Versteckte Höhlen

Charles hatte sich erhoben, Kharas Hand die ihn festhalten wollte abgeschüttelte und war langsam nach vorne getreten. Seine Hände waren verkrampft als er zu dem ehemaligen Berater trat und diesem mit einem kräftigen Schlag in den Magen schlug, ehe er mit seiner anderen Hand unter das Schulterblatt des alten Griff und dieses nach oben drückte, Nerven einklemmte.
"Wage es nie wieder so über meine Familie zu reden..." zischte der Graf und biss die Zähne zusammen, Wut funkelte in seinen Augen auf.
"Was weißt du schon wie es ist wenn man den Menschen verliert den man liebt?" er spuckte dem alten Mann ins Gesicht.
"Weißt du wie das ist? Weißt du was es aus dir macht?" er riss sich die Maske vom Gesicht, einige der adligen keuchten erschrocken auf als sie das unförmige, rosafarbene Narbengeflecht sahen das einst mal Charles Gesicht gewesen war. "WEIßT DU ES?!"
Der Arzt sah eisig auf Farim, packte ihn fester. "Du widerwärtiger kleiner Bastard, du auswurf einer Trosshure! Niemals hätte ich deiner gespaltenen Zunge glauben schenken dürfen! Oh glaub mir, liebend gern würde ich dich mit mir nehmen und schauen wie lange man ohne Betäubung am Leben bleibt während dich jemand langsam aufschneidet! Nur um zu sehen ob du überhaupt ein Herz hast!
Weißt du überhaupt was du da gesagt hast? Weißt du es? Du hast meine Familie entehrt, das letzte was mir noch geblieben ist! Du hast mir meine Schwägerin genommen, den letzten Rest meiner Familie und wagst nun derart über sie zu sprechen?" einer der Soldaten trat heran, wollte die beiden Fürsten trennen.
"LASS MICH!" schrie Charles und schüttelte Farim
"Ich will das du um vergebung bettelst! Ich will das du winselst wie der kleine abwärtige Wurm der du bist!"

Ein einziges, knappes Wort in der Alten Sprache verließ die Lippen der jungen Frau, die sich all die Beleidigungen des Fürsten Dras-Leonas ohne auch nur mit der Wimper zu zucken angehört hatte. Ruckartig, von einer unsichtbaren Kraft gezwungen wurden die beiden auseinander gezogen und Charles wieder zurück auf seinen Platz gebracht. Sie verstand zwar den Zorn des Schwagers, doch dermaßen die Beherrschung an diesem Ort und vor all den Adligen zu verlieren war nicht das, was es besser machte oder Farim zeigte, was das Recht dieses Landes besagte, denn obgleich er ein mieser Verräter war, so konnte man ihn dennoch nicht einfach aus einer puren Laune heraus schlagen.
"Wisst Ihr, Farim Godar", begann sie mit seltsam ruhiger Stimme und überwand die letzten paar Meter, die sie und den Fürsten trennten. "Eure Beleidigungen scheren mich inzwischen nicht mehr und Euer Leben ist bereits beendet. Das Einzige, was ich hier sehe ist ein sterbender Mann, der seinen Tod nicht akzeptieren will und davor nur noch weiteres Elend über die verbliebenen Menschen bringen will. Nur zu - beleidigt meine Familie und versucht mich weiter zu diffamieren, verbergt damit Euer Angst vor dem, was Euch erwartet", fuhr sie fort und zuckte schlichtweg mit den Schultern, das blasse Gesicht des alten Mannes musternd, in dem sie nur allzu deutlich die Nachfolgen von Charles' unrühmlicher Handlung erkennen konnte. "Aber Ihr wart es, der mich in diese Position gebracht hat - es war Euer Einfall und Eure List, die all das möglich gemacht hat und nun seht Ihr, dass es nicht so wurde, wie Ihr erhofft habt. Eure Worte treffen mich nicht mehr, denn im Gegensatz zu Euch gibt es etwas, das ich mir bewahrt habe - ein Herz, das für diejenigen schlägt, die ich liebe und denen ich vor Zeugen Treue geschworen habe. Ein Herz, das noch längst nicht gefroren ist."
Mit einem letzten Kopfschütteln wandte sie sich um, trat zurück zu ihrem ursprünglichen Platz und gab damit gleichermaßen das Zeichen dafür, dass sie nichts mehr zu dem alten Mann zu sagen hatte, das nun noch von Belang sein würde. Alles, was zwischen ihnen nun noch fallen würde, wären sinnlose Beleidigungen, die sie nur noch ermüden würden.
Farims Schicksal war längst besiegelt worden.

" Also, Farim ", verkündete nun Alvias, der sich von seinem Platz erhob, von welchem aus er die ganze Szene beobachtete hatte, und zu Farim trat.
" Was wir von dir wollen ist, dass du uns hier etwas aufschreibst. " Der König zog ein Blatt Pergament hervor und legte es auf den Tisch in der Mitte des Raums. Mit einem Wink signalisierte er zwei Soldaten, dass sie Farim näher an den Tisch bringen sollten. Diese folgten dem Befehl, ohne dabei besonders sanft vorzugehen. " Mit diesem Dokument wirst du Alagäsia helfen, den neu aufgetauchten Feind zu besiegen. "
Alvias verschwieg wohlweislich, dass am Ende dieses ganzen Verhörs der Tod auf den Fürsten warten würde. Das hätte nur den Widerstandswillen des Mannes angestachelt und das Unvermeidliche hinausgezögert.
" Setz dich bitte, Farim. "
Der Magier hatte kein Interesse daran, seinen Fürsten, ehemaligen Berater und ehemaligen Freund leiden zu sehen. Farim war so, wie er war, und auch wenn sein Tod notwendig war, so machte es Alvias keinen Spaß, dabei zuzusehen.
Der König deutete auf eine Feder, die in ein Tintenglas getaucht auf dem hölzernen Tisch stand und bedeutete Farim somit, diese in die Hand zu nehmen.
Die Worte des Fürsten waren hart gewesen, aber Alvias glaubte, dass sie nur aus dem Trotz und der Furcht heraus geboren gewesen waren. Aber ebenso glaubte er, dass Farim ihn verraten hätte, wenn es seinen Zielen gedient hätte. Und genauso sicher war er sich, dass Farims und seine Ziele sich überschnitten hätten. Mit einem leisen Seufzen wandte der König sich von dem Tisch ab und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
" Verfasse ", wies er Farim leise an, " einen Brief an die Fyhamer, in welchem du ihnen von den Hählen berichtest, welche sich momentan im Buckel befinden. Schreib, sie stellten einen sicheren Übergang für ihre Armee dar und seien unbewacht. Weiterhin schreib, dass unsere Armee komplett in dem Pass beim Woadorak-See lagert und sich somit in perfekter Position für einen Hinterhalt befindet. "

Mit einem seufzen legte Farim die Feder neben das Pergament und lehnte sich zurück. Er fühlte sich mit einem mal ausgelaugt, aller Kraft beraubt.
Jetzt wo ihr habt was ihr wollt. Möchte ich eine Bitte äußern. Ich möchte einen schnellen Tod, kein langes Leid, kein unnötiges Zögern.
Mit einer hochgezogenen Augenbraue sah er zuerst zu Alvias, dann zu Coreen.

" Den bekommst du, Farim ", sagte Alvias und nahm das Dokument vom Tisch. Dann schritt er zu Scar hinüber und reichte diesem das Stück Pergament. " Leitet alles Nötige in die Wege. "
Mit einem raschen Blick zu den Adligen hinüber wandte er sich dann wieder in Richtung Farim.
" Die Hinrichtung findet morgen Mittag in der Mitte des Lagers statt. Ich will, dass alle Offiziere und Adlige dabei zusehen. Als Fürst der Stadt Dras Leona gewähre ich dir die Gnade, durch Enthauptung zu sterben. "

"Danke." Gab Farim zurück und nickte kurz. Er hatte es aufgegeben sich zur wehr zur setzten oder feindliche Kommentare abzugeben. In gewisser weise bewunderte er diese Leute. "Sie stehen für ihr Land ein obwohl ein Sieg fast ausgeschlossen ist. Nunja Märtyrer muss es in jedem Krieg geben. So auch in diesem." Er ließ sich ohne gegenwehr von zwei Soldaten hochziehen und von ihnen gestützt humpelte er aus dem Raum. "Nun denn Coreen ihr habt gewonnen. Der Termin für meine Hinrichtung steht fest und ihr werdet wahrsceinlich in der ersten Reihe stehen. Ich beglückwünsche euch, ihr habt mehr geleistet als ich euch zugetraut habe."

"Das war niemals das, was ich wollte, Farim", erwiderte die junge Frau lediglich mit belegter Stimme, aus der jegliche Freude und Begeisterung geschwunden war und in der nun Bedauern und Mitleid mit dem alten gebrochenen Mann mitschwang, der von zwei Soldaten gestützt zum Ausgang der Höhle humpelte und den sie in diesem Moment nicht einfach so gehen lassen wollte. Langsam trat sie an Alvias' Seite, blickte in das verhärtete Gesicht des Königs und konnte nicht umhin bitter darüber zu lächeln. Behutsam legte sie eine Hand auf seinen Arm, strich vorsichtig darüber und teilte ihm mit einem kurzen Nicken ihre stumme Bitte mit, noch ein paar Worte mit dem sterbenden Mann wechseln zu können bevor er endgültig in die Gefangenschaft geführt wurde.
"Alles, was ich jemals wollte war ein freies, vereinigtes Reich, bei dessen Entstehung ich unterstützen konnte. Alles, was ich jemals wollte, war einen Traum zu realisieren, an den viele Menschen geglaubt haben und die ihn beinahe vergessen haben - es ist real geworden und nun halten sie an diesem Traum fest. Sie wollen ebenso wenig, dass er zerplatzt wie ich es will", begann sie zu erklären und löste die zarte Berührung wieder ehe sie auf Farim zutrat und den Soldaten mit einer knappen Handbewegung gebot, kurz inne zu halten. "Alles, was ich wollte war Friede und Freiheit für das Volk, Farim und ich freue mich nicht darauf Euch sterben zu sehen, denn obgleich Ihr glaubt, Ihr hättet nichts Gutes getan während all der Zeit - das habt Ihr und ich werde Euch diese eine Tat niemals vergessen."

"Nun..." Farim fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Er hatte ein festes Bild von dieser Frau gehabt, dachte er wüsste was in ihrem Kopf vorginge und könnte wenigstens einige ihrer Handlungen voraussehen. Doch langsam begann er zu begreifen warum dies nie zutraf, warum seine Vermutung so gut wie immer falsch war. "Nun... dann freut es mich... euch ... geholfen zu haben..." Stotterte er. Ihm war es egal ob man ihm seine Überraschung und Fassungslosigkeit ansah, schließlich würde er eh nicht mehr lange unter den Sterblichen weihen. "Nun ich glaube... nun verstehe ich euch ... sofern man dies bei einer Frau sagen kann. Ich teile nach wie vor nicht eure Meinung, ihr werdet dort draußen mit großer Wahrscheinlichkeit niedergemetzelt aber... alles gute. Ach ja... " Ein Lächeln huschte über das faltige Gesicht. "Ich habe nichts mehr zu verlieren, also kann ich es euch ebenso gut sagen. Die Fyhamer planen einen Angriff, nicht mit ihrer ganzen Streitmacht nein aber mit einem kleinen Teil um euch mürbe zu machen. Wenn irh auch nur den Hauch einer Chance haben wollt dann würde ich anfangen mich vorzubereiten."

Sanft neigte sie den Kopf, erwies Farim damit ein letztes Zeichen der Ehre und gab damit gleichermaßen ein Symbol dessen, dass sie ihm keines seiner Worte, welches aus Furcht und Hass gewebt worden war, mehr übel nahm, ihm nichts mehr nachtrug. Er sollte nicht den Zorn und die Abscheu an seiner Seite haben, die ihn in das Totenreich begleiteten. "Danke", sagte sie ehrlich, leise genug als dass es niemand außer den Soldaten, Farim und ihr selbst vernehmen konnte und brachte es fest, ein schwaches Lächeln auf ihre Züge zu zaubern, das diese entschärfte und das leise Zeichen von Hoffnung hinein brachten.
"Es hätte niemals soweit kommen müssen zwischen uns, Farim und es wäre mir lieber, wenn wir gemeinsam für ein Ziel gekämpft hätten statt uns gegenseitig immer weiter zu sabotieren, aber diese Sachen sind geschehen und ich möchte, dass Ihr wisst, dass ich Euch keines der Dinge, die Ihr jemals gesagt oder getan habt, nachtrage", erhob sie erneut die Stimme, schloss langsam die Lider und vermochte nicht länger zu verbergen, dass der bevorstehende Tod des Mannes, in dessen Hass sie so viel Energie gesteckt hatte, sie dennoch irgendwo traf und ihr einen Stich versetzte. Es schmerzte zu wissen, dass derjenige, der über all die Zeit an ihrer Seite gestanden hatte, nun bald nicht mehr sein würde - vom Tode auf ewig genommen.
"Ich habe eine letzte Bitte an Euch, Farim und schlagt sie mir nicht ab, ich flehe Euch an." Sie schluckte, warf einen kurzen Blick zurück zu Alvias und ließ ihr Lächeln dann halbherziger, trauriger werden als sie ihre Augen zurück auf den Fürsten richtete und die Stimme erneut senkte, um ihre Worte vor jenen zu bewahren, an deren Ohren sie nicht dringen sollten. "Sprecht mit Alvias. Ihr wart sein Freund, er hat Euch vertraut und Hoffnungen in Euch gesetzt. Selbst, wenn Ihr es vielleicht glaubt aber er ist kein Kind und Euer Tod wird ihn treffen, selbst, wenn er diese Wunde niemals zugeben oder offen zeigen würde. Lasst ihn nicht so zurück - erklärt ihm wieso Ihr ihn verraten habt, denn er hat an Euch geglaubt, bis zum Schluss."
Mit einem letzten schiefen Lächeln in Farims Richtung, dicht gefolgt von einem bekräftigenden Nicken, wandte sie sich wieder um und ließ den alten Mann gemeinsam mit den Soldaten, die ihn stützten, gehen.

"Es tut mir leid Coreen aber das werde ich nicht tun. Das was der König einmal in mir gesehen hat ist schon lange erloschen und ich glaube nicht das er noch einmal irgend eine Art von Menschlichkeit in dem Mann findeen will, der euch alle verraten hat. Aber ich sage es euch ein letztes mal. Ergebt euch und gönnt dem Land Frieden. Ihr verlasst euch darauf das sie noch nicht ins Land vorgedrungen sind doch an Surdas Küsten sind sie ebenfalls und hier ist der Großteil der Armee versammelt. Fällt eure Stellung hier, dann ist der Krieg entschieden, das wisst ihr genauso gut wie ich. Der wahre Mut besteht nicht darin bis in den Tod zu kämpfen, sondern zu leiden und auf de passenden Moment zu warten in dem man sich erheben kann. Doch was rede ich da? Ihr habt schon oft genug nein gesagt... so langsam sollte ich es mir merken können mh?" Farim lachte trocken und nickte kurz, ehe er, zusammen mit der Hilfe der Soldaten aus dem Raum humpelte.