Kharas Gemächer

Kharas öffnete langsam die Türe und trat in das eigendlich große Zimme, welches vollgestellt war mit Gerümpel aller Art, überall an den Wänden waren Pergamente mit Zauberformeln geklebt, seltsame skulpture standen umher und Mobilés hingen von der Decke, es glitzterte und funkelte.
In der Mitte war ein Bett in welches ebenfalls allerlei Symbole eingeschnitzt waren.
Es waren Schuztmechanismen, Talismane und Siegel.
Alles um Kharas zu beschützen. Er wollte es sich nicht eingestehen, doch er hatte Angst.
Wahrhaftige Angst...
Er setzte sich seufzend aufs Bett

Das Mädchen erstarrte als die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, nahm sie doch mit deutlicher als jeder andere all die Sicherheitsmaßnahmen wahr, die ihr Ziehvater getroffen hatte. Mit einem Mal schwand ihre Ansicht, dass der andere um so viel stärker war und sie sah ihn zum ersten Mal als einfaches Wesen, wie jeder andere, dem sie begegnet war. Es rüttelte an ihren Grundprinzipien, an jenem Glauben, den sie seit klein auf eingetrichtert bekommen hatte - dass die Mitglieder der Arcanea stärker waren, nicht zuletzt durch ihr Wissen, als die anderen Wesen, die diese Welt bevölkerten.
Den Kopf anschrägend blieb sie stehen, wo sie war, schien das Bild, das sich ihr bot durch ihren Geist wahrzunehmen und zu analysieren, jede magische Falle, die er aufgestellt hatte genau zu prüfen, aber sie sagte nichts darüber.

Kharas hob den Kopf, wusste er doch ganz genau das Astaya all dies spürte.
Was würde sie wohl nun glauben? Das falsche...
Er räusperte sich.
"Ethra ist stark, er hat die Macht von ein dutzend Drachen..." erklärte Kharas leise.
"Mir darf nichts passieren, ich muss doch zu dir zurückkommen... ich habe es dir versprochen!" erklärte er all die Schutzmaßnehmen.

Astaya runzelte die Stirn, ließ die Worte des Ziehvaters im Raum verklingen bevor sie ein paar Schritte auf ihn zumachte und sich neben ihn setzte. Eine Hand glitt sacht zu der seinen und ihre Finger umschlossen die seinen. Sie spürte die Kälte, die von ihm ausging und die nicht an der Raumtemperatur lag, vielmehr verursacht worden war von der Angst, die sein Herz in eisernen Klauen umschlossen hielt.
"Ethra wird nicht hierher kommen um dich zu töten", sagte sie, ohne dass ein Vorwurf in ihrer Stimme mitklang. "Ich werde dich begleiten, Vater. So wirst du nicht zurückkommen müssen. Ich werde bei dir sein, welchen Weg auch immer du gehen magst."

Leise Tränen sammelten sich in den Augen des weitaus Älteren, als er sie langsam umarmte.
"Ich mag nicht dein leiblicher Vater sein, aber niemand könnte dich jemals mehr lieben als ich..." erklärte er leise.
"Damals, als ich das erste mal sah... als deine kleinen Finger sich um meinen Daumen schlossen, da hattest du mein Herz für dich gewonnen!" er strich ihr über den Rücken.
"Ich bin der stärkste Mann der Welt Astaya!"

Astaya ließ es dabei bewenden, schloss die Arme um den Ziehvater und wusste ebenso gut wie er auch, dass er log. Dass er nicht der stärkste Mann der Welt war und dass dieser Raum hier der lebende Beweis dafür war, aber sie ließ ihn in dem Glauben sie würde seinen Worten Glauben schenken und lächelte still.

Langsam löste er die Umarmung, zog sich seinen Mantel von den Schultern und legte jenen über die Bettkante, ehe er sich auf das Bett legte und zudeckte.
"Ich werde auf dich aufpasse Astya..." verpsprach er ihr leise, ehe er in den Tranceartigen Schlafzustand der Elfen verfiel

"Ich werde auf dich Acht geben", widersprach die Jüngere schwach lächelnd und streckte die Hand aus, fuhr dem Ziehvater sacht durch die blonden Haare ehe sie selbst zum Kopfende hin rutschte und ihren Geist aussandte um die Umgebung im Auge zu behalten. Sie wollte ihm die Ruhe gönnen, die er sich wohl verdient hatte in all der letzten Zeit.

Kharas Schloss die Tür hinter Coreen, versiegelte jene vor ungewollten Mithörern und wandte sich dann zu seiner Schülerin um, strich jener sanft über die Schulter.
"Was ist los coreen?" fragte er besorgt, sämtlichen Offiziellen Ton beiseite gefegt

"Gil'ead und Ethra waren los", begann sie langsam, ließ sich auf einem der Stühle nieder und ließ ihren Blick durch die Räume wandern, wunderte sich über das Sammelsurium an merkwürdigen Gegenständen, die hier zu finden waren.
"Dort war eine junge Frau, die Julian wieder zurück holen wollte - sie sprach etwas von einem dunklen Racheengel - Lelani, wenn ich mich recht erinnere."

"Lelani... hum?" fragte Kharas und schloss die Augen.
"Sie war einst eine Elfe in DuWeldenvarden, kalt - rücksichtlos. Sie ging vor vor langer, langer Zeit.
Sollte sie wircklich wieder hier sein und Ethra dienen, haben wir ein großes Problem!"

"Laut der jungen Frau dient sie Ethra nun und würde momentan über die Fürstin von Teirm richten. Sie schien sich vor Lelani zu fürchten", setzte Coreen hinterher. Sie fühlte sich nicht im Geringsten beruhigter als auch Kharas hinzu setzte, dass die Elfe ein Problem darstellen würde, aber das würde nichts ändern.
"Aber ... das ist nicht alles ... sie versuchte Julian wieder zurückzubringen, besaß irgendeinen Talisman mit dem sie den Eldunarí in seiner Brust aktivieren konnte. Sie starb und ... nun ja ... dieser Talisman - Ethras Stimme kam daraus. Diese junge Frau - sie war Julians Tochter."

Kharas zeigte sich sichtlich betrübt und schockiert über die neuen Erkentnisse, welche Coreen ihm mitgebrach hatte.
"Das ist wahrhaftig eine dunkle Stunde" sagte er mit bedeutungsschwangerem Ton.
"Aber, hast du den Talisman mitgenommen?"

Sie hätte sich im nächsten Moment selbst ohrfeigen können, dass sie es vergessen hatte und schüttelte dann langsam den Kopf. "Die Wachmänner haben die Leiche vorher mitgenommen und dann war Luná wichtiger", setzte sie ihm entgegen und erhob sich dann ruckartig wieder.
"Ich besorg diesen Talisman. Er dürfte uns weiterhelfen - wenn damit auch Ethras Eldunarí zu steuern sind könnte uns das helfen."

Kharas hielt Coreen fest.
"Nein, jetzt wieder zurück zu reisen dauert zu lange - die wachmänner nahmen die Leiche mit, ich weiß nicht ob es dir entfallen ist, aber als Truchsess dienen sie mir, ich werde mir also den Talisman zukommen lassen.
Es ist wichtiger, dass du mit den anderen gehst. Verstehst du?" er lächelte, nahm sie in den Arm und drückte sie fest.
"Und wage es nicht zu sterben!" er strich ihr über den Kopf.
"Ich werde sobald wie möglich mit einer Armee nachkommen und ethra und die Urgals von euch ablenken!"

Coreen war für einen Moment irritiert und blinzelte den Meister verwirrt an bis sie begriff, was er wirklich meinte. "Aber ... Gil'ead ... sind denn dort alle auf unserer Seite?", fragte sie langsam und stockend, bemerkte erst in der nächsten Sekunde wie naiv ihre Frage klang.
"Ich meine Klianaessa ist inzwischen auf Ethras Seite und ihre Soldaten werden uns wohl kaum helfen. Wenn irgendjemand herausfindet, was wir vor haben, dann werden sie uns jagen ... wir werden auffällig sein - immerhin haben wir einen Elfen und eine Elfe mit einem Tiger bei uns."

"Ich habe meine Leute dort unten - und was die Auffälligkeit betrifft, geht Abseits der Straße und Wege vermeidet Siedlungen,ihr schafft das - ich glaube an euch!" er trat einen Schritt zurück.
"Alles wird gut werden"

"Ich habe nicht vor diese Welt dem Untergang zu überlassen. Dafür mag ich sie viel zu sehr", entgegnete sie mit einem schiefen Lächeln, obgleich sie wusste, dass diese Mission alles andere als leicht werden würde.
"Der Elf, der uns begleitet - Cerediron - er ist doch nicht einfach nur so bei uns, oder? Kharas, du weißt doch etwas über ihn, nicht wahr? Weshalb taucht er so plötzlich auf und will ausgerechnet Julian Frook helfen, der eine ihrer Städte zerstört hat?"

Kharas wurde still, schien zu überlegen ob er es Coreen sagen konnte - aber er vertraute ihr, war sie ihm doch über all die Monate ans Herz gewachsen.
"Cerediron ist einer der Offiziere der Elfen, er gehört zu den fähigsten Magiern welche sie momentan auf zu weisen haben, er ist einer der Morilinde, er findet und tötet Ausgestoßene. Nur wenige Elfen übernehmen diese Aufgabe, welche vorraussetzt sich ganz und gar von seiner Familie und allen Freundschaften zu entsagen..." erklärte Kharas leise.
"Sie sind bei uns sehr hoch angesehen, sie geben alles für das Wohl einer höheren Gemeinschaft auf - ich nehme an er wurde Geschickt um Julian zu überwachen, ein Falscher Schritt von ihm und Ceridiron wird ihm den Todesstoß verpassen bevor Julian weiß wie ihm geschieht.
Aber denk nicht schlecht über ihn, Cerediron ist ein guter Mann"

"Ich denke nicht schlecht über ihn, aber ich denke, er ist zu pflichtbewusst. Ich glaube, er denkt, dass der Rat und die Königin der Elfen keine Fehler machen aber ich glaube auch, dass Eloel nicht so böse ist wie ihr Bruder", gab Coreen zur Antwort und fühlte sich inzwischen mehr als unwohl in ihrer Haut.
"Das heißt, wenn Julian nur einen Fehler macht, in seinen Augen, wird er ihn einfach so umbringen?"

"Ja" die knappe Antwort Kharas´ glitt wie ein Splitter unter die Haut.
"Umso wichtiger ist es, dass Julian von nun an weiß was er tut - er hat uns zuoft verraten!" Kharas schlug den Mantel hoch.
Er ging langsam zu einem Schrank.
"Eigendlich wollte ich dir dies am Ende deiner Ausbildung schenken..." er hielt einen Mantel, ähnlich dem seinen in der Hand, es war großer schwerer Stoff welcher jedoch ganz leicht zu sein schien.
"Er ist genauso bearbeitet wie mein Umhang..."

Coreen schluckte merklich ob Kharas Worten, wagte es jedoch nicht die Hände nach dem Mantel auszustrecken. "Das ... kann ich doch nicht annehmen ...", wisperte sie schließlich baff, spürte sie doch die Magie, die von dem Mantel ausging. Sie fühlte sich plötzlich überfordert mit der Situation und den Erwartungen, die an sie gestellt wurden bei dieser Mission. Ihre zuvor noch gerade aufgerichtete Gestalt sank plötzlich in sich zusammen.
"Ich weiß nicht, ob ich das alles kann ... ob meine Fähigkeiten dafür ausreichen ihnen zu helfen. Ich will keine Last sein aber einfach so herumzusitzen und nichts zu tun ... das kann und will ich auch nicht."

"Du bist mutig, stark und aufrichtig. Ich habe dich unterrichtet - ich weiß das du das kannst, du stehst nicht alleine da!
Ich werde sobald ich kann zu euch stoßen!" er drückte ihr den Umhang in die Hand.
"Ich bestehe darauf, dass du ihn annimmst - er wird dich in der größten Gefahr schützen, hält selbst den stärksten Feuer stand!" er blickte sie aufmunternd an.
"Wir stehen auf der Schwelle einer neuen Welt, doch nun müssen wir uns entscheiden - wird es unsere oder Ethras?"

Coreen griff nach dem Mantel, spürte den feinen Stoff und atmete tief durch. Er hatte Recht - sie musste das tun um ihren Teil zu der neuen Welt beizutragen. Entschlossenheit stand in ihren Augen als sie ihren Mut wieder fand und zu ihrem Meister aufblickte.
"Es wird unsere neue Welt und niemand wird uns aufhalten. Wir haben schon so viel verloren - jeder von uns. Es ist inzwischen genug. Ethra muss Einhalt geboten werden."

Kharas küsste sie sanft auf die Stirn.
"Und nun komm, wir haben die anderen lange genug warten lassen - nicht wahr?"