Der große Innenhof

Nach einer ganzen Weile des Fluges setzte Anwar mitsamt seinen zwei Passagieren wieder zur Landung an und kam nur wenig später auf dem weißen Stein des Innenhofs an. Caladhiel schwang sich über den Rücken ihres Drachen und kam elegant auf dem Boden auf, ihren Blick über den Innenhof schweifen lassend während sie im Nacken einige Haare zusammenfasste und diese über die Schulter nach vorne strich bevor sie nach Feon griff, den sie bei ihrer Abreise nur liderlich über Anwars Rücken gelegt hatte.
Sie wusste nicht, wie sie dem Rat erklären sollte, was geschehen war, geschweige denn, wie sie ihnen beibringen sollte, dass Anurin und Bir'uam wie vom Erdboden verschluckt waren - entführt von riesigen Klauen, die einfach wieder verschwanden.

Feon war immernoch bewusstlos und durch die großen schmerzen gelähmt. Todesgefahr bestand jedoch keine für ihn.

Wir sollten die Wahrheit sagen... wenn wir etwas verschweigen werden wir am Ende verdächtigt mit dem verschwinden von Anurin etwas zu tun zu haben. Langsam legte der Drache seinen Kopf nieder und überlegte was mit Feon geschehen sollte sobald er wach war. Es würde wohl am besten sein ihn fürs erste in gewahrsam zu nehmen, so konnte man sich Zeit lassen um über ihm zu richten.

'Ich habe nicht vor sie zu belügen, aber ich kann es ihnen auch nicht verdenken, wenn sie glauben, wir hätten etwas damit zu tun. Immerhin waren wir bei Anurin und Bir'uam', gab Caladhiel dem Bündnispartner zur Antwort, wobei ein bitterer Unterton in ihrer geistigen Stimme mitschwang. Die Elfe hatte versucht jenen zu vertreiben, doch all das hatte nichts gebracht - zu drückend waren all die Vorwürfe, die sie sich selbst machte ihrem alten Meister nicht helfen zu können.
Sie wollte sich nicht vorstellen, wie es ihm jetzt ging, hatte sie doch gesehen, wie bereits Vrael zurückgekehrt war. Die Elfe seufzte leise und wandte den Blick von dem bewusstlosen Elfen ab, den sie mitgenommen hatten und lenkte ihre Augen auf Anwar, sich um ein halbherziges Lächeln bemühend, das ihre trüben Augen nicht erreichte.

Mit seinem toten Auge wandte sich Anwar zu Caladhiel. Ich weiß.... es ist schwer zu verstehen das Anurin weg ist. Er war nicht nur unser Anführer, er war auch unser Freund. Aber wir müssen stark sein, für den Rest der Reiter. Gerade jetzt dürfen wir es uns nicht erlauben Schwäche zu zeigen. Mühesam versuchte er seine Reiterin aufzubauen.
Wir haben schon schwierigeres geschafft... denk nur an deine Ausbildung... es war die reinste Hölle. Lächelnd atmete er tief durch und sah zu dem Himmel.
Mut ist unsere stärkste Waffe Cala... und ich weiß das wir beide von diesem mehr als genug haben...

Dankbar für die Hoffnung, die der Seelenpartner ihr durch seine Worte vermitteln wollte, nickte Caladhiel kaum sichtbar, wenngleich sie auch spürte, dass sie nicht das gewünschte Ziel erreichten. Sie wollte keine Schwäche zeigen, von was zum einen auch die ungewohnt heftige Reaktion gegenüber dem Elfen gezeigt hatte aber andererseits fühlte sie sich momentan überfordert, wenn sie nur daran dachte, dass nun alle Verantwortung auf ihren Schultern ruhte.
Ihre Gedanken glitten zu Vrael und Caleb in Du Weldenvarden und sie hoffte inständig, dass die beiden Novizen nicht erneut irgendeinen Unsinn bei den Elfen anstellten, den sie am Ende erklären durfte. Die Meinung ihres Volkes von den Reitern war ohnehin nicht die Beste angesichts all der Zwistigkeiten, die Anurin mit Königin Dellanir ausgefochten hatte.
'Er ist unser Anführer und unser Freund, Anwar. Er ist vieles. Ich bitte dich nur darum ... sprich nicht über ihn, als wäre er bereits tot, Anwar ... ich kann den Gedanken ebenso wenig ertragen ihn zu verlieren, wie mich von dir trennen zu müssen.'

Tut mir leid... Sagte Anwar tröstlich, auch wenn er selbst schon die Hoffnung aufgegeben hatte Anurin wieder zu sehen. Es war alles etwas viel in letzter Zeit .... Mit ruhigem Atmen stupste er Caladhiel an und schmiegte sich leicht an sie.
Ruh dich für ein paar Tage aus... in den nächsten Tagen wird eh viel diskutiert was nun passieren wird. Und ich merke wie ausgelaugt du bist... gönn dir Ruhe...

Beinahe hätte die Elfe leise aufgelacht als sie das Wort Ruhe in ihren Gedanken vernahm und schüttelte langsam den Kopf während ihre Hände gedankenverloren über den mächtigen Hals Anwars strichen. Sie versuchte mit dieser Geste Ruhe in ihre eigenen Gedanken einkehren zu lassen, welche noch immer wirr in ihrem Kopf umher sprangen und der Elfe Kopfschmerzen bescherten.
'Ruhe?', fragte sie dann trotzdem und schloss die Augen einen kurzen Moment um das beinah höhnische Lächeln nicht sehen zu lassen, das sie innerlich am liebste gezeigt hätte. Sie wollte Anwar nicht durch ihre Schuldzuweisungen verletzen.
'Anwar, das, was uns hier erwartet ist alles andere aber mit Sicherheit keine Ruhe. Der Rat wird erfahren wollen, was geschehen ist, über den Elfen muss gerichtet werden - sein Volk muss informiert werden und ganz nebenbei sind zwei unserer Novizen bei den Elfen, die in jeder Sekunde etwas Dummes tun könnten für das ich gerade stehen muss.
Ich wünschte, ich könne ein einziges Mal aufwachen und mir keine Gedanken darüber machen, ob Caleb oder Vrael gerade den Wald der Elfen abbrennen, weil ihnen etwas gegen den Strich geht ...'

Langsam wachte Feom aus seinem unfreiwilligen Schlaf auf. Er schaute auf seinen entstellten Körper. Was...was habt ihr mit mir gemacht?! Wieso habt ihr mich nicht getötet und stattdessen meinen körper entwürdigt?
Er spürte immer noch wie der Schmerz seine Sinne trübte. Er musste sich auf die Zähne beißen um nicht aufzuschreien.

Schnaubend drehte sich der Drache zu Feon zu. Er starrte ihm mit beiden, mit seinem gesunden und seinem blinden Auge an. Knurrend versuchte er dem Elf endlich Respekt einzu bläuen.
Sei froh das du lebst! Bei der Frechheit die du an dne Tag legst ist es ein wunder das du solang überlebst hast! Schätze dich glücklich das du noch lebst und viellecht noch eine Chance auf Freiheit hast!

"Was ich getan habe?", fragte Caladhiel mit hochgezogenen Augenbrauen und wandte sich langsam zu dem Elfen um, den sie vor wenigen Minuten auf dem weißen Steinboden drapiert hatte während sie selbst darauf wartete, dass ihr Erscheinen in Vroengard einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
"Ihr habt meinen Orden entwürdigt und nun habt Ihr am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt", antwortete sie mit finsterer Stimme und glitt neben dem Elfen in die Hocke, ihre dunklen Augen über seine Erscheinung wandern lassend.
"Nun seid Ihr derjenige, der dem Richter vorgeführt wird. Ausgeliefert und vollkommen allein, mit niemandem an Eurer Seite, der Euch helfen wird."

Trotz der Schmerzen grinste er. Ich war schon immer allein und inwiefern soll ich euren Orden entwürdigt haben Immernoch voller Stolz guckte er der Elfe in die Augen. Ich hätte lieber in Du Weldenvarden bleiben sollen, das Theater hier ist wirklich zu viel für mich.

Nun beugte sich Anwar direkt über Feon und brüllte voller Zorn. Nicht nur das er versucht hatte seine Reiterin zu töten, er sah nicht den geringsten Fehler in seinen Taten. Noch EIN falsches Wort und ich werde mir morgen deine Knochen ausden Zähnen pulen! Hab gefääigst Respekt vor der Person die dich verschont hat! Ich hätte dich aus Wolkenhöhe fallen lassen und nur aufgefangen damit ich jedes deiner Gelenke einzeln Auskugeln höre! Immernoch grimmig knurrend ließ er nicht von dem Elf ab.

Warum hast du es dann nicht getan! schrie er immer noch am Boden liegend.
Langsam wurde Feom wütend, denn eigentlich hatte er nichts verbrochen.

"Weil wir Reiter die strahlende Blüte dieser Gesellschaft sind..." erklärte eine Stimme welche vom Eingang kam.
Langsam und mit würdevollen Schritten trat Oromist die vielen Treppen hinab, sein langer roter Umhang raschelte.
"Wir stehen für Ehre, Würde, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit und sind über Gefühle wie Zorn oder Wut erhaben..." er lächelte Caladhiel an ehe er vor ihnen allen zum stehen kam.

Gerechtigkeit? Welches Recht erlaubt es euch mir das anzutun?
Feon wurde noch wütender nach dieser Rede. was erlauben die sich eigentlich?!
Immernoch scmerzte sein ganzer Körper.

"Welches Recht erlaubt Euch das Schwert eines Reiters als Euer Eigen zu bezeichnen? Welches Recht erlaubt es Euch unseren Orden zu verhöhnen?", setzte Caladhiel zur Gegenfrage an und erhob sich dann mit einer fließenden Bewegung, Anwar eine kurze geistige Bitte sendend damit der große Drache den Elfen losließ während ihre eigene Aufmerksamkeit sich nun Oromis zuwandte, der die Treppen hinunter schritt. Sie überging schlichtweg klarzustellen, dass sie es nicht gewesen war, die dem Elfen derartige Fesseln angelegt hatte.
Langsam neigte sie den Kopf, nutzte diese kurze Geste um den harten Ausdruck von ihrem Gesicht zu wischen, der zuvor dort Platz gefunden hatte und nur allzu deutlich von der Gefühlsregung der Elfe berichtete. Sie musste zu einem späteren Zeitpunkt unbedingt mit dem anderen sprechen, ihm erklären, was mit ihrer beider Meister vorgefallen war.
"Atra Esterní ono thelduin, Oromis-Elda", wandte sie sich dann, deutlich freundlicher an den anderen Reiter und führte zwei Finger an die Lippen.

"Atra Ersterní ono thelduin, Caladhiel Svit-kona" gab Oromos zurück und vollendete den Traditionellen Gruß, senkte sein Haupt ein Stückweit.
"Und ihr solltet euch überlegen was genau ihr tut..." erklärte er dann leise und höflich in Feons Richtung.
"Ich weiß wer dies ist Caladhiel - unsere Spione berichteten uns einst über einen Elfen welcher Ethra dient. Auch wenn dies lange Zeit her ist"

Wieder musste Feon grinsen. Ethra? Ihm hab ich nicht im geringsten gedient, dass einzigste womit er MIR gedient hat, war dass er mir das Schwert gegeben hat
Er nickte kurz zu dem Schwert rüber.

Caladhiels Blick wanderte noch einmal zu dem Elfen, der noch immer gefesselt auf dem Boden lag und sie schüttelte kaum sichtbar den Kopf, verbarg jedoch jegliche Worte, die sie hätte sagen können und von denen kein einziges freundlicher Natur gewesen wäre.
Es war seltsam - kaum tat sich ein neues Übel auf krochen die geflohenen Ratten wieder aus ihren Löchern auf. Er hatte das Schwert nicht genommen, in dem er einen Reiter getötet hatte - gut, das entlastete ihn aber es machte mit keiner Sekunde das besser, was sie von ihm gehört hatte.
"Ich erinnere mich an die Berichte und die Warnungen, die man uns sandte", gab sie dann langsam zur Antwort in Ermangelung einer Möglichkeit etwas anderes sagen zu können ohne auf dieselbe Stufe wie der Silberhaarige zu sinken. "Die Elfen verbannten ihn aus ihrem Reich, wenn ich mich recht erinnere."

Sie haben mich auch zurecht verbannt, dass will ich nicht bestreiten.
Feons Schmerzen nahmen langsam ab und bald war er wahrscheinlich imstande Magie zu wirken.
Bald bin ich weg hier... dachte er such.

"Wir haben also einen Feind der freien Völker hier vor uns?" meinte er leise seufzend und deutete damit die momentane Situation.
"Hast du ihm bereits Drogen geben können? Ich möchte nicht riskieren, dass er uns den gesamten Palast zerlegt..." erklärte er leise und warf ein wachsams Auge auf Feon.
"Glaube mir Elf, du befindest dich auf Vroengard hier gilt einzig und allein das Recht und Gesetz der Reiter!"

"Bislang kam ich noch nicht dazu ihm die Möglichkeit zu nehmen sich mittels der Alten Sprache zu befreien", antwortete Caladhiel wahrheitsgemäß, nachdem sie ein Schnauben hatte unterdrücken müssen, das sich bei Feons Worten aufgetan hatte. Dieser Elf schien nichts zu begreifen, nicht einmal einzusehen, dass er einen Fehler begangen hatte und statt sich zu entschuldigen und zumindest für den Moment zu Kreuze zu kriechen war er noch immer erfüllt von Stolz und gnadenloser Selbstüberschätzung.
"Er kam erst vor wenigen Minuten wieder zu sich. Ich traf ihn in einem Wald nahe Gil'ead, wo er sich, allen Anschein nach, einen Kampf mit dem Botschafter der Elfen geliefert hat. Beide waren am Ende ihrer Kräfte", fügte sie erklärend anbei und beschloss das Thema fürs Erste nicht auf Luná zu lenken. Um die junge Frau der Nachkommenden und den Drachen des Abtrünnigen Julian Frook konnten sie sich immer noch kümmern.

Wie kommt ihr darauf, dass ich ein Fein der freien Völker bin? Ich habe eigentlich etwas gegen die Arroganz unserer Rasse. Er seufzte kurz und murmelte leise einige Wörter. Die Fesseln aus seinen eigen Knochen zogen sich mit einem unnatürlichem Knarksen zurück. Langsam stand der Elf auf, musste jedoch Wanken und konnte sich nur schwer halten.