"Du bleibst, wo du bist, Aiko. Du schaffst es keine zwei Meter auf eigenen Beinen und ich habe lange genug als Heilerin selbst gearbeitet, um es zu wissen. Versuch nicht mit mir zu diskutieren und das ist mehr als eine Fleischwunde", lautete der einzige Widerspruch, den Coreen ihm entgegen brachte und lächelte schief ehe sie die freie Hand auf die Hand des Freundes legte und selbige behutsam drückte. "Es ist nicht deine Schuld, Aiko. Rede dir das bitte nicht ein - egal, was du tust und egal, wie du gewesen wärst, er wäre damit nicht zufrieden gewesen. Du bist einer der besten Menschen, die ich jemals habe kennen lernen dürfen und du hast nichts falsch gemacht. Du hast alles versucht, was du konntest, um es zu verändern - jetzt liegt es nicht mehr an dir. Mach dich doch nicht deswegen kaputt", versuchte sie ihm sacht zu erklären und schenkte ihm ein kurzes aufmunterndes Lächeln ehe sich die Sorge in ihrem Gesicht wiederzuspiegeln begann während sie mit der anderen Hand das Blut von dem Gesicht des Freundes wischte und sorgenvoll die Wunden in Augenschein nahm.
Einen Teil davon konnte sie mit Magie heilen, ohne dass eine Narbe zurückbleiben würde oder er weitere Schmerzen haben würde, einen Teil würde sie nähen müssen und den unsichtbaren Teil, der ihm wohl die schlimmsten Narben zugefügt hatte, würde die Zeit heilen müssen. Erol hatte einst einen ebensolchen Hass seinem Bruder gegenüber aufgebracht und es war damit gegipfelt, dass er ihn auf die bestialischste Art und Weise gefoltert und verletzt hatte und in jenem Moment erkannte sie denselben Hass auch in Hisokas Gesicht und die Angst griff nach ihre eigenen Herzen und presste es zusammen - Furcht davor, dass sich die Geschichte wiederholen würde und es dieses Mal Aiko sein würde, der verletzt und beinahe ermordet werden würde, während Ileana hilflos und verzweifelt versuchen musste, sich einen Weg zu bahnen.
"Aiko, mach dir bitte keine Vorwürfe. Es ist nicht deine Schuld und wir sorgen schon dafür, dass nichts von alledem nach außen dringt. Adriana spricht draußen mit jenen, die es gehört haben und lässt es sie vergessen. Komm bitte zur Ruhe, bevor ich dich ins Bett bringen muss und dafür sorgen muss, dass du auch dort bleibst."
Indes war Mimi regungslos stehen geblieben und hatte die Augen auf ihren Zwillingsbruder gelenkt, der noch immer dort vor ihr stand und den sie nicht mehr wieder erkannte. Hisoka war niemals so grausam gewesen, hätte niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet, Aiko weh zu tun oder ihm etwas Schlechtes zu wünschen und nun zu sehen, was geschehen war, verletzte sie tief und trieb einen Splitter in ihr Herz, der bei jedem einzelnen Schlag schmerzte. Er hatte gesagt, dass sie diejenige war, die Aikos Wünschen entsprach und Ehre brachte während er nichts hatte, worauf er zurückgreifen konnte und es war eben jener Augenblick gewesen, in welchem sie sich furchtbar allein gelassen fühlte, dass sie beinahe all jene Gestalten vergessen hatte, die sie hier umgaben und die ihre Augen auf sie gerichtet hatten. Augen von Menschen, die längst nicht mehr am Leben waren und Opfer all dessen waren, was einst hier vorgegangen war.
"Es tut mir leid, Hisoka", erhob sie schließlich leise die Stimme und senkte den Kopf, schlug die Augenlider nieder. Sie hatte ihm zuvor immer gesagt, seine Orientierungslosigkeit sei eine Strafe der Götter dafür, dass er seine Gaben vernachlässigt und verleugnet hatte und dass er nur um Verzeihung beten müsse, um wieder ein Ziel zu erhalten. Aber sie hatte niemals voraussehen können dass es so enden würde. Nun zu spüren, wie ihr Zwillingsbruder, der zweite Teil ihrer Seele, ihr selbst entrissen wurde, nahm ihr selbst die Luft zum Atmen. "Es tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe und für dich eine Enttäuschung war ... Ich wünschte, ich hätte dich besser stützen können und dir mehr Grund gegeben, in mir einen Halt zu sehen", beendete sie ihre Worte noch und trat dann schließlich an ihrem Bruder vorüber, hin zu der Tür, deren Zauber sie mit einer einzigen Geste für einen kurzen Moment aufhob, um hindurch zu schlüpfen.