Festplatz der Feste

Astaya machte ein paar Schritte vor und legte den Kopf in den Nacken, roch die raue Luft der See begleitet von dem schwefligen Geruch, den die Drachen absonderten und der hier so präsent war wie nirgends zuvor. Avado würde sie eines Tages finden und würde nicht von seinem Vorhaben Abstand nehmen. Sie waren auch hier nicht sicher ...
Sie ließ Vrael einen Augenblick lang einfach machen, nahm stattdessen die vielen verschiedenen Eindrücke in sich auf. Wie lange würde sie wohl hier bleiben? Wie viel Zeit würde es in Anspruch nehmen bis ihr Vater aus dem Krieg zurückkehrte?

"Es tut mir leid" durchbrach Vrael schließlich die Stille.
"Ich hätte beinahe versagt, weil ich unaufmerksam war - dir hätte etwas geschehen können!" fluchte er leise, ehe er zu Astaya hinüber kam.
"Aber... lass uns auf meinem Zimmer darüber reden!"

Die Ältere hatte noch etwas daraufhin sagen wollen, beschloss jedoch im letzten Moment, dass es besser war, wenn sie noch darüber schwieg. Er schien es nicht zu verstehen, dass sie es einfach nicht wollte, dass er verletzt würde - sie würde es sich nicht verzeihen können, wenn er ihretwegen verletzt oder gar getötet werden würde, geschweige denn dass sie Anurin jemals würde unter die Augen treten könnte.
Schweigend raffte sie ihr Kleid und folgte dem jungen Reiter. Es war merkwürdig nun einfach in seine Gemächer zu folgen, hatte das Zimmer ihres Vaters in Ceunon doch noch etwas distanziertes gehabt.

Anwar schritt langsam über den Platz. Er mochte es in Vroengard, da dieser Ort auch für Drachen gebaut wurde und somit genug Platz zur Verfügung stand.
Es ist schön wieder hier zu sein findest du nicht Cala?
Fragte er seine Reiterin.

Die Elfe hob den Kopf und gab mit einem knappen Nicken die Antwort auf die Frage ihres Seelenpartners während ihre Finger sacht über die Flanke des großen Drachens strichen. Ihr Blick striff die Narben, die darauf zu sehen waren und sie bedauerte den Schmerz, den sie Anwar ausgesetzt hatte als das Schwert des Urgal ihn verletzt hatte.
'Wir waren lange Monate im Krieg', antwortete sie schließlich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen und ließ ihren Blick über die Festung streifen. Erst vor kurzem waren die Reiter hierher zurück gekehrt, nachdem sie Monate lang in Zelten gewohnt hatten, in denen Komfort etwas war, wovon sie nur träumen konnten.
Caladhiel war froh darüber gewesen ein warmes und weiches Bett vorzufinden und noch viel mehr endlich wieder ein Bad sehen zu können, hatte sie zuvor doch das Gefühl gehabt, sie würde den Dreck der Schlacht nie wieder loswerden. Inzwischen steckte die Reiterin wieder in sauberer Kleidung.

Auf dem Dachrinnen welche den großen Platz umrankten und umspielten trippelte ein kleines schwarzes Wesen, dessen kluge Augen auf dem Treiben unter ihn lagen.
Es war ein langer und beschwerlicher Weg gewesen bis Mhink wieder in Vroengard angekommen war.
Dies war ein Ort voller Erinnerungen, nicht nur das er Anurin diesen Platz einst vor Jahren empfohln hatte - hier hatte er auch seine treue Freundin und Weggefährtin Nyaralin getroffen.
Eben jene hatte ihn nun zu den Reitern entsandt nachdem Vrael noch eine Weile auf Astaya acht geben wollte ehe sie sich wieder auf den Weg machen würden.

Der Kater streckte und putzte sich während er dem Farbenspiel zuschaute welchen die Sonne auf Anwars Schuppenkleid malte.
Mit dem Ego eines Königs stolzierte Mhink weiter über die Brüstung und bleckte seine spitzen Zähnchen

Der Drache sah sich weiter freudig um. Es war schön nach Monaten des Kampfes wieder Ruhe zu finden und nicht daran denken zu müssen wie man das nächste Patallion Urgarls bekämpft. Ruhig sah Anwar zu Cala.
Ja... doch der Krieg ist vorbei.Und wir sollten dankbar dafür sein das wir beide nun auch den Frieden erleben dürfen. Er stupste seine Reiterin leicht auf die Schulter und sagte.
Sei nicht immer so ernst...

'Den erlebten wir sehr lange, Anwar', gab sie zurück und legte sacht eine Hand auf die große Schnauze des Drachen während ihr Blicka auf dem kleinen Wesen hängen blieb, welches nur einige Meter über ihnen die Dachrinnen entlang spazierte. Die scharfen Augen der Elfe verengten sich kurz bis sie die Gestalt genauer identifiziert hatte, dann jedoch entspannten sich ihre Züge rasch wieder.
'Wir haben Besuch', setzte sie nach wenigen Sekunden hinzu und deutete mit einer knappen Kopfbewegung hinauf zu der Katze, welche dort entlang stolzierte. Sie hatte bereits vor längerem von einer Werkatze gehört, welche sich den Elfen angeschlossen hatte und es war Caladhiels Intuition, die sie davon überzeugte, dass jene Katze dort auf den Dächern nicht einfach so hier war.

Mhinks Augen huschten nur einmal kurz über den Platz bis sie letztendlich an Caladhiel und Anwar hängen blieben.
Ein Grinsen überzog das Gesicht der Katze und gab ihr all zu menschliche Züge.
Der Kater nahm anlauf, flitzte über die Dächer wie ein schwarzer Blitz ehe er auf eine Kante zuraste welche direkt über Drache und Reiterin lag.
Mhink sprang, der Wind wehte in seinen Haaren schien eben jene fort zu blasen und ein weißer Schleier legte sich um den Kater.
Das weiße Gebilde waberte, zischte und fiel wenige Meter vor den beiden zu Boden, als sich eben jenes Gebilde erhob war von dem Kater nichts mehr zu sehen.
Stattdessen erhob sich ein Junge, höchstens zehn Jahre vom Wuchs doch in seinen Augen lag die Weisheit von Jahrhunderten.
Er lächelte leicht und neigte seinen Kopf.
"Seid mir gegrüßt, Argetlam und Shurt´ugal!"

Anwar neigte den Kopf zur begrüßung.
Seid auch ihr gegrüßt. gab der Drache zurück und beäugte den jungen. Er spürte Calas vermutung das es die Werkatze war die sich den Elfen angeschlossen hatte. Dies konnte Anwar nur bestätigen.
Ruhig hob er den Kopf wieder etwas um einen besseren Überblick zu haben.

"Atra Esterní ono thelduin", begrüßte Caladhiel den Werkater und hob eine Hand zum Gesicht, zwei Finger an die Lippen legend und den Kopf respektvoll ein Stück neigend.
Ihr Gefühl hatte sie also nicht getrogen als sie die Katzengestalt erblickt hatte, welche nun in Menschenform vor ihnen Stellung bezogen hatte und in dessen Augen sich eine merkwürdige Art der Weisheit und des Alters wiederspiegelte. Die Elfe wartete gespannt darauf aus welchen Gründen der Werkater hierher gekommen war, geschah es doch nicht alltäglich, dass solch ein magisches Wesen nach Vroengard kam.
Sie erinnerte sich dunkel an Anurins schlechte Laune, nachdem die Hinrichtung des abtrünnigen Reiters durch die Erscheinung des ersten Drachens verhindert worden war - auf seinem Weg zurück in seine Gemächer hatte sie des Öfteren etwas von einem Katzentier vernommen.

"Atra Esterní ono thelduin, Mor´ranr lífa unin Hjarta onr, un du Evarínya ono varda!" schloss Mhink die Begrüßungsformel und vollführte seinerseits den Ritus.
"Ich komme in dunkler Stunde zu Euch" berichtete Mhink und strich sich die Falten aus dem Ärmel.
"Der Tod Ethras und das Öffnen der gewaltigen Tore des Verlies der Seelen scheinen noch weitaus dunklere und mächtigere Gegner herauf beschworen zu haben!"
Der junge seufzte, fuhr sich durch das weiße Haar und trat einige Schritte auf Caladhiel zu.
"Die Ratsherrin von Ellsmera schickt mich zu euch, mit einer wahrhaft unerfreulichen und höchst Bedenklichen Kunde."

Der Blick der Elfe veränderte sich und tiefe Furchen wurden auf dem sonst so ebenmäßigen Gesicht der Reiterin deutlich, deren Blick noch immer prüfend auf ihrem Gegenüber lag, als wolle sie allein durch diese stumme Geste ergründen, ob der Junge die Wahrheit sprach.
'Uns scheint der Frieden nicht vergönnt zu sein', wandte sie sich an den Seelenpartner und ein Hauch von Bitterkeit schwang ihrer geistigen Stimme mit bevor sie die Aufmerksamkeit ihres Geistes in eine ganz andere Richtung wandern ließ und dem Hochmeister der Reiter eine knappe Nachricht zukommen ließ - ein leise Bitte nach seiner Anwesenheit.
"Das sind wahrlich schlechte Neuigkeiten, die Ihr bringt ..."

Nein... Ruhe und Frieden scheinen uns zu meiden ... maulte Anwar und schnaubte leise.
Selbst nach dem Krieg scheint das böse unberührt zu sein. Die gelben Augen des Drachen ruhten weiter auf der Gestalt des kleinen jungen.

Die Tore welche in die Festung selbst führten schwangen auf.
Eine frische Briste kam auf, ließ die Haare der Anwesenden auf dem Wind reiten als Anurin aus der Pforte geschritten kam.
Raschen und sicheren Schrittes kam er zu den drei Bekannten und vollführte den Gruß der Elfen.
"Mhink, welch eine seltene Gelegenheit euch in eurer menschlichen Hülle an zutreffen!"

Caladhiel senkte respektvoll den Kopf vor dem Hochmeister der Reiter, wartete einen kurzen Moment bis dieser den Werkater begrüßt hatte bevor sie ihr Augenmerk zurück auf Anurin richtete. Mhink hieß der Werkater also ... wissend, dass sie noch häufiger den Namen über die Lippen bringen würde, prägte sie sich jenen ein.
"Wenn es mir gestattet ist zu sprechen", begann Caladhiel mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen und wandte sich endgültig dem Hochmeister zu. "Er wurde von der Ratsherrin Ellesméras zu uns gesandt und sprach von einem weitaus schlimmeren Übel als das, was der letzte Krieg für uns bereit hielt. Es erschien mir besser Ihr würdet jene beunruhigende Kunde selbst vernehmen."

Mhink nickte, schien selbst besorgt üben jene Nachrcht zu sein deren Überbringung zu seinen Aufgaben zählte.
Er fuhr sich noch einmal durch die Haare, wie um sich selbst zu beruhigend und unterdrückte ein Schnurren.
"Ein Namenloser Schrecken zieht sich über unser Land - sowohl Lady Astaya als auch Lord Kharas wurden auf das übelste zugerichtet und nur mit Mühe und viel Glück wieder befreit!
Menschen verschwinden Anurin!
Dutzende und keiner weiß wohin!
Dras Leona wurde abgesperrt und Lady Klianessa gab den Kriegsbefehl sollte auch nur die Schwanzspitze eines Drachens zu sehen sein!"

Verdammte Schlange! zischte Anwar als er den Namen Klianessa hörte. Kaum ist der Krieg beendet bahnt sich bereits die nächste Katastrophe an. Sagt, wurden schon irgendwelche Maßnahmen ergriffen? Hat man schon einen Hinweis darauf warum die Leute verschwinden?

'Ruhig. Die Wut bringt uns gegen den Schatten nicht weiter', versuchte Caladhiel Anwar zu beruhigen, dessen Zorn sie wie ihren eigenen in ihrem Geist aufflammen spürte und dem sie sich nur allzu gern hingegeben hätte, doch die Elfe entschied sich anders und gab lediglich ein besorgtes Nicken von sich während ihr Blick die Anwesenden striff.
Nicht nur, dass Menschen verschwanden, auch dass einer ihrer meist geschätzten Verbündeten angegriffen und verletzt wurde, besorgte die Reiterin zutiefst. Die Ereignisse schienen sich bereits so kurz nach der Schlacht wieder zu überschlagen und der nächste Feind schien nur darauf gewartet zu haben, dass sie aus dem Kampf zurückkehrten.
Beunruhigt erinnerte sie sich daran, dass sie einen ihrer jüngsten Reiter auf den Ruf der Schülerin Lord Kharas' dorthin gesandt hatten und die Sorge um dessen Wohl kehrte plötzlich wie ein Schlag zurück. Die Welt schien nun selbst für die Reiter nicht mehr sicher zu sein.

"Das ist sehr Besorgniserregend..." meinte Anurin langsam und strich sich über das Kinn.
Dunkle Vorahnungen suchten ihn heim, kündigten ein großes Unheil an.
"Ich habe einen unserer Jüngsten ausgesendet um Lord Kharas und Lady Coreen aus Dras Leona zu holen und seit Tagen nichts mehr von ihm gehört er..." doch Anurins dunkle Gedanken wurden von Mhink unterbrochen.
"Ihm geht es gut - er ist bei den elfen" beschwichtigte ihn der Werkater

Erleichtert atmete auch Caladhiel auf bei der Nachricht, dass dem jungen Reiter nichts währen Zeit geschehen war, doch ihre Sorge gänzlich zu vertreiben, das vermochte diese Erleichterung nicht.
"Wenn ...", begann sie vorsichtig und richtete ihr Wort an den Hochmeister der Reiter, die Schultern straffend und die nächsten Worte wohl überlegend wählend. "... Ihr es gestattet reise ich mit Anwar zu ihnen und unterstütze, wo ich kann. Vrael ist noch sehr jung und ich fürchte seine Überforderung in einer solchen Situation."
Erneut glitt ihre Hand zu Anwars Flanke und sie strich sacht darüber, den gesuchten Halt in der Wärme des bebenden Drachenkörpers findend, der neben ihr stand.

"Ja... ja ich denke das ist eine Weise Entscheidung - es soll als Symbol unserer Unterstützung gelten, haben die Reiter im vorrangehenden Krieg doch die wenigsten Verluste gehabt!" er legte seine Hand an den Gürtel und verlagerte seinen Schwerpunkt.
"Nehmt Mhink mit und versucht einen möglichst weiten Bogen um Dras Leona zu machen! Fliegt an der Küste entlang hoch in den Norden!"

Das klingt nach einer guten Idee. stimmte Anwar zu und sah leicht lächelnd zu dem kleinen Jungen. Ich hoffe doch du hast keine Höhenangst. Sagte der Drache schon fast herrausfordernd, aber im netten Ton.
Nun ... wann sollen wir aufbrechen?

"Natürlich. Ich erstatte regelmäßigen Bericht über die Geschehnisse und informiere Euch sollte sich die Lage verschärfen", versicherte Caladhiel ernst und nickte Anurin noch einmal beruhigend zu bevor sie sich zurück an ihren Drachen wandte und dessen Blick mit einer kurzen Kopfbewegung zur Kenntnis nahm. Es war ein stummes Einvernehmen, das zwischen den beiden lag und dem jeweils anderen von der momentanen Grundstimmung berichtete.
'Ich richte nur noch ein paar Dinge und dann brechen wir auf. Je früher wir dort sind, desto besser.', gab sie Anwar zur Antwort und richtete das Wort an Mhink.
"Habt Ihr die Möglichkeit die Ratsherrin von unserem Ankommen zu unterrichten? Ich möchte nicht riskieren den Elfen missgestimmt zu begegnen und ihnen erst erklären zu müssen, dass wir nicht gekommen sind um sie anzugreifen."

Mhink schloss die Augen, öffnete jene langsam wieder und das Grün der Regenbogenheut schien förmlich zu strahlen.
"Schon geschehen! Sie ist Informiert und soweit wie möglich... erfreut" er tigerte zwischen Caladhiel und Anurin hin und her.
"Ich mage mir Sorgen - die Macht die ich Spüre ist so alt wie der Kontinent selbst und ihre Wurzeln greifen tief in die Erde!"