Eingangshalle

Sacht schüttelte sie den Kopf, griff nach seiner blutüberströmten Hand und hielt eben jene fest, strich ihm mit der anderen über das dunkle Haar, das nun in wirren Strähnen über den hellen Boden floss und wie flüssige Seide schien.
"Ich würde mich selbst verachten - niemals könnte ich dich hassen", erwiderte sie leise und beugte sich hinab, küsste ihn sacht, verharrte einen Moment lang wenige Zentimeter über seinem Gesicht und lächelte schwach. All die Furcht, die sie zuvor gespürt hatte, war mit diesem kurzen Moment fortgewischt, hinterließ lediglich ein Gefühl der Wärme und Zuneigung, die sie empfand. Sein wahres Ich hätte ihr niemals weh getan.
"Es ist schon gut ... ruh dich aus ..."

Avalee hatte das wichtigste zusammen gesucht und es in einem Beutel verstaut. Mit diesem hatte sie in der Eingangshalle gewartet, so lange, bis die Kutsche endgültig fertig war.
Alsbald verabschiedete sie sich dann in Gedanken von der Residenz, trat durch die große Türe nach draußen und stieg in die Kutsche ein...


tbc: mal schauen, wohin die Kutsche sie bringt..

"Ich tue dies Eurer Tochter und Schülerin zu liebe. Sie brauchen Euch", war ihre einzige Erwiderung während sie ihn halb durch die Halle schleifte, ihn mehr trug als dass er selbstständig lief.
"Ebenso wie Euch die Menschen brauchen werden in diesen ungewissen Zeiten."
Ihr Blick huschte von einer Ecke zur anderen während sie ab und an stehen blieb und leise Worte in alter Sprache formte um die Sicherungsmaßnahmen zu umgehen, die sie selbst auferlegt hatte um die Residenz vor ungebetenen Besuchern zu schützen. Damals ... als sie noch bereit gewesen war Ethras Plänen zu folgen.

Die beiden bogen um eine Ecke als dort, mitten in der riesigen Halle Ethra stand.
Sein Gesicht, welches Nyaralin bei der Szene mit Kharas nicht genau hatte sehen können, offenbarte ihr nun die Veränderung.
"Und was soll das werden?"

"Ich verhindere deinen Wahnsinn", antwortete sie und stellte mit einem letzten Blick auf Kharas sicher, dass jener allein auf den Füßen stehen blieb während sie sich mit langsamen Schritten Ethra näherte.
In ihrem Gesicht stand Schmerz über das, was der andere getan hatte. Sie wagte es nicht die Hand nach ihm auszustrecken, kannte sie doch die Wirkung des einen Eldunarí und sein Aussehen, wenn dieser ihn übernommen hatte - dies hier schien ungleich grausamer zu sein. Es war kaum mehr etwas von dem Elfen übrig, den sie gekannt hatte.
"Ethra, ich beschwöre dich, hör auf mit diesem Wahnsinn. Lass ihn gehen. Denk an das, was er zu verlieren hat - seine Familie."

"Ach..." meinte ihr gegenüber eiskalt.
"Die kleine ist ja Herzallerliebst..."
"ja, sie glaubt tatsächlich sie würde mit ihrer alten Flamme reden!"
"so süß!"
"so unschuldig!"
"was glaubst du damit zu erreichen?"
"das wir ihn einfach so gehen lassen?"
"nach alledem, was er uns angetan hat?"
"oh nein, niemals!"
"Niemals werden wir ihm vergeben!
"und nun"
"geh zur..."
"Seite!!"

Jedes mal wenn er sprach, glitt eine andere Stimme aus seinem Mund heraus, eine dunkle - bebende Stimme.
Ethra hatte die macht der Eldunarís nicht mehr unter Kontrolle

"Nein, Ethra", widersprach sie und schüttelte den Kopf, blieb vor ihm stehen, wenngleich sie auch das Gefühl hatte ihr Herz würde in jeder Sekunde kurz aussetzen bis es irgendwann ganz aufhören würde zu schlagen.
"Ich werde nicht zur Seite gehen - ich bin zu lange einfach zur Seite getreten als du mich darum gebeten hast. Ich habe zu lange deinen Taten zugesehen ohne etwas zu unternehmen. Damit ist jetzt Schluss. Ich lasse das nicht mehr zu!"
Sie atmete ein letztes Mal tief durch ehe sie den Blick seiner Augen suchte und ihre Stimme noch einmal festigte bevor sie jene erneut erhob.
"Lass ihn gehen. Wenn du jemandem etwas antun willst, dann nimm mich dafür."

Das rot in Ethras Augen glomm ab und offenbarte das Alte grün, die Adern in seinem Gesicht verschwanden.
Ethra sah Nyaralin an, so als sähe er sie das erste mal, ehe er beiseite trat.
"Flieht, schnell! Lasst mich hier zurück solange.... ich die Kontrolle halten kann!"

Ohne ein weiteres Wort von sich zu geben, wirbelte Nyarálin herum und war mit wenigen Schritten zurück bei Kharas, musterte dessen kalkweißes Gesicht und schob ihn an Ethra vorbei.
"Geht, flieht schon und kehrt nicht mehr zurück. Ich weiß nicht, ob ich Euch beim nächsten Mal erneut zu retten vermag", flehte sie leise, nur für den Magier hörbar.
"Seht nicht zurück, wenn Ihr Ellesméra verlasst. Ich bitte Euch."
Sie wartete nicht auf eine Antwort, lächelte stattdessen noch einmal bitter ehe sie sich wieder Ethra zuwandte und wieder vor ihm Stellung bezog, der Dinge harrend, die nun kommen mochten. Sie konnte nicht noch einmal fortlaufen und schweigend seinen Taten zusehen, weil sie zu feige war sich ihm in den Weg zu stellen.
"Ethra, ich werde dich aufhalten."

"Dann.... tu es.... hier und jetzt!" er warf ihr sein Schwert hin, zog den Kürass aus.
"Mach schon..." er sank auf die Knie, steckte ihr seinen Oberkörper entgegen und schloss die Augen.
"Ich gebe.... dir und Farodin meinen Segen! Und jetzt tu es!"

Wie erstarrt blickte sie den anderen an, ließ ihre Augen von ihm zu dem Schwert und wieder zurück wandern ehe sie langsam den Kopf schüttelte und schwer schluckte. Ihn jetzt hier umzubringen würde all das Leid verhindern, das ihnen bevorstand, wenn sie ihn weiterleben ließ. Es würde alles ein Ende finden und diese Welt wäre frei, würde niemals seiner Tyrannei unterworfen sein.
Sie schwankte ein paar Schritt zurück und schüttelte erneut den Kopf, fuhr sich durch die blonden Locken.
"Nein, Ethra. Ich werde dich nicht töten", antwortete sie schließlich nach einer ganzen Weile. "Ich werde nicht für deinen Tod verantwortlich sein, jedoch ... werde ich ebenso wenig zulassen, dass du weiterhin herumläufst während du von den Eldunarí beeinflusst wirst."
Sie hatte ihre Entscheidung endgültig gefällt als der Ruf nach den Wachen erklang.

Die Wachen kamen, doch Ethra senkte nur den Kopf, als sie ihn hochhoben.
Sie schleiften ihn diskret an Nyaralin vorbei, welcher er ein leises.
"Ich danke dir für alles...." zuraunte, ehe er und die Wachen verschwanden

Es war ein letztes Lächeln, das sie ihm hatte zukommen lassen als die Wachmänner ihn mitnahmen, dann schloss sie die Augen und versuchte den Kloß in ihrem Hals zu ersticken, der sich gebildet hatte. Sie hatte keine andere Wahl gehabt als zu jenem Mittel zu greifen.
Die Elfen mussten geschützt werden, mussten beschützt werden und ein wahnsinniges Ratsoberhaupt mit der Seele von 12 Drachen war nicht das, was sie unter Schutz verstand. Ethra hätte Mittel und Wege ergriffen, die die Elfen in die Tyrannei geführt hätte.
Es war besser so.
Ihre Augen glitten ein letztes Mal durch die große Halle der Residenz, dann setzte auch sie sich in Bewegung um wieder ihren Aufgaben nachzukommen, in der Hoffnung, dass ihr Tag mit der Anwesenheit Farodins doch noch ein wenig besser werden würde.

tbc: Schmiede