~Gästezimmer~

Letzten Endes hatte der Fürst Hemiónes Vorschlag zugestimmt und Celvin sollte sie in ihr Zimmer geleiten, während ihre Magier in der Kaserne und Aléia in einem kleineren Gästezimmer unterkamen. Aléia hatte Hemióne die Erlaubnis gegeben sich in der Stadt umzusehen. Vermutlich suchte sie gerade ein Gasthaus um ein paar besondere Menschen kennen zu lernen. Soweit Hemióne wusste, wurde Narde auch recht gerne von Elfen auf Reisen angesteuert. Womöglich traf Aléia in einem Gasthaus einen angehörigen ihres Volkes.
Unterdessen gingen Hemióne und Celvin durch einen der Korridore des Schlosses. Die Fürstin hatte bisher noch kein Wort gesagt, nur um Celvin schmoren zu lassen. Er sollte sich sorgen und Gedanken darüber machen was sie wollte, bis er halb verrückt wurde... womöglich funktionierte es nicht, aber Hemióne verlor auch nichts wenn sie wartete. Am besten wäre es, wenn sie Celvin dazu bringen könnte in der Alten Sprache zu schwören, niemandem etwas von ihrem eigentlichen Plan zu erzählen. Doch da hin zu kommen, könnte zum Problem werden. "Was sagst du dazu wie die Verhandlung verlief?", fragte Hemióne dann plötzlich mit ihrer honigsüßen Stimme und ihre blauen Augen sahen ihm warm in die grünen Augen.

Celvín hatte sich schon gefragt, warum sie wollte, dass er sie zu ihrem Zimmer begleiten sollte, dann aber kein Wort sagte. Nun, selbst für meinen Vater war sie... nun ja... kurz, antwortete er wahrheitsgemäß. Das er sich über die niedrigen Forderungen seines Vaters sehr wunderte und glaubte, dass mehr dahinter steckt, ließ er lieber aus. Vielleicht würde sie ihn ausfragen, ob er mehr wüsste, oder ob er ahnen könnte was, aber da war er total ratlos. Aber gut, fügte er hinzu. Er war noch etwas verunsichert, was das Verhalten seines Vaters ausgelöst hatte. Und zu seinem Pech war er ein offenes Buch, besonders für eine Elfe, doch dagegen konnte er nichts machen. Der Halbelf wartete einfach auf ihre Reaktion.

Er war offensichtlich überrascht über das Verhalten seines Vater, dass konnte Hemióne aus seinem Gesicht lesen. Aus dem was er sagte schloss sie das Celvin der Meinung war, er hätte mehr verlangen können und sollen. Womöglich hielt er sich glatt für einen besseren Fürsten, doch das war schon sehr weit her geholt. Hemióne konnte den Weg ungefähr abschätzen. Einer ihrer Agenten hatte einst einen Plan des Schlosses gezeichnet, doch sie konnte sich nicht mehr an alles erinnern. Doch all zu weit konnte es bis zu ihrem Zimmer nicht mehr sein. "Du hättest mehr verlangt, habe ich recht?", fragte sie mit einem freundlichen Lächeln. "Dein Vater hat sich günstig verkauft muss ich sagen. Doch es soll ja auch ehrenhafte Männer unter den Menschen geben, Männer die tyrannische Herren wie die Velaryons beseitigen wollen, für ihr Volk und nicht für ihren Vorteil.", sagte Hemióne, obwohl sie beide es besser wussten. Stephan hatte nicht richtig darüber nachgedacht.
Unwillkürlich musste sie sich fragen, wie die Verhandlungen in Gil`ead verliefen, ob Anna womöglich einlenkte oder sich verhielt wie Hemióne von vorn herein angenommen hatte. Sie hatte in den letzten Jahren versucht so wenig Risiken wie möglich ein zu gehen und so barg auch dieses unterfangen keine Gefahr für ihren Plan. Der Kontakt mit Kisara war da schon gefährlicher. Entelda hatte den Befehl gehabt, den Drachen auf ihre Seite zu bringen oder... vom Spielbrett zu nehmen. Ein Drache in feindes Hand wäre eine zu mächtige Waffe gewesen, auf ihrer Seite konnte er der Schlüssel zum Sieg sein! Sie schüttelte das goldene Haar, strich ihre schwarze Kleidung zurecht und ihre Hand glitt unwillkürlich über das Rapier an ihrer Seite. Sie war wieder neben Celvin und wirdmete ihre Aufmerksamkeit dem Gespräch.

"Ich weiß nicht, was ich getan hätte. Vielleicht hätte ich das gleiche getan, vielleicht auch nicht. Ich wäre mit der Situation wohl überfordert gewesen", gestand Celvín. Er war noch nie sehr diplomatisch oder redegewandt gewesen, sodass er andere hätte auf irgendeine Art manipulieren. Ihm selbst wurde schon mehrmals gesagt, er wäre zu naiv. Der Halbelf dachte keineswegs, dass sein Vater falsch gehandelt hatte, aber... es erschien ihm zu einfach, selbst für seinen Vater, der nie lange um den heißen Brei herumredete. Ehrenhafte Männer und Frauen gibt es viele unter den Menschen, doch kaum welche beziehen hohe Stellungen in unserer primitiven Hierarchie. Diese Menschen werden ganz einfach unterdrückt und wenn sie sich aufstellen, werden sie beseitigt von jenen Tyrannen. Ich frage mich, ob es je einen Herrscher unter den Menschen gab, der nicht mit Einschüchterung regierte. Seine Wortwahl hätte er wahrscheinlich etwas besser treffen können, besonders an diesem Ort, da sie, wenn es die falschen Ohren hörten, schon als Verrat gedeutet werden können, aber das war ihm im Moment gleich. Er selbst wusste, dass auch sein Vater aufständige Menschen unterdrückte. Er fand solch Verhalten wirklich primitiv. Das Volk sollte seinen König bestimmen, nicht die Blutlinie, dachte er sich, doch das würde wohl niemals geschehen.

Unwillkürlich blieb Hemióne bei den letzten Worten des Halbelfen stehen, der erst nach etwas fünf Schritte bemerkte dass sie zurück gefallen war. Sie musste tief durchatmen um nicht wieder den Faden zu verlieren und mit ihren Gedanken in die Ferne zu schweifen. Sie warf einen kurzen Blick aus dem Fenster zu ihrer linken. "So einen König hatten die Menschen Mal. Ein Mal in den letzten hundert Jahren.", sagte Hemióne ruhig und blickte wieder zu Celvin. Sie setzte wieder einen Fuß vor den anderen und holte zu ihm auf. "König Alvias Xeldaric. Ich hatte schon von ihm erzählt. Das Volk liebte ihn und er tat alles um sich ihre Liebe zu verdienen... Er war ein wahrer König.", erklärte Hemióne und verfiel in Schweigen. Ihr Kopf war für einige Momente leer. In dem Versuch nicht erneut an Alvias und Coreen zu denken fegte sie einfach jeden Gedanken beiseite.
Dann begann ihr Kopf langsam wider zu arbeiten. Sie wiederholte noch einmal alles was sie am Tag erledigt hatte und ihre Gedanken fanden ihren Weg wieder zu ihrem jetztigen Ziel: Celvin zu einem Schwur bewegen. Sie lächelte wieder und ihr Blick war klar als sie vor ihrem Zimmer an kamen. "Komm doch mit rein.", schlug sie vor, nahm ihn beim Handgelenk und führte ihn durch die Tür. Hinter ihnen schloss sie sie wieder und schnell sprach sie eine Formel, um den Raum vor Lauschern zu schützen. Dann sah sie sich um. Das Zimmer war geräumig, hatte ein großes Bett, eine schöne Truhe für Kleidung, eine Chaiselongue und auf dem Boden lag ein Teppich. Durch die Fenster schien goldenes Licht und verbreitete eine warme Atmosphäre. Hemióne warf ihren Umhang auf das Bett und bugsierte Celvin mit einem warmen Lächeln auf die Chaiselongue. Sie selbst setzte sich neben ihn und nahm ihren Schwertgurt ab. Natürlich ließ sie ihn in Griff nähe.
"Hast du eigentlich schon ein Mal von König Alvias gehört?", fragte sie unwillkürlich.

Hemióne schien auf einmal wie in Gedanken verloren. Es war sicherlich nicht ihr Plan gewesen, darüber mit ihm zu reden. Hatte er sie durchs Konzept gebracht? Nein, leider nicht, sonst hätte ich wahrscheinlich nicht diese indirekte Frage gestellt. Aber Ihr scheint ihn gekannt zu haben, antwortete er ihr. Tatsächlich hatte er in all seinen Stunden zwischen Bücherregalen nie etwas von König Alvias gelesen, oder hatte es einfach vergessen, was er eigentlich nicht glaubte. Immer noch fragte er sich, was Hemióne vor hatte. Ihr traute er alles zu und vor allem vertraute er ihr nicht. Er war zwar sehr naiv, so hieß es auf jeden Fall, aber so gutgläubig war er dann doch nicht. Sie hatten sich aber auch nicht unter freundlichsten Bedingungen getroffen. Was sie wohl mit mit zu bereden hat? Sie hat schon das Gespräch mit meinem Vater angesprochen, vielleicht will sie darüber mit mir reden, theoretisierte Celvín vor sich hin während er darauf wartete, dass sie wieder sprach. Wer wohl noch alles ihren Plan unterstützt? Plötzlich schlug seine Stimmung um. Hatte sie die elfischen Drachenreiter auf ihrer Seite? Wenn ja, wäre der Sieger dieses hoffentlich Kurzkriegs klar und es könnten gewaltige Schäden angerichtet werden. Nervös kratzte er sich hinterm Ohr. Diese mögliche Tatsache beunruhigte ihn zu tiefst. Aber nun konnte er keinen Rückzieher mehr machen, geschweige denn irgendetwas an ihrem Plan ändern. Sein Problem war, dass er sich zu viele Gedanken machte. Besser wäre es, wenn er im hier und jetzt aufmerksamer wäre. Ich bin hoffnungslos verloren, dachte er sich.

Es war nicht verwunderlich, dass Celvin nichts von Alvias gehört hatte. Die wenigsten sprachen über ihn. Die Fürsten schähmten sich ihn nicht beschützt haben zu können und das Volk hatte ihn geliebt aber nicht viel von ihm bekommen. Er hatte zu kurz gelebt um all seine großen Visionen zu verwirklichen, die ihn in die Köpfe der Menschen eingebrannt hätten. Doch unter den Elfen gab es noch immer einige die davon ausgingen, dass man mit ihm hätte reden und verhandeln können. Er wäre womöglich die Brücke zwischen ihren Reichen geworden. Aber sie wollte ihn nicht wieder mit Erzählungen über vergangene Tage langweilen. Vielleicht würde sie das bald in einem Buch nieder schreiben. Dann könnte man über Alvias lesen.
Sie schenkte Celvin ein warmes Lächeln. "Vielleicht kann ich dir eines Tages von ihm erzählen.", sagte sie ihm und atmete einmal tief durch. Er musste sich auch darüber wundern, warum sie ihn allein sprechen wollte und dann in Gedanken über einen toten König versinkt. Sie machte vermutlich keinen ganz klaren Eindruck. Sie löste das blaue Seidenband, das ihre Haare locker zusammen gehalten hatte, und verteilte ihre goldene Haarpracht über ihren Schultern. Dann legte sie ihre elegante Hand auf Celvins Bein und sagte: "Du weisst dass ich deinem Vater nicht alles erzählt habe... warum hast du nichts gesagt? Ich hätte erwartet du würdest nicht wollen, dass dein Vater etwas unterstützt das ihm nicht gefällt.". Hemióne sprach mit sanfter und gedämpfter Stimme zu Celvin und sah ihm tief in die Augen.

Celvín sah kurz zu Boden. Dieses Thema hatte er erwartet. "Das will ich auch nicht, aber... die Chancen, dass er eurem wahren Plan zustimmt, sind sehr... gering. Ich weiß nicht wie mein Vater sich in dieser Situation verhalten würde, doch es wäre nicht ausgeschlossen, dass er eure Pläne vereiteln wollte. In letzter Zeit verhält er sich so anders... Ich will nicht, dass eure Pläne scheitern. Die Elfen haben Gerechtigkeit verdient. Und es soll nicht meine Schuld sein, dass sie diese nicht bekommen" antwortete er. So oder so dieser krieg würde seine Familie zerstören. Wenn mein Vater herausfindet, dass ich ihn hintergangen habe, wird er nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Ich befürchte sogar, es wird noch schlimmer werden als das. Wie konnte er nur seinen Vater hintergehen? Er hätte niemals gedacht, dass er zu einer Intrige fähig wäre. Wenn er seinen Vater nicht mehr hatte, wen hätte er dann noch? Seine Freunde hätten auch nicht mehr viel für ihn übrig. Er wäre alleine. Gezwungen seine Heimat zu verlassen. Dieser Krieg würde große persönliche Opfer mit sich bringen, aber nun konnte Celvín nichts mehr daran ändern. Er steckte schon zu tief drinnen. Es würde so geschehen.

Ich habe ihn am Haken, ihn einfach um den Finger gewickelt, dachte Hemióne und war sich dabei nicht sicher ob sie sich freuen oder schuldig fühlen sollte. Er hatte sich scheinbar der Sache der Elfen verschrieben, ohne dass sie ihn tatsächlich darum gebeten hatte. Zu beginn wollte er ja lediglich seinen Vater überzeugen, doch nun schien er auch selbst dafür einstehen zu wollen. Hemióne musste ihm in jedem Fall etwas dafür zurück geben. Sie sah ihn eigentlich auch mehr als Elf denn als Mensch, auch wenn sie es nicht zeigte. Verbündete sollte man aktzeptieren, egal in wem man einen findet.
Ohne es wirklich zu wollen, hörte sie Bruchstücke von Celvins Gedanken. Er musste sehr grübeln, denn für gewöhnlich geschah Hemióne soetwas nicht. Aus Höflichkeit und Respekt verschloss sie ihren Geist vollends, um nicht mehr von seinen ganz eigenen Gedanken zu hören. "Nun...", setzte Hemióne an. "Für deine Hilfe wede ich mich erkentlich zeigen und ich, wie wohl das ganze Elfen Volk, wird dich dafür schätzen und respektieren.", sagte Hemióne. Sie ging davon aus, dass es ihm gefallen würde, dem nach zu urteilen worüber er nachdachte. Sie legte eine Hand auf seinen Schenkel und sah ihm aufmunternd in die Augen. "Es gibt viel was ich dir geben könnte. Ein Anwesen in Ilirea oder Ellesméra, oder einer anderen Stadt der Elfen. Auch Titel und Positionen, Geld... oder etwas anderes dass du dir wüschst...". Sie zählte die einzelnen Möglichkeiten auf und strich sanft über seinen Schenkel. Er hatte zwar ein Auge auf Aléia geworfen, das war jedem aufgefallen der Augen im Kopf hatte, doch die konnte sie ihm schlecht versprechen.

Wie bitte? Hatte sie überhaupt nicht verstanden worum es ihm ihm ging? "So verlockend das Angebot auch klingt, ich unterstütze euch nicht, weil ich eine entsprechende Gegenleistung erwarte, sondern weil ich will, dass euer Plan gelingt und ich etwas dazu beitragen will, obwohl ich nicht weiß, was meine Hilfe allein ausrichten könnte. Ich erwarte nichts für meine Hilfe", erwiderte Celvín. Tatsächlich war der Gedanke an ein Anwesen, irgendwo in Du Weldenvarden für ihn sehr verlockend. Es wäre etwas neues, weit weg von dem, was er kannte und er träumte schon als Kind davon dort hinzukommen bzw. seit er es verlassen hatte wieder zurückzukehren. Kaum etwas war in seinem Gedächtnis geblieben, was er zutiefst bedauerte. Werde ich wohl in Zukunft je die Wunder dieses Waldes erblicken? Wer weiß was dieser Krieg noch anrichten wird. Kurz sah er traurig zu Boden, er wusste bereits, das dieser Krieg sein Leben zerstören würde. Niemand würde es hier verstehen, warum er es ihnen half.

ot: Seit wann sollen denn die Menschen an die Macht!?

Hemióne sprang auf und warf dabei ihr Rapier um, das klirrend zu Boden fiel. "Meinst du tatsächlich, ich würde dich kaufen wollen!? Wozu würde mir das jetzt noch etwas nützen?", fragte Hemióne empört. Er hatte seine loyalität bereits versprochen und unter Beweis gestellt. Sie wollte ihn dafür nicht bezahlen! Er war kein Söldner, dafür war er vermutlich auch als Kämpfer nicht gut genug. Sie hatte ihm lediglich helfen... eine Zukunft in die Hände geben wollen. "Ich habe nicht erwartet, dass du nur auf eine Gegenleistung aus bist! Wärst du bei den Menschen geblieben und deinem Vater vollkommen loyal zur Seite gestanden, hättest du mehr als ein Anwesen bekommen! Glaube also nicht ich meinte du wärst nur auf Profit aus. Ich wollte nur-", Hemióne wurde unwirsch unterbrochen, als die Tür geöffnet wurde.
Sie sah sich um und erst jetzt fiel ihr auf, dass es bereits Abend war. Wo ist Aléia?, schoss es ihr unwillkürlich durch den Kopf. Sie war ihr Schützling, sie zu verlieren könnte ihren tot bedeuten, den Untergang von allem was sie erreicht hatte. In der Tür stand einer ihrer Magier. Sie bedeutete ihm näher zu kommen. Er beugte sich dicht an ihr Ohr und flüsterte etwas in der Alten Sprache. Hemiónes Augen weiteten sich und ihre Miene zeigte Schrecken. "Was ist passiert!?"

tbc: Thronsaal

Umaroth war es gewesen, welcher Vrael vom Boden aufgelesen hatte, nachdem er von dem Blitz getroffen worden war - ein Schmerz der dem Drachen selbst so sehr getroffen hatte, dass er beinahe aus der Luft gestürzt war. Und nachdem sich Umaroth wieder gefangen hatte konnte er Vrael schließlich auch nach Narda bringen. Zwar hätte er in Ilirea jemanden benachrichtigen können, allerdings hielt er es für wenig zielführend und eher ungeeignet, wenn man bedachte wer noch da war.
Langsam nur erwachte Vrael und blinzelte, brauchte einen kurzen Moment um zu erkennen wo er war. Sein Körper schmerzte noch immer als hätte er die ganze Nacht gekrampft. Als er den Kopf hob spürte er wie ein stechender Schmerz durch seinen Körper fuhr. Seine Brust war mit feinen Malen versehen, welche sich wie Blätter und Blumen über seinen gesamten Körper ausbreiteten und an einigen Stellen eine blaue Farbe angenommen hatten. Du hast Caladhiel bescheid gegeben, nicht wahr? fragte er leise und Umaroths schweigen war Antwort genug.

Visenya schritt die Treppe zum Gästezimmer hinauf. Das blonde Haar fiel in kleinen Locken über ihre Schultern, ihr Gesicht war eine steinerne Maske, an ihrer Hüfte hingen ihre beiden Schwerter und ihre schwarzen Stiefel kamen beinahe lautlos auf dem Boden auf. Caladhiel hatte sie gebeten sich um Vraels neuste Verfehlung zu kümmern, so dass sie nun endlich einmal wieder etwas Zeit mit ihrem eigenen Schüler verbringen konnte. Caladhiel hatte es verdient auch hin und wieder zu etwas Ruhe zu kommen und sei es nur um mit ihrem Schüler zu reden. Sie war die Hochmeisterin und machte ihre Arbeit gut, doch bei Reitern wie Arva und Vrael, konnte sie kaum Arbeit deligieren und musste so das meiste selbst machen. Sie tat ihr leid und sie bewunderte sie, denn Visenya bezweifelte dass sie selbst all das beweltigen könnte, ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden, nachdem jemand das dritte Mal den selbsen Fehler begannen hatten.
Visenyas schlanke Finger öffneten die Tür und sie schloss sie wieder hinter sich. Vrael lag relativ lediert in seinem Bett und wirkte niedergeschlagen. Sie sagte kein Wort, schritt nur zur anderen Seite des Zimmers und schenkte sich einen Becher mit klarem Wasser ein. Dann trat sie an Vraels Bett heran, als würde sie ihm den Becher geben wollen, um seiner trockenen Kehle Linderung zu verschaffen... und trank das Wasser selbst. Sie atmete einmal tief durch, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und blickte Vrael von oben herab an. "Vrael, Caladhiel hat mich geschickt. Ich soll mich um die Angelegenheit kümmern.", erklärte die ältere ihm und verschränkte die Arme. "Also: Was ist in Ilirea passiert?"

Vrael zeigte ein trauriges Lächeln, ließ sich in sein Bett zurück sinken und schloss für einen kurzen Moment die Augen während er sich die Geschehnisse noch einmal vor Augen führte und sich die beißende Frage in seinen Geist fraß, ob es das denn Wert gewesen war.
"Kaum das ich zurück in Ilirea war habe ich die neue Hofmagierin getroffen" erklärte er leise und widerspenstig. Wieso war Caladhiel nicht selbst gekommen? Bisher hatte sie es sich noch nie nehmen lassen ihn zurecht zu weisen. Und nun wo er hier verletzt lag schockierte es ihn doch mehr als er zugeben wollte, dass nun Visenya und nicht Caladhiel vor ihm stand. Wenn Umaroth ihr bereits alles erzählt hatte. War sie dermaßen enttäuscht von ihm? Wollte Sie ihn nicht mehr sehen?
"Sie beleidigte Coreen und Alvias und warf mir vor, dass ich nicht wüsste was ich eigentlich tue und keine Vorstellung von dem Bösen hätte was uns erwartet- Ich musste... nein. Ich dachte ich müsste ihr beweisen, dass das Gegenteil der Fall ist. Damit ich jemals wieder einen Fuß in die Tür bekomme nachdem Sie bisher jedesmal verhinderte, dass mein Rat und die Meinung der Reiter die Königin erreicht. Ich habe mit Hilfe von Umaroth ihre geistigen Barrieren gebrochen und ihr gezeigt welche Gefahren ich bereits überstanden habe. Ich glaube das war zu viel für sie und eine plötzliche Entladung von Magie hat mich getroffen. Danach weiß ich nichts mehr"

In Visenyas Augen war der Schock ob seiner Erklärung zu sehen. In ihren Augen war Vrael noch viel zu sehr ein Kind und vermutlich auch vor seiner Zeit aus dem Stand des Novizen in den eines Reiters erhoben worden. Doch das schlug dem Fass nun endgültig den Boden aus. Auch wenn Visenya es niemals laut aussprechen würde, so war das Vertrauen das die Hochmeisterin viel zu oft in ihn gesetzt hatte, wohl die einizge Entscheidung die sie anzweifelte. Vrael hatte immer wieder unter beweis gestellt, dass er dieses Vertrauen nicht verdiente, dass er zu viele große Fehler beging, die von einem ausgebildeten Reiter nicht aktzeptiert werden konnten. Sie war perplex und wusste nicht was sie dazu sagen sollte. Darum wandte sie sich zunächst nur um, füllte den Becher erneut und stellte neben Vraels Bett.
Ihre Miene wurde wieder zur steineren Maske, ehe sie die Stimme erhob. "Sie scheint recht gehabt zu haben: Du weißt nicht was du tust! Und du musstest es ihr natürlich auch beweisen, indem du ihren Geist über den Haufen rennst. Du weißt, dass es pures Glück ist, wenn sie, den Umständen entsprechend, unversehrt aus der Sache heraus kommt. Ein normaler Menschen wäre vermutlich schlicht wahnsinnig geworden, im schlimmsten Fall vielleicht gestorben.", erklärte Visenya mit schneidender Stimme und machte einige Schritte im Zimmer auf und ab. Sie musste versuchen ihn endlich zur Vernunft zu bringen, doch er war wirklich ein Sonderfall. Niemand konnte so resitent gegen immer wiederkehrende Lektionen und Standpauken sein. Sie freute sich in diesem Moment darüber, dass Dovydas eigentlich keinen Unsinn machte. "Ileana wird davon erfahren. Die Magierin wird es ihr wohl schon berichtet haben. Bedenkt man die Beziehung zwischen den beiden, wird sie dich wohl kaum noch sehen wolllen.", erklärte Visenya. "Ich bezweifle das du im Kronrat bleiben kannst. Und nachdem schon so oft damit gedroht wurde, könnte es sein, dass du tatsächlich wieder ein Novize wirst.", erklärte Visenya und offenbarte ihm damit ihre Vermutungen. "Ich habe noch eine Frage an dich: Was hast du dir dabei gedacht?"

"Die Magierin hat weder mich noch die Reiter im allgemeinen respektiert. Sie war der Ansicht, sie allein wisse was..." er unterbrach sich als er sich selbst reden hörte und verstummte schließlich, schüttelte den Kopf. "Ich glaube ich habe mir nichts dabei gedacht" gestand er schließlich und fühlte sich mit einem Mal dümmer als jemals zuvor in seinem Leben. Immer wieder hatte man ihm eine Chance gegeben und doch... er hatte sie immer wieder verspielt. Damals bei Scorpio hatte er dem Hochmeister beinahe den Schädel eingeschlagen und war geflohen was ihn nur noch tiefer in die Arme des Bösen getrieben hatte. Bei der Schlacht um Fyham hatte er sich Caladhiels Anweisungen widersetzt und hatte sich beinahe töten lassen. Dann als er auf Ileana aufpassen sollte hatte er sie entkommen lassen. Er hatte Coreen Die Wiedergängerin in das Schloss gelassen und nun hatte er auch noch Adriana beinahe umgebracht. Es war seltsam mitzuerleben wie langsam ein eigenes Kartenhaus in sich zusammen brach. Woher war nur der Gedanke gekommen er wäre ein guter Reiter? Einer der vielversprechendsten? Irgendwo hatte sich dieser Gedanke in ihm festgesetzt doch nun wo er auf sein Leben zurück sah. Er hatte bisher nur Fehler begangen. Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube und auch Vienyas Androhung er würde ein Novize werden schien ihm nicht mehr derart in weiter Ferne. Er spürte wie ihm Tränen in die Augen schossen und wandte den Kopf ab. "Geht bitte" flüsterte er leise.