Gästezimmer des Zwergenpalastes

"Du bist nicht hier um zu fragen, wie es Elarinya geht", erwiderte Nyarálin schlicht und deutete Mhink mit einem knappen Nicken an den Raum endgültig zu betreten. Sie hatte erwartet, dass er sie besser kannte - dass er genau wusste, dass sie seine Fassade durchschauen würde, doch scheinbar schien sie sich diesbezüglich getäuscht zu haben.
Wortlos wandte sie sich um und durchmaß den Raum langsam, sich auf einen der weichen Stühle neben dem Bettchen sinken lassend, in dem Elarinya mit einer kleinen Figur spielte, die ein Zwerg dem Elfenkind geschenkt hatte.
"Warum bist du also hier?"

Ich...
Mhink glaubte nicht wirklich daran, dass Nya ihn nicht durchschaute, doch er hoffte es - wider besseren wissens.
Ich wollte fragen wann wir denn wieder aufbrechen, nach Hause! erklärte er und zog eine Katzenschnute

"Mhink", begann sie, nur aus dem Grund noch leise sprechend, weil sie ihre Tochter nicht zum weinen bringen wollte, in dem ihre Stimme harscher und lauter wurde, wenngleich sie auch nicht minder Lust dazu hatte den Werkater zu packen und zu schütteln.
Glaubte er denn wirklich, dass sie so naiv war und auf seine lahmen Worte hereinfallen würde? Trotz allem unterdrückten Zorn schaffte sie es ein schmallippiges Lächeln zu zeigen und Haltung zu bewahren.
"Es wird dauern bis wir aufbrechen", entschied sie sich seiner Frage dann doch zu antworten.

Gut... meinte Mhink, nickte und wandte sich langsam um.
Was bei allen Göttern tat er denn da? Am liebsten hätte er ob seiner Taten selbst ein Fellknäuel ausgewürgt.
Langsam trippelte er zu Tür.
Ich hab dich lieb, ja? er tat noch einen Schritt

-Ich hab dich lieb?- Was sollte das denn? Wieso... aber konnte doch auch nicht.
Mhink hätte am liebsten laut aufgeschrien

"Verlässt du dieses Zimmer ohne deine eigentliche Nachricht hier zu lassen wird Ellesméra die längste Zeit deine Heimat gewesen sein, Mhink", setzte Nyarálin ihm nach einer kurzen Sekunde hinterher, in der sie verwirrt geblinzelt hatte.
"Versuche nicht mich zu Narren zu halten", folgte es noch, doch die Elfe machte sich nicht die Mühe sich zu erheben um dem Werkater nachzugehen, der sich so überaus peinlich versuchte aus der Szene zu ziehen. Sie hatte ihm verziehen, dass er einmal geschwiegen hatte und damit Schuld auf sich geladen hatte - die Schuld dafür, dass viele ihrer Freunde und aller Völker gefallen waren, doch ein zweites Mal würde sie ihm diese Gunst nicht erweisen.

Glaubst du das ich jetzt gerne leichtfertig dein Leben zerstöre? fauchte Mhink als er sich umwandte.
Glaubst du, es macht mir nun Spaß dir den Frieden den du verdienst zu rauben? er kam näher.
Denkst du ich WILL erneut deine Familie auf eine zerreißprobe um Leben und Tod stellen?
Er schüttelte den Kopf.
Du bist mir wichtig, so unheimlich wichtig, dass die Wahrheit wie alles verzehrende Flammen in meinem Herzen sind! er stupste Nyaralin an.
Ich will dir nur nicht erneut wehtun Elatariel!

Also hatte sie doch Recht mit ihrer Vermutung gehabt, dass hinter seinem Besuch mehr als eine einfache Frage oder bloßer Anstand gesteckt hatte. Resigniert ließ sie die Spannung in ihrem Körper fallen und sank gegen die Rückenlehne während sich auf ihrem Gesicht die Erschöpfung der letzten Tage und der Schlacht abzeichnete.
War es denn zuviel verlangt, wenn man sich wünschte, ein ganz normales Leben zu führen und in Sicherheit zu sein? War das etwa verwerflich? War es denn nach all den Schlachten nicht endlich gut mit den tristen Tagen?
"Was ist es, Mhink?", fragte sie ohne eine Antwort auf all seine Fragen zu geben. "Was hast du gesehen?"

Dunkle Wolken ziehen von Westen herauf, ein Gewitter braut sich über DrasLeona zusamen...
Ich habe tote Menschen gesehen, Feuer und Schreie... und... ihn.. er schauderte und sein Fell stellte sich auf.
Er war dunkler als die Präsenz im Verlies der Seelen!
Seine Augen ohne lebendigen Glanz - die Antithese allen Lebens sprach aus ihnen!"

Jedes seiner Worte schlug in ihren Geist als wäre es ein scharfes Schwert, das nur darauf abgezielt war sie zu verletzen. Schon wieder ... ein neues Dunkel, das diese Welt bedrohte. Sie hatte einen Moment lang schreien und weinen mögen, ob der Ungerechtigkeit des Schicksals, das ihr nicht wenigstens eine Zeit lang Ruhe vor der Bosheit dieser Welt gönnte, doch ihre Lippen blieben versiegelt, ihre Mimik starr als hätte Mhink soeben nur über das Wetter außerhalb dieser Hallen gesprochen.
Dann jedoch begann die Unterlippe der Elfe zu zittern, die wohl einzige Geste, an der man festmachen konnte, dass sie überhaupt wahr genommen hatte, welche Bedeutung seinen Worten gefolgt war.
"Nein", äußerte sie harsch und schüttelte verzweifelt den Kopf, nicht begreifen wollend, dass er sie unabsichtlich erneut in eine Schlacht schickte, die Opfern fordern würde.
"Nein, Mhink. Das ist die Schlacht der Nachkommenden, nicht mehr die unsere. Wir haben getan, was wir konnten aber unsere Zeit - die Zeit der Elfen - neigt sich dem Ende zu. Wir sind geschwächt worden durch den Kampf gegen die Urgal ..."

Wir werden also den Schutz um DuWeldenvarden verstärken! stimmte Mhink ihr zu, nickte.
Der Baum der sich biegt überlebt den Sturm, damit kann ich leben!

Nyarálin seufzte leise, dachte noch einmal über ihre Worte nach und war sich nicht sicher, ob ihre Entscheidung die Richtige gewesen war. Konnte sie wirklich riskieren, dass, während ihr Volk in Sicherheit lebte, der Rest der Welt brannte?
Leises Glucksen erregte ihre Aufmerksamkeit und ließ sie den Kopf heben, den Blick zu dem Bettchen lenkend, in dem Elarinya quietschend Aufmerksamkeit verlangte und die Elfe gab ihrer Tochter die nur zu gerne. Lächelnd stand sie auf und hob das Elfenkind aus dem Bettchen. "Guten Morgen, mein Stern", verließ es leise flüsternd ihre Lippen, doch die Kleine schien genau verstanden zu haben, denn ein breites zahnloses Grinsen breitete sich auf dem feinen Kindergesicht aus bevor Elarinya nach einer langen Haarsträhne ihrer Mutter griff.
"Weißt du, Mhink", sprach Nyarálin schließlich an Mhink gewandt weiter. "Das Einzige, was ich möchte ist ein ruhiges Leben für meine Familie und für mein Volk. Eine Zeit ohne Krieg und eine Zeit, in der ich nicht darum fürchten muss etwas Schlimmes könne in jedem Moment mit meinem Kind geschehen."

Ich weiß... meinte Mhink und schüttelte den Kopf.
Ich wünsche mir auch nichts anderes als ein friedliches Leben...
Es tut mir leid, dass ständig ich der Bote absoluten Unheils bin... er seufzte.
Vielleicht sollte ich mir das Fell färben... weiss oder so...

Die Fackeln im Gästezimmer flackerten, als schwarzer Rauch durch den kleinen Spalt unter der Tür flüchtete.
Er vereinte sich, wurde größer und bildete die schattenhafte Umrisse eines Mannes welcher langsam auf Nya zuschritt.

Der Griff um ihre Tochter auf ihrem Arm verstärkte sich unmerklich bei dem Anblick des dunklen Nebels, der unter dem Türspalt empor kroch bis er die Gestalt eines Mannes bildete, der stetig näher kam. Die Elfe wich zurück, versuchte Abstand zwischen sich und den Fremden zu bringen, der alles andere als wohl gesonnen zu sein schien, doch sie stieß recht bald auf eine kalte Steinwand in ihrem Rücken, die ihr jeden weiteren Versuch, vor ihm wegzukommen, jäh zu nichte machte.
Sie sammelte den letzten Funken Mut wieder auf, der noch übrig geblieben war, zog Schutz hoch, der nur dafür da war Elarinya vor dem Fremden zu beschützen und zu verhindern, dass dem Kind etwas geschah.
"Wer seid Ihr?"

Mhink welcher versucht hatte sich dem seltsamen Nebel in den weg zu stellen wurde weg geblasen, klatschte gegen die Wand und fiel reglos zu Boden.
"Die Welt wird brennen...


Es war vorbei, die Fackeln leuchteten wieder normal, diekälte und der Rauch waren verschwunden nichts deutete mehr auf den Besuch des seltsamen Nebels hin, nichts außer... Mhink

Eilenden Schrittes war Lyonel durch Orthiad geeilt. Er hatte Zwerge gefragt, wo denn die elfischen Gäste zu finden wären – und neben neugierigen Blicken für sich und seine Hand auch gute Auskünste erhalten, besonders nachdem er die Metallkonstruktion etwas verdeckt hatte.
Doch all die Entschlossenheit und das Aufgebrachte war einem ruhigen, vorsichtigen Respekt gewichen, mit dem er zaghaft und leise an die Tür des Gästezimmers klopfte.
Nichts wäre peinlicher als gerade eine Szene in Zweisamkeit zu stören oder geschätzte Freunde aus dem Schlaf zu wecken.

Überrascht runzelte die Elfe die Stirn als sie das leise Klopfen an der Tür vernahm und wandte ihren Blick kurz zu Mhink hinüber. Seit dem Besuch des fremden Mannes, der wie ein Schatten aufgetaucht und wieder verschwunden war, waren einige Stunden vergangen - Stunden, in denen sie darüber nachgedacht hatte, welche Bedeutung sein Besuch haben konnte, doch schlussendlich hatte sie es für unwichtig empfunden. Zumindest für den Moment.
"Herein", erhob sie nach einem Moment die Stimme, blickte an sich hinab und richtete die Kleider noch einmal. Wer immer es war - sie wollte ihm nicht wie eine zerrupfte Vogelscheuche gegenübertreten.

Als Lyonel die glockenhelle Stimme der Elfe vernahm, lächelte er. Vielleicht war die Welt doch nicht so verloren, wie es zwischenzeitlich für ihn ausgesehen hatte. Wahrscheinlich war er im Wahn gewesen, als ihm die Welt vorkam, als läge dunkelste Nacht über ihr.
Gute, verlässliche Freundschaften waren doch immer ein Leuchtfeuer – egal wie dunkel die Nacht sein mochte.
„Astra Esterní ono thelduin“, intonierte er die ersten Worte der rituellen Begrüßungsformel der Elfen, nachdem er die Tür sacht geöffnet hatte.

Mhink, welcher sich von dem Besuch des fremdartigen Wesens nur langsam erholte lag auf dem Bett, die grünen Katzenaugen sorgsam auf Lyonel gerichtet.
Er gähnte und leckte sich über die Nase, er beschloss in Lyonels Augen ein einfacher Kater zu sein - vorerst.

Weiter im Schatten des Raumes, nur von einer kleinen Kerzen erhellt, erkannte man die Gestalt eines zweiten, elfischen Gastes.
Farodin saß im hinteren Teil des Raumes und hielt seine Tochter schützend in seine Arme, nachdem diese friedlich eingeschlafen war.
Mit wachsamen Blick musterte er den Fremden, sobald dieser dieser den Raum betreten hatte. Zwar erwiderte Farodin den Gruß nicht,
da er befürchtete, seine Tochter am Ende damit zu wecken und legte daher nur vorsichtig zwei seiner Finger an seine Lippen und nickte Lyonel freundlich zu.

"Mor´ranr lífa unin Hjarta onr", antwortete sie, verbarg die Verwirrung, die sich in ihr auftat aufgrund Lyonels Erscheinen und legte stattdessen nur zwei Finger an die Lippen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Heerführer der Menschen ebenfalls nach Orthíad gekommen war.
Um ihm auf die menschliche Art Respekt zu zollen erhob sie sich von ihrem Platz und machte ein paar Schritte auf ihn zu, den Kopf ein Stück neigend während sich auf ihre Züge ein feines Lächeln bahnte. Es war gut ihn am Leben und wohlauf zu sehen - ein kleines Licht der Hoffnung an dem so tristen, wolkenverhangenen Himmel.

"Un du Evarínya ono varda.", vollendete Lyonel den Gruß ebenfalls in gedämpfter Stimme, sobald er der Situation gewahr wurde. Hoffentlich hatte er das kleine Kind nicht geweckt, welches dort so friedlich im Schoß des Elfen schlief. Ein wenig Ruhe in einer verbrannten Welt...
Vielleicht sah er die ganze welt auch einfach nur ein wenig zu pessimistisch. Es gab viel Hoffnung und die Zukunft lag dort wie ein neuer Tag. Eigentlich wäre jetzt der passende Zeitpunkt für etwas Optimismus.
"Entschuldigt die Störung, aber ich wollte eigentlich nur mit Euch...", begann er das vorzutragen, was er eigentlich hatte sagen wollen, als ihm auffiel...
"Moment..."
Er legte die Stirn in Falten und sah noch einmal zu Farodin und dem Kindchen.
War das...?
Das konnte doch eigentlich nicht... oder?
"Ist das ...", im ersten Moment fehlten im die Worte vor Ungläubigkeit. Das wäre das letzte, womit er gerechnet hatte. Von Nyaralins Schwangerschaft hatte er schließlich nur wenig mitbekommen, es war der Elfe gut gelungen diese zu verbergen.
"... Euer Kind?"

Mhink unterdrückte ein katzenhaftes Grinsen.
Er strich sich über die Ohren und sein Blick huschte zwischen Nyaralin, Farodin und Lyonel hin und her.
Er streckte sich und als einige kleine Gelenke knackten kniff er die Augen zusamen.
Ouch

"... reden?", vollendete Nyarálin seine Worte fragend bevor sie mit einem schmalen Lächeln seiner Frage zustimmte und den Blick zu Farodin und ihrer Tochter zurücklenkte. Es war ein kurzer Augenblick des Glücks, den sie hier genießen konnten, gemeinsam mit den Wesen, die ihr am Herzen lagen und die ein Stück ihrer eigenen Hoffnung in sich trugen.
"Ihr Name ist Elarinya", stellte sie Farodins und ihre Tochter dem Heerführer vor, fast belustigt von seiner Reaktion und der Verwirrung, die in seinem Gesicht nur allzu deutlich sichtbar war.

Auch auf die feinen Züge des Elfen legte sich ein Anzeichen eines kleinen Lächelns, das im Schein der Kerze rasch warmherziger wurde. Seine grünen Augen blitzten kurz auf, belustigt über das Verhalten des Menschen. Dann huschte sein Blick zu Nyarálin hinüber, die er mit einem ganz bestimmten Blick bedachte, auf jene Art, die nur sie allein zu deuten verstand. Lächelnd sah er schließlich wieder zu seiner schlafenden Tochter hinab und strich dieser behutsam mit seinen Fingerkuppen nur über die Stirn. Elarinya. Ein Stern der Hoffnung für sie, den sie um alles auf der Welt behüteten.
Für sie lohnte es sich schließlich die Zukunft nach besten Kräften und bestem Gewissen zu gestalten...