehr vor den Augen hast und nicht mehr sehen musst, dass meine Mutter es nicht geschafft hat, dir drei Söhne zu schenken. Es macht keinen Unterschied mehr, ob ich deiner Grausamkeit oder der eines zweiten Ehemanns ausgeliefert bin ...", setzte sie dann noch kopfschüttelnd nach, genau wissend, dass sie mit jenen Worten auch gleichzeitig ihr eigenes Schicksal besiegelt hatte, doch wenn es nur dafür sorgte, dass es Brandon erspart bleiben würde, in ein anderes Reich einzuheiraten, dann würde es das wert sein. Wenigstens er sollte das Gefühl von Freiheit kennen.

Thomas Nasenflügel bebten während er die Brauen zusammenzog. "Wage es nicht deine Mutter in all das hinein zu ziehen. Sie hat mir in all den Jahren kein einziges Mal Schande bereitet" es brachte nichts mit Katherine zu diskutieren. Sie war stur und starrköpfig und der Meinung sie wüsste alles besser als jeder andere, glaubte ihre bisherigen Erfolge würden bedeuten, dass sie mit allem durchkam. Er wandte sich von ihr ab und ging auf Brandon zu. "Brandon, verabschiede dich von deiner Mutter. Sie will dich scheinbar nicht mehr wiedersehen" er fuhr sich kurz über die Wange, spürte wie die feinen Barthaare die mittlerweile weiß wurden kratzten. "Du wirst deine Sachen packen und danach mit mir nach Surda reisen wo wir beide die Heirat aushandeln werden" erklärte er leise und warf Katherine einen kurzen, enttäuschten Blick zu.
"Wir haben einiges was wir noch tun müssen ehe wir den Thron besteigen können"

Brandon hatte die Geschehnisse nur starr mit angesehen und nicht so recht verstanden was vor sich ging. Schockiert hatte er mit angehört, dass sein Großvater von den Toten auferstanden war und ihnen nun Befehle erteilte. Er verstand nicht was er damit bezwecken wollte, er wusste nicht warum seine Ehe mit Ileana nun plötzlich etwas schlechtes sein sollte, warum er es nicht einmal versuchen durfte. Er liebte sie und wollte sie nicht mehr verlieren, damit irgendein von den Toten auferstandener sich seine Wunschträume erfüllen konnte. Darum war er ganz froh gewesen, als Ryan die Wachen gerufen hatte, um Thomas fort zu bringen. Seine Mutter hatte stets versucht, ihn vor seinem Großvater zu beschützen, darum konnte er nicht beurteilen ob er tatsächlich zurück war, oder es ein Hochstapler war. Doch das war auch egal gewesen, nachdem Adam seinen Onkel zu Boden geschlagen hatte.
Mit feuchten Augen hatte er seine Mutter angestarrt, die immer zu auf Ryan einredete und ihm mit Blicken zu verstehen gab, er sollte verschwinden. Doch Brandon wollte sie nicht alleine lassen, er konnte sie nicht einfach zurück lassen. Sie musste ebenfalls Angst haben, musste sich fürchten... musste sich um ihn Sorgen. Als er das begriff, war es gerade noch rechtzeitig. Thomas wollte ihn mit nehmen, die beste Gelegenheit zu verschwinden. "Auf wiedersehen Mutter.", verabschiedete er sich und eine Träne rann über seine Wange, was er wahrhaft verabscheute. Mit schnellen Schritten ging er auf das große Portal zu, hörte wie Thomas ihm folgte. Noch knapp drei Meter von der Tür entfernt wechselte er die Richtung und lief auf einen Wandteppich zu. "Richard! Richard! Katherine braucht dich! Richard!", rief er aus voller Kehle. Er flutschte hinter den Wandteppich, öffnete die dahinter versteckte Tür, rannte in den schmalen Gang und schloss die Tür hinter sich. Er drehte den Schlüssel ihm Schloss herum. Brandon blieb keine Zeit zum durchatmen. Er bewegte sich seitwärts durch den Gang. Außer ihm und Katherine wusste keine wo er endete. Sie hatte er geheim halten wollen. Nun zeigte sich, wie gut das war.

tbc: Ganz schnell weg

"Adam, hol dir ein paar Männer und bring Brandon zurück" erklärte Thomas leise während seine Stimme vor unterdrücktem Zorn brodelte. Seitdem er zurück gekehrt war, so schien es hatte sich ihm jeder verwehrt. Seine eigenen Kinder waren ihm gegenüber nicht mehr Loyal, sein Enkelsohn ein verweichlichtes Kind das nur die "wahre" Liebe und süße Worte im Sinn hatte. "Und geh nicht zu zaghaft mit ihm um" wies er ihn noch an. "Ihr werdet zu Euren Kindern gehen und das Haus Velaryon zu alter Ehre führen?" Dann hättet ihr mir mehr geben sollen als nur mein Leben Hexe dachte er und spürte, wie etwas dunkles tief in ihm zu rumoren schien. Er trat langsam einige Schritte auf Katherine zu. "Dein Sohn..." begann er leise und ruhig, während seine Augen die ihren nun gänzlich einnahmen. "Wird er zur Königin rennen? Wird er ihr all das hier erzählen, sei ehrlich! Du weißt, dass der Junge zu Sanftmütig ist nicht wahr? Eher ein Kätzchen denn ein Löwe? Du weißt, wenn er von alle dem erzählt vernichtet er unser Haus. Das ist dir doch bewusst?"

Noch ehe Adam durch die Tür gegangen war, kam ein Dutzend schwer bewaffneter Männer in den Raum. In ihren Händen ruhten Hellebarden, welche an dem langen Schaft mit Metall verstärkt wurde. Vier weitere, die kurz darauf folgten waren mit Armbrüsten bewaffnet, doch trugen sie im Gegensatz zu ihren Kameraden keine Helme, dessen Schutz bis ins Gesicht ging, sondern einfache Schützenhelme. Richard kam als letzter in den Raum und begutachtete mit einem, kaum übersehbaren Argwohn. Der junge Brandon hatte vollkommen aufgelöst und verstört gewirkt, was entweder darauf schließen ließ das der junge kein allzu starkes Gemüt hatte, oder aber das hier etwa ganz und gar aus den Fugen geriet. „Meine Herrin.“ Er neigte den Kopf, zog dann das Schwert und machte, flankiert von vier seiner Kameraden schnelle Schritte auf Thomas zu, vier andere gingen auf Adam zu und die restlichen vier Soldaten die mit den Stabwaffen bestückt waren, postierten sich vor dem Eingang. Die Schützen indes hatten sich im Raum verteilt, um eine möglichst große Fläche abzudecken und in den Armbrüsten ruhten bereits schussbereite Bolzen, der Finger jedoch lag noch nicht am Abzug.
„Lady Katherine, wünscht ihr dass wir eure Gäste zu ihren Quartieren eskortieren und wir ihnen eine angemessene Wache zuteilen, um sie ausreichend zu schützen?“ Die Röte in all ihrer Gesichter konnte nur darauf schließen lassen, dass die Gemüter aller reichlich aufgebracht waren. Ein recht eindeutiges Indiz waren jedoch auch die lauten Worte, die er durch die Tür vernommen hatte.

Katherine hatte den Mund gehalten, hatte kein Wort zur Antwort gegeben, um Brandon zu beschützen, bevor Thomas ihn umbringen würde, um das Haus zu beschützen, in welches sie hinein geboren worden waren und dessen Ruhm allein den alten Löwen noch interessierte, welcher bei all seinem Vorgehen das Wohl seiner Kinder vollkommen außen vor gelassen hatte. Mitunter eben dies war der Grund, weshalb Ryan nun bewusstlos in ihren Arm lag, Adam noch immer blutete und sie ihren einzigen Sohn verloren hatte, den sie über alles liebte während ihr eigentlich toter Vater vor ihr stand und sie in jeder noch so kleinen Sekunde darum fürchtete, dass er sie erneut schlagen würde, wie er es stets getan hatte als sie noch jünger gewesen war. Noch immer spürte sie die Angst tief in sich, spürte den Drang zurückweichen zu wollen, sich an einen anderen Ort zu wünschen, wenn sie die Augen ihres Vaters auf sich ruhen spürte - es war das gewesen, was sie immer empfunden hatte als ihr Vater sie angesehen hatte und bereits als kleines Mädchen hatte sie gelernt, dass es besser war, wenn der alte Löwe sich nicht um sie kümmerte. Die Ignoranz war besser als der Zorn.
Als sich nun jedoch die Türen des Thronsaals erneut öffneten und Richard gemeinsam mit einem Dutzend Männer den Saal betraten, wagte sie es sich zum ersten Mal aufzuatmen und ihrer Erleichterung Raum zu geben, welche sie in ihrem Inneren empfand. Noch nie war sie so glücklich darüber gewesen, Richard nun hier vor sich zu sehen. Langsam begannen die Fragen auf ihren vor Angst gelähmten Geist einzuprasseln und sie atmete noch einmal tief durch ehe sie ihre Miene wieder klärte, sich erneut um Haltung bemühte, welche ihr nicht so recht gelingen wollte. "Bringt meinen Vater in eines der Quartiere und ruft Heiler für meine Brüder ... sie brauchen Versorgung", wies sie dann mit ruhiger Stimme an, vor der sie sich selbst erschrak. Sie klang, als gehöre sie nicht ihr, als gehöre sie einer Fremden, einer Außenstehenden - ruhig, gefasst und besonnen - im Gegensatz zu dem, wie sie sich eigentlich fühlte.

tbc: später