Eingangshalle

Langsamen Schrittes ging Ethra durch den langen Saal.
Er sah müde und abgekämpft aus, tiefe Augenringe nahmen dem Gesicht des Elfen die überirdische Schönheit.
Man sah ihm an, dass er kaum etwas gegessen hatte.
Die letzten fünf Tage war Ethra ohne Schlaf ausgekommen, verfiel nur für Sekunden dem Tranceartige Zustand des elfischen Schlafes als er auf dem Rücken seines Pferdes nach Ellesmera ritt.
Sogar seine Muskeln taten ihm weh, und die Rüstung seines Vaters trug er ebenfalls seit fünf Tagen unentwegt. Als er auf dem Flur einer bediensteten begegnete meinte er nur.
"Teilt Nyaralin mit, dass ich zurück bin..."

Der Elfe stockte der Atem als sie das Gesicht des Freundes und dessen Ausdruck wahr nahm. Er sah müde aus, ausgezehrt und vollkommen kraftlos - ein Anblick, der ihr nicht oft zuteil werden ließ. Ihre Schritte waren auf dem Steinboden kaum zu hören - lediglich das Schleifen der Schleppe ihres Kleides durchbrach den Gesang der Vögel, die hier verweilten.
"Ethra, was ist geschehen?", fragte sie als sie neben ihn trat und sacht nach seinem Arm griff. Sie war sich selbst nicht im Klaren darüber, was diese Geste bezwecken sollte - ob es nun eine Sicherheit für ihn sein sollte, dass sie ihn hielt, wenn er zusammenbrach oder für sie selbst um ihr zu zeigen, dass er real war.

"Ich hatte eine lange Reise...
Ich muss hier sein wenn dort draußen alles geschieht um keinen Verdacht zu erregen, die ganz letzte Woche konnte - durfte ich mir keinen Schlaf gönnen.
Aber ich hatte Recht, die Reiter wollen die Herrschaft über Alagaésia aber...
Elatariel, lass uns in meinem Gemach weiter reden, in Ordnung?" Ethra hatte auf den formellen Gruß der Elfen verzichtet, ihm war momentan nur noch danach aus dieser Rüstung zu komme und seinen steifen Glieder ruhe zu gönnen.

Nyaralin nickte lediglich und empfang wieder einmal eine tiefe Woge der Zuneigung für den Älteren. Er nahm so viel auf sich - zu viel, das ein einzelner Elf tragen musste um seinen Pflichten gerecht zu werden. "Lass uns gehen. Ich helfe dir die Rüstung auszuziehen", sagte sie schließlich nach einer Weile Stille und strich ihm eine Strähne der verwirrten Haare aus dem Gesicht.

Ethra nickte nur, er brauchte ein Bad - und ruhe.
Langsam ging er den langen Saal entlang...


TBC: Ethras Gemach

Ethra sah sich in dem langen Saal um.
Sein Blick schweifte über die hohen Fenster, das Spiel des lichts auf dem weißen Boden.
Doch die Schönheit dieses Ortes vermochte ihn nicht von der Schönheit jener Frau ab zu lenken die er soeben verlassen hatte.
Aber wie konnte er nur daran denken, wie durfte er?
Er brachte sie trotz allem in Gefahr.
Außerdem keimte in ihm Angst auf, was wenn die Beziehung in die Brüche gehen würde?
Was wenn er sie verlieren würde?
Könnte er das ertragen?
Wollte er das ertragen?
Er schüttelte den Kopf während er sich auf sein Pferd setzte.
Er musste weg von hier, weg von Ellesmera und sich über einiges klar werden.
Er musste sich soweit von dem entfernen was er liebt um all dies objektiv...
Ach was machte er sich vor, er floh. Er war nur zu feige.
Er floh vor der Verantwortung, Königreiche könnte er führen aber nicht die Liebe einer Frau erfüllen.
Mit einem traurigen Blick ritt er davon, es war nicht richtig - es konnte nicht falscher sein.
Aber er brauchte Abstand
Nur für eine Weile.
Und wenn er nie wieder zurückkehren würde?
Diese Frage blieb unbeantwortet während er die Halle verließ.

Langsam schritt die Elfe gemeinsam mit dem Leibwächter durch die lange Halle, stets darauf achtend, dass sie ihre Haltung niemals verlor.
"Wie kommt Ihr mit Eurer Ausbildung voran?", fragte sie schließlich um die Stille zu durchbrechen, die seit Minuten über den beiden gelegen hatte.

Nerian der ihr mit etwas Abstand folgte sagte "Nunja meine Ausbildung schreitet nach wie vor gut voran Herrin"

"Das freut mich zu hören", sprach sie leise, gerade noch laut genug um es Nerian hören zu lassen. Ihre Gedanken jedoch schwirrten um ganz andere Themen. Was, wenn Alice doch Recht hatte und sie ihr Amt besser niederlegen würde? Innerlich schüttelte sie den Kopf und besann sich eines besseren - das Mädchen mochte sie nicht und würde alles dafür tun um in ihr Zweifel zu säen.

Nerian folgte Nyralin weiterhin bis er anderweitige Befehle erhalten würde.

Leise flogen die Vögel durch die große Halle und zwitscherten ab und zu ein munteres Lied.
Die Blätter der Bäume rauschten und raschelten im Wind.
Einige Elfen kamen an den beiden vorbei, als ein aufgeregter Bote angerannt ka.

Nyarálin rümpfte kaum sichtbar die Nase bei der Geschwindigkeit, mit der der Bote ihr entgegen kam. Sie befürchtete schon fast, dass selbiger direkt in sie hinein rennen würde, wenn sie nicht acht gab. Es war immer wieder erstaunlich, wie ein einziger Tag so viel Verwirrung hervorrufen konnte wie dieser.

Der Bote blieb abrupt vor ihr stehen, vollführte den tradtionellen Gruß der Elfen, ehe er verlauten ließ:
"Lady Nyaralin!
Ihr werdet darum gebeten, am heutigen Abend im Ratssaal der Elfen an einer Versammlung teil zu nehmen!"

Irritiert erlaubte die Elfe es sich die Stirn zu runzeln, dennoch ließ sie den Boten erst einmal zu Luft kommen ehe sie ihre Stimme erhob. "Aus welchem Grund findet eine Versammlung statt?" , fragte sie dann.

"Es geht um Lord Ethra, der Rest wird erst bei der Versammlung besprochen!" sagte der Bote mit gradem Rücken.
Seine Augen musterten Nyaralin genau.

Nyaralins Herz machte einen kurzen Satz in Richtung Kniekehlen, kehrte aber ebenso schnell wieder zurück an den Ort, an den es gehörte. Sie nickte schlichtweg.
"Ich werde anwesend sein", antwortete sie schließlich an den Boten gewandt, seinen Blick ebenso starr erwidernd. "Ich danke Euch für die Nachricht."

Der Elf verabschiedete sich noch ergebe und ging dann seines Weges.

Auch Nyarálin verabschiedete sich formvollendet ehe sie sich zu Nerian umwandte, ihm ein kurzes Nicken zeigend. Es sollte ihm anzeigen, dass er sie am Abend begleiten sollte.
"Ich werde mich zurückziehen. Ich erwarte Eure Anwesenheit, Nerian", sagte sie, wartete aber nicht mehr auf eine Antwort des Leibwächters als sie an ihm vorbeitrat um wieder zurück in ihre Gemächer zu gelangen.

tbc: Nyaralins Zimmer

Ethra breschte im vollen Gallop in die Eingangshalle und sah sich um, Nyaralin war nirgends zu sehen.
War sie fortgegangen?
Wollte sie ihn nie wieder sehen?
Er selbst verstand nicht wieso er sich dies alles fragte, wieso er all dies fühlte.

Die Elfin hatte sich den Rest des Tages damit beschäftigt sich mit den anwesenden Ratsmitgliedern zu unterhalten, hatte deren Meinungen gelauscht und ihre eigene nur mit Bedacht geäußert. Wenn Ylěvã sie schon so sehr im Auge hatte, dann wollte sie nicht nun noch mehr neugierige Blicke auf sich spüren.
Sie stockte als sie die Hufschläge hörte, die in Ethras Residenz zu hören waren und dachte einen Augenblick darüber nach sich wieder umzuwenden, aber schließlich gewann der Gedanke, dass sie als feige empfunden werden könnte, wenn sie nun ging, der sie nun voran trieb.

Ethra sah Nyaralin den Raum betreten und Sprang vom Pferd, lief auf sie zu.
"Elatariel!" rief er, doch dann blieb er abrupt stehen.
Was tat er hier?
Das konnte - das durfte nicht sein, wenn er nun einen Schritt weitergehen würde würde er sie in Gefahr bringen.

Ruckartig blieb sie stehen, sah dem alten Freund lediglich in die Augen, ihre Stimme nicht dazu bringen könnend etwas zu erwidern. Die Worte Ylěvãs und Alice's gingen ihr noch immer im Kopf herum und sie hoffte inständig, dass der andere begriff, weshalb sie sich so distanziert verhielt.

Sie kam nicht auf ihn zu, sagte nichts.
Was wenn sie nicht genauso fühlte wie er?
Er würde das Vertrauen zerstören, die Jahrelange Freundschaft.
Er wartete auf ein Zeichen, auf eine Geste die ihn versichert hätte das nicht nur er so fühlt, doch sie kam nicht.
Er biss sich auf die Unterlippe.
Sie durfte... einfach nichts bemerken.
"Elatariel, setz ein Rundschreiben auf..." sagte Ethra langsam und leise.
Er musste das nun kommende tun, um sie zu schützen - um sich zu schützen.
"Lord Ethra sucht eine Braut, alle Heiratskanidatinnen sollen sich ab morgen eine Woche lang jeden Tag hier einfinden!"

Sie schluckte schwer bei seinen letzten Worten, hatte Mühe damit ihre Selbstbeherrschung beizubehalten. "Natürlich, Lord Ethra", antwortete sie schließlich mit zitternder Stimme, wartete jedoch nicht mehr auf weitere Worte, trat stattdessen an ihm vorbei.