Kharas Gemächer

Ertsaunt hob Vrael die Augenbrauen, setzte sich dann jedoch wie angewiesen. Er hatte ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.
"Was ist es?" fragte er dann leise, langsam...

"Ich ...", begann sie langsam, hob beide Hände und fuhr sich durch die blonden Haare, strich diese zurück und ließ die Hände wieder zurück in den Schoß sinken. "Ich weiß nicht einmal wirklich, weshalb ich Euch das erzähle ... vielleicht, weil ich Euch vertraue. Ich ... ich bin nicht das, wofür Ihr mich haltet - ich bin nicht nur einfach die Ziehtochter des momentanen Truchsess", wisperte sie leise und ließ den Kopf sinken.
"Ich mag blind sein aber ich sehe ... Dinge, die an einem anderen Ort geschehen oder noch geschehen werden. Ich weiß, was passieren wird, bevor es geschieht, weiß wer die Wesen sind, die mir begegnen und was sie tun werden. Das ist es, was mein Vater und ich verbargen. Ich habe es bereits seit meiner Kindheit diese Visionen und sie werden stärker, je älter ich werde ..."

"Na und?" fragte Vrael ganz unvermittelt.
"Glaubt ihr, dass ihr wegen eurer Gabe etwas oder jemand anderes seid für mich?
Bin ich denn, weil ich ein Reiter bin ein anderer? - Nein.
Ihr seid wer ihr seid, unabhängig davon was ihr wisst, welche Fähigkeiten ihr habt!" erklärte Vrael und zuckte mit der Schulter.
"Ich mag euch auch Mylady..." erklärte er dann leise und lächelte schwach.
"Ich verstehe wieso ihr es verbergt, auch ich sehe die Ignoranz der Menschen um mich herum. Jeden Tag erneut.
Aber wenn ich ehrlich sein soll - für mich ändert sich nichts!"

Für einen Moment war sie vollkommen fassungslos , blinzelte und wusste nicht, was sie darauf hätte sagen sollen. Sie hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser Antwort des jungen Reiters - hatte erwartet, dass er äußern würde, dass jene Art von Geheimnis nicht bewahrt werden durfte, zum Wohle der Völker und der Bewahrung des Friedens durch die Reiter.
"Es ist ..." Sie schüttelte den Kopf und lächelte sacht bevor sie den Satz erneut begann.
"Es ist wirklich schön das zu hören und Ihr seid der Erste, der mir dies jemals sagte. Für alle anderen änderte es alles."

"Meister Oromis sagt auch immer, dass ich sehr eigensinnig sei.
Aber auf meine Frage, ob dies eine positiv oder negative Eigenschaft von mir wäre, gab er nie eine Antwort!" erklärte Vrael und lachte.

"Ihr seid nicht eigensinnig, Vrael - Ihr seid aufrichtig und seid bereit die Kosten für die Wahrheit zu bezahlen", gab sie zur Antwort und kam sich mit einem Mal furchtbar lächerlich vor überhaupt etwas davon gesagt zu haben. Änderte es denn etwas, an dem, was sie war ... Diese Frage kreiste wieder und wieder durch ihren Kopf, ließ sie darüber nachdenken, wer sie denn überhaupt war.
Durch ihre Adern floss das Blut Vladimirs, wenngleich ihre Erziehung die des Hofmagiers und der Anführerin der Arcanea war. Eine merkwürdige Mischung, wenn man bedachte, dass der eine die Welt unterjochen und die anderen die Welt befreien wollten.

Vrael lachte.
"So kann man es natürlich auch verpacken.
Aber ich brauche auch mal Kritik - sonst lern ich nichts!" erklärte er.
Er sah sich lange in dem Zimmer um.
"Euer Vater versteht sich auf Magie, was?"

"Ja", stimmte sie zu und nickte langsam, bemerkte dann selbst, dass ihm die Art der Antwort wohl nicht genügen würde und ließ eine Erklärung folgen. "Bevor er zum Truchsess wurde war er der Hofmagier der jungen Königin Runa und hat bereits ihrem Vater lange Zeit gedient. Er hat mir viel darüber beigebracht, was es bedeutet Magie zu nutzen und die Alte Sprache zu beherrschen."

Vrael nickte und sah sich um.
"Dies alles ist mächtige Magie... Schutz... keine Angriffszauber, nichteinmal agressive Verteidigung..." erklärte er, nachdem er sich alle Symbole angesehen hatte.
"Ich habe noch nie einen derart mächtigen Mann gesehen, welcher nur Schutz ausübt...."

Sie runzelte die Stirn, ließ seine Worte im Raum verklingen bevor sie zu einer Antwort ansetzte.
"Kharas ist niemand, der diese Macht will - sie wurde ihm auferlegt und er tut sein Bestes um ihrer gerecht zu werden aber das letzte, was er möchte ist jemanden durch diese Art der Magie zu verletzen. Ich glaube, er hat zu viele dunkle Magier und Abtrünnige gesehen um ein Beispiel zu haben, wie er eben nicht werden sollte."

"Ich - ich wollte deinen Vater nicht beleidigen!" sagte Vrael schnell und bestürzung schwang in seinen Worten mit.
"Ich, ich bewunderte es vielmehr.
Es... Verzeiht, wenn ich euch kränkte. Oder die falschen Worte wählte!"

"Vrael", ließ sie den Namen des jungen Reiters verlauten und schüttelte den Kopf bevor ein sanftes Lachen sich ihrer Lippen entrang. "Du hast mich nicht gekränkt und meinen Vater nicht beleidigt", gab sie zurück, bemerkte für den Moment nicht einmal, dass sie den offiziellen Ton in ihren Worten verloren hatte.
"Das könntest du nicht und niemand anderes. Sprich, wie dir der Mund gewachsen ist und nicht, wie man es dir beigebracht hat - zumindest so lange du hier und fern der anderen Reiter bist."

"Natürlich" meinte er drucksend und senkte den Kopf, ein schüchernes Lächeln auf den Lippen.
"Nehmt doch... noch ein paar Mandeln!"

Vraels Kopf ruckte auf einmal nach vorne und knallte gegen die Bettkannte, der Junge kippte ohnmächtig von seinem Stuhl.
"Guten Abend, Mylady..." tönte Avados Stimme, welcher an Vraels Stelle nun auf dem Stuhl saß.

Astayas Kopf ruckte hoch als das dumpfe Aufprallen des Körpers des jungen Drachenreiters erklang und sie erstarrte bei der Stimme des Jungen, die so plötzlich hier aufgetaucht war. Sie erhob sich langsam, schlang den Mantel ihres Vaters enger um ihren Körper bevor sie zu Vrael hinüber trat, nach der Schulter des jungen Reiters greifend.
"Vrael ...", wisperte sie leise als keine Reaktion erfolgte.
"Ich dachte nicht, dass Euer Vorhaben etwas mit ihm zu tun hat, Avado", antwortete sie dann dem Fremden.

"Oh, keine Sorge hat es auch nicht..." meinte Avado kalt, schlug die Beine übereinander und behielt Astaya im Auge.
"Aber er hätte mich angreifen können, und dann hätte ich ihm ernsthaft wehtun müssen...
Das war nicht das, was ich wollte!" er verschränkte die Arme vor der Brust.
"Er wird es höchstwahrscheinlich überleben!"

"Er wird es überleben", erwiderte sie ruhig, strich dem Reiter sacht über die Stirn und schloss die Augen. Sie hatte es fast erwartet, wenngleich es sie schmerzte, dass Vrael darunter hatte leiden müssen. Jedes Wort zwischen Avado und ihr war unnötig angesichts der Tatsache, dass sowohl sie wie auch er wusste, was der andere im nächsten Moment tun würden.
"Es wird kein gutes Ende nehmen, was Ihr vor habt", äußerte sie dann doch nachdem eine ganze Weile Schweigen zwischen ihnen gelegen hatte.

"Das wird nicht mein Problem sein, denn ich habe etwas gäznlich anderes vor...." erklärte Avado leise.
Er kniete sich neben Vrael und heilte dessen Platzwunde mit Magie.
"Und glaubt mir, dass ich euch nicht gerne von hier forthole!" erklärte er.
"Braucht ihr noch fünf Minuten?"

Astaya schloss die Augen ein zweites Mal, streckte die geistigen Fühler noch einmal aus um sich den Raum ein letztes Mal einzuprägen bevor sie sich erhob und sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht strich.
"Was habt Ihr vor?", fragte sie und straffte die Haltung. Sie hatte keine Möglichkeit an ihm vorbei zu kommen, ohne dass er sie festhalten würde - hatte nicht einmal eine Möglichkeit nach den Wachen zu rufen, denn diese waren zu weit entfernt als dass sie ihre Schreie hören würden.
"Ich werde niemanden begleiten, wenn ich nicht weiß, was er mit mir vor hat."

"Ich bringe euch zu einem Freund..." erklärte Avado leise.
"Ich werde vergessen euch die Drogen zu geben... was ein sehr ungeschickter Schachzug ist - denn so könnt ihr geistig nach eurem Vater rufen.
Kurz vor Dras Leona erinner ich mich jedoch wieder daran, gebe euch die Drogen und bringe euch zu einem Freund in die Arena - dort!" doch weiter kam er nicht, ein Faustschlag streckte ihn nieder.
Avado knallte auf einen der teuren Tische, welcher in der Mitte zerbrach.
Bevor er sich aufrappeln konnte stand Vrael über ihm, hielt sich den blutüberströmten Kopf.
"Niemand tut Astaya etwas an!"

Überrascht blinzelte das Mädchen als erneute Geräusche Avados Rede plötzlich unterbrachen und zwischen dem Knirschen von Holz Vraels Stimme erklang.
"Vrael!", rief sie aus und deutliche Erleichterung schwang in ihrer Stimme mit als sie zu dem Jungen hinübertrat und nach seinem Arm griff. "Lasst uns gehen - weg von ihm, so lange wir noch die Gelegenheit dazu haben. Er wird dir weh tun", bat sie leise, zog ihn zurück. "Bitte."

"Aber..." setzte Vrael an, während Avado immer noch benommen am Boden lag und sich reflexhaft den Kopf hielt.
"Wies.. aber wir müssen!"

"Fliehen müssen wir", stimmte sie ihm zu, wandte ihre Aufmerksamkeit einen Bruchteil der Sekunde zu Avado hinüber bevor sie sich umdrehte. "Bitte", flehte sie erneut und zerrte ihn hinter sich her, fort von diesem Ort, an dem ein Mann auf sie wartete, der sie fortbringen wollte obgleich sie nicht fortgehen wollte.

tbc: Burghof

Kharas kam schließlich triefend zu seine Gemächern.
Er schloss widerwillig die Türe auf und ließ Coreen hinein.
Dann machte er einen seiner Schränke auf, ging hinter den Sichtschutz und zog sich um.
"Coreen... mach dir keine Sorgen...." meinte er mit zittriger Stimme

Eine ganze Weile herrschte Stille von Seiten Coreens, die ihren Platz auf einem der Stühle bezogen hatte, nachdem der Tee aufgesetzt war und ein süßes Aroma in dem Raum verbreitete. Sie sagte nichts zu seinen Worten, wusste er doch genauso gut wie sie, dass er sie längst nicht mehr belügen konnte und so hatte Coreen sich entschieden zu schweigen, auf den Moment wartend, da Kharas jene Stille nicht mehr aushielt und wenn sie die nächsten Stunden hier sitzen und warten musste.