Das vierte Gästezimmer

"Nun.." meinte Kharas und legte den Kopf schief, als würde er überlegen während seine Augen eine milchige farbe annahmen

Coreen schrägte den Kopf an, blickte in Kharas Gesicht und runzelte die Stirn.
"Was habt Ihr?", hakte sie dann nach und erhob sich, trat auf den Magier zu und griff nach dessen Schultern. Sie wusste nicht, ob sie sich Sorgen machen sollte, in jedem Fall aber wusste sie, dass es nicht gewöhnlich war, dass seine strahlenden Augen plötzlich milchig und leer wurden, so als wäre er an einem völlig anderen Ort. "Kharas?"

Der Magier senkte den Kpf und hob die Augenbrauen.
"Verzeih, ich war mit den Gedanken woanders!
Wo waren wir stehen geblieben?" fragte er und lächelte entschuldigend

"Wie kann man die Menschen eines Besseren belehren lassen? So dass sie sich nicht mehr vor den Elfen fürchten", wiederholte Coreen ihre zuvorige Frage, trat wieder zurück und ließ sich auf ihren Stuhl sinken, musterte dabei jedoch Kharas Gesichtszüge genau.
"Die Elfen, die ich getroffen habe, waren alles andere als zum Fürchten."

"Man kann die Menschen immer nur dazu bewegen ihre Meinung zu ändern, wenn sie vom Gegenteil überzeugt werden.Wenn sie alle selbst sehen, dass die Elfen nichts schlimmes sind.
Wenn sie zum Beispiel Seite an Seite mit Elfen kämpfen würden!" erklärte Kharas und lehnte sich zurück, nippte noch einmal an seinem Tee.

"Als ob sie das tun würden", schnaubte Coreen unbegeistert, dachte an die Gespräche der Menschen in Ceunon, die sie vernommen hatte. "Sie würden sich eher mit den Raz'ac verbünden als auch nur einen Schritt auf die Elfen zu zumachen. Die Frauen, weil sie zu eifersüchtig sind und die Männer, weil sie insgeheim selbst gerne so wären, wie es die elfischen Krieger sind. Ich kenne die Gespräche der Menschen ... wann immer ein Elf auftaucht wird ihm mit Misstrauen und Abscheu begegnet, gepaart mit grenzenloser Neugier. Es würde mich nicht wundern, wenn sie die Elfen irgendwann in einem Zoo ausstellen, damit jeder Mensch einmal einen gesehen hat."

Kharas nickte bedeutungsschwer.
"Ich muss euch leider recht geben, jedoch wenn der Tag nur dunkelgenug ist -so greift man nach jedem Fünkchen Licht!" erklärte er und stand auf um sich die Beine zu vertreten.
Seine Füße trugen ihn zum Fenster und durch die orangenen Vorhänge fiel das letzte licht des Tages sanft auf die Gestalt des Magiers.

"Ich möchte nicht daran denken ...", sinnierte Coreen und klang dabei älter als sie es eigentlich war. "... ein anderes Volk nur als Ausweg zu nutzen, weil man sonst vernichtet wird ... ein Funken Licht vielleicht, aber unsere Tage nicht dunkel und von Finsternis getränkt.", setzte sie dann hinzu und stellte ihre Tasse bei Seite, lächelte und erhob sich ebenfalls.
"Es gibt noch Hoffnung und genug Mutige, die für diese Hoffnung kämpfen."

"Ich hoffe, eure Worte entsprechen der Wahrheit!" sprach Kharas, begab sich zu seinem Bett und setzte sich auf die Matratze.
"Raucht ihr?" fragte er.

Für einen Augenblick schien Coreen irritiert, dann jedoch schüttelte sie den Kopf, lächelte wieder jugendlich.
"Nein, damit will ich gar nicht erst anfangen. Ich habe ein Talent dafür mich in große Schwierigkeiten zu bringen, da muss ich nicht auch noch das Schicksal herausfordern, in dem ich mit Feuer umgehe", brachte sie zu ihrer Entschuldigung hervor und zuckte mit den Schultern.

"Ich normalerweise auch nicht..." meinte Kharas und nahm aus einer Schublade eine sehr lange und filigrane Pfeife, sie war weiß und über und über mit Figuren beschnitzt.
Er tat ein seltsames violettes Kraut hinein und als er es anzündete, roch es in dem Zimmer wie in einem Wald nach einem Sommergewitter.
Die Rauchschwaden waren hellblau und glitzerten in der untergehenden Sonne

"Aber?", hakte Coreen stirnrunzelnd nach und schloss die Augen. Die Eindrücke, die sie heute gewonnen hatte, schwirrten in ihrem Kopf und Kharas war ein Mann, welcher sich darauf verstand einem sehr viel Informationen zu geben und dann eine sehr lange Zeit gar keine mehr.

"Aber ich habe das Gefühl das eine schöne Pfeife und ein gutes Rauchkraut
meine Nerven beruhigen!" sagte er lachend und zog noch einmal genüßlich an der Pfeife.
Er hob die Brauen und sah Coreen an.
"Worüber denkt ihr nach?"

Coreen lachte leise und lehnte sich zurück, legte die Arme auf die Lehnen des Stuhls und ließ sich absichtlich eine Menge Zeit mit ihrer Antwort. Dann grinste sie verschlagen.
"Ich dachte, Ihr wüsstet so viel, Kharas", spottete sie sanft, schüttelte dann aber den Kopf. "Ich denke darüber nach, was das alles werden soll und dass es verrückt ist, was mir passiert. Erst sitze ich am Hof und erdulde Vladimir, dann begegne ich einem der Bluthunde, bringe ihn mit Hilfe zweier Elfen zur Vernunft und sitze nun vor dem Hofmagier Königin Runas und unterhalte mich mit ihm als habe ich nie etwas anderes getan."

Kharas zog eine Weile genüßlich an seiner Pfeife, schlug dann einen kleinen Deckel über die Öffnung in der das Pfeifenkraut lagerte und klopfte anschließend die verkohlten Reste in ein Tuch.
Er sah auf.
"Bereut ihr es, von Vladimirs Hof weg gegangen zu sein?"

"Ich bereue es ebenso sehr, wie ein Kaninchen, das vor einer Schlange flüchten konnte", antwortete sie und das Lächeln wich noch immer nicht von ihrem Gesicht. "Also gar nicht, da ich keinen ausgeprägten Drang zur Selbstzerstörung habe. Außerdem ist Vladimir ein Tyrann und niemand kann sich sicher sein, was er wirklich will neben der Macht."

Er nickte langsam.
Dann huschte ein Grinsen über sein Gesicht.
"Wenn wir gerade dabei sind Leute einzuschätzen - was haltet ihr von MIR?" fragte er und strich sich einige lästige Haarsträhnen aus dem Gesicht

"Mh ....", machte Coreen und schien eine Weile zu überlegen, dann grinste sie breit. "Ich denke, Ihr seid mehr als Ihr vorgebt zu sein, Kharas und Ihr seid ein guter Schauspieler. Ihr kämpft für das Gute und Euch sind dabei alle Mittel Recht. Ich glaube, dass es keinen Mittelweg für viele Menschen gibt, was Euch angeht - entweder man hasst Euch oder man mag Euch." Sie machte eine kurze Pause und dachte nach.
"Ich glaube, dass Ihr noch sehr viel verborgen haltet, was Ihr zu gegebener Zeit eröffnen werdet."

Ein schallendes, jugendliches und durch und durch ehrliches Gelächter schallte durch den Raum und Kharas sah Coreen verschmitzt an.
"Lassen wir das mal so stehen!" erklärte er und erhob sich.
"Kann ich heute sonst noch etwas für euch tun?"

"Hab ich wenigstens gut getroffen?", fragte Coreen ehe sie sich wieder erhob und zur Tür trat. "Ich danke Euch für die Zeit, die Ihr mir geopfert habt", setzte sie dann hinzu, den stummen Wink mit dem Zaunpfahl sehr wohl verstanden habend. Es war spät Abends und sie hatte Kharas genug ausgequetscht.

"Guten Abend..." war die einzige Antwort die Kharas gab, stand jedoch noch auf und öffnete Coreen die Türe.
"Schlaft gut - die Diener haben euch schon ein Zimmer fertig gemacht!
Wir hören morgen voneinander!"

"Schlaft Ihr ebenso gut", verabschiedete Coreen sich und trat aus der Tür hinaus in den leeren Gang. Sie fühlte sich erschöpft, war aber dankbar darüber, dass er schon dafür gesorgt hatte, dass sie inzwischen ein Zimmer im Palast hatte. Schlaf hatte sie bitter nötig.

Die beiden Frauen, Destelle und Coreen, blieben vor dem Zimmer stehen. Die rothaarige Frau konzentrierte sich fest darauf, nicht wieder rot zu werden, sie würde es sicherlich bereuen. Aber wenn der Hofmagus es will, dann muss sie halt mit ihm reden.
Ihr Blick wandte kurz zu Coreen, das reichte um ihre zu vermitteln, dass Destelle nicht anklopfen würde, bevor Coreen es tut. Schließlich fühlte sie sich hier fremd. Stattdessen betrachtete sie die wunderschönen Gängen und Fenster. Hier war es auf jeden Fall schöner als in Dras-Leona. Du kannst die Macht der Wörter genau so gut nützen, und dass obwohl du keine Magierin bist, Destelle, konzentriere dich. Er ist auch nur ein Mann.

Die Tür schwang wie von Zauberhand auf.
Kharas stand gegen das Fenster gelehnt, sein Umhang lag über einem Stuhl.
Das Hemd halb aufgeknöpft offenbarte er eine schlanke und dennoch muskulöse Gestalt.
Er stützte sich mit den Händen am Fenstersims ab.
"Ah, da seid ihr ja - und sogar sauber!"

"Es hat eine Weile gedauert aber ich habe sie wieder sauber bekommen", grinste Coreen und betrat das Zimmer, ließ sich auf ihren angestammten Platz auf einen der Sessel fallen und blickte erwartungsvoll in Destelles Richtung.