Ebene vor Dras'Leona

Anderthalb Tage im Sattel lagen hinter Khalid und Lyonel, als sie endlich die dunklen Umrisse der Stadtmauer von Dras'Leona am Horizont erkennen konnten. Sofort schlug die dunkle Atmosphäre, die die Stadt strahlte, auf die Stimmung der beiden.

Sie hatten zwar einen gemeinsamen Abend am Lagerfeuer verbracht, was zusammenschweißte, aber zu mächtig war die unheilverkündende Aura der Stadt. Beide wussten, dass dort etwas geschehen würde, dass sie dort vielleicht ihr Schicksal treffen würden.


Besonders Lyonel litt.

Nicht nur, dass sein Hintern schmerzte, wie er ihn immer schmerzte, wenn er viel geritten war, auch die Erinnerungen, seine persönlichen, an Dras'Leona quälten ihn.
Auf seinem Pferd drehte er sich zur Seite und sah gequält zu Khalid.

"Da wären wir."

"Kaum zu übersehen", murrte Khalid, der alles andere als gut gelaunt war.
Sein Hintern tat weh, seine Beine schmerzten, Gründe, warum er es lieber hatte, zu Fuß zu gehen oder zu klettern.
"Nicht, dass der Berg da nicht schon Grund genug für einen Schauer bietet", murmelte Khalid und deutete leicht hinter sich auf den Helgrind.
"das da, macht mit ebenso Sorgen", fuhr er fort und wies nun auf ein Schild, das man an den Toren angebracht hatte.
Je näher sie kamen, umso deutlicher wurde der Schriftzug:
Wiedereröffnung der stolzen Arena von Dras-Leona

Die Arena.
Lyonel schluckte und konzentrierte sich auf seine Aufgabe, denn nebem dem Wegweiser und dem Schild hing die Anschlagetafel, an welcher etwas angebracht war, was ihn gerade für den Moment noch viel mehr beunruhigte als die Nähe zu dem Schauspielschlachthaus, welche wiedereröffnet wurde.

NAME: ???
RUFNAME: ???
GESCHLECHT: männlich
AUSSEHEN: kurze Haare, mittelgroß, grüne Augen
BESONDERE KENNZEICHEN: Lederharnisch mit dem Wappen Kuastas, in Begleitung von Urgals
BELOHNUNG: 500 Kronen
VERBRECHEN: Angriff auf königliche Wachen, Verbrüderung mit dem Feind
WARNUNG: Die gesuchte Person könnte bewaffnet sein und erbitterten Widerstand leisten.

Irgendwie hörte sich die Beschreibung nach ihm an, fiel ihm auf und sah auf seinen Lederharnisch mit dem Wappen, der jetzt wohl unter seinem Reiseumhang verborgen war.
Auch die Sammlung der anderen war durchaus eine illustre Runde.
Ein Steckbrief von Zerra, der jedoch durchgestrichen war, außerdem waren noch Belohnungen auf Königin Runa und Ziran ausgesetzt.

"Was machen wir damit?", fragte Lyonel.
"Den Harnisch könnte ich ablegen, aber meine Augenfarbe... wo ist Kharas, wenn man ihn braucht?"

"Hm, entschuldige meiner nicht-magischen-Kräfte", gab Khalid zurück und verlagerte seinen Sitz im Sattel,
um an eine der Taschen heran zu kommen.
"Also deine Augenfarbe kann ich wirklich nicht ändern... aber deine Haare"
Er grinste und zog das Stoffband heraus, dass er sich gelegentlich um den Kopf wickelte.
"Nimm erst einmal das hier... falls wir irgendwo hier genug Vögel finden, bleichen wir deine Haare einfach mit Vogelkot", meinte er grinsend und gab Lyonel das Band.

"Vogelkot?", fragte Lyonel, der nicht gerade erfreut über die Aussicht war, bald nach den Ausscheidungen von Geflügel zu stinken.
Da die andere Alternative aber das Schafott wäre, wenn die Wachen ihn aufgreifen würden, fügte er sich und sah in Vogelkot dann doch eine irgendwie angenehmere Perspektive.

"Gut, danke für die tolle Idee...", sagte Lyonel und man hörte an seiner Stimme, dass es ihm trotz allem nicht gefiel. Das Band aber nahm er dankbar an und eilte, es mit ungeduldigen Fingern um seinen Kopf zu knoten, sodass man die ohnehin kurz gehaltenen Haare, die er trug, nicht mehr sehen konnte.

Ein wenig mutete er nun an wie ein verkappter Seeräuber aus den verwegenen Inseln vor Teirm, aber das passte schließlich zu ihrer Mission, oder nicht?

Grinsend musterte Khalid seinen Mitstreiter einen Augenblick lang von der Seite.
Das Band würde gewiss für eine Weile reichen.
Schließlich konnten die Wachen in Dras-Leona schlecht jeden anhalten, der grüne Augen hatte.
Erst als sein Magen leise knurrte, wandte Khalid seinen Blick von Lyonel ab und schaute auf das Stadttor.
Hoffentlich verließ er durch dieses Tor schon bald wieder die Stadt.
"Ich hätte übrigens nichts dagegen, wenn wir uns in einem Gasthaus niederließen und etwas essen würden...
mein Magen hängt mir nämlich schon seit einiger Zeit in den Kniekehlen"

Nicht all zu weit entfernt war das illustre Fackeln eines Lagerfeuers aus zu machen und der süßliche durft von seltenem, gebratenen fleisch stieg den beiden Recken in die Nase.
Aus der Ferne hörte man eine dunkle Männerstimme singen.

"Gute Idee. Vielleicht haben wir ja auch Glück und sie kontrollieren uns am Tor nicht. Es strömen so viele Menschen für die Spiele in die Stadt, da werden sie nicht jeden einzelnen mit grünen Augen kontrollieren.", sagte Lyonnel.
Ansonsten musste sie sich etwas einfallen lassen. Lyonel schwebte irgendetwas in Richtung Ablenkung vor.
Die meisten Soldaten waren Vladimir zwar treu ergeben, aber nicht sehr helle.

Ob es da wohl einen kausalen Zusammenhang gab?

Langsam näherten sei sich dem Tor.

„Hm...“, machte Khalid nachdenklich, der sich umschaute und dabei von seinem Pferd abstieg.
Als er entdeckte, wonach er gesucht hatte, hellte sich seine Miene unverzüglich auf.
„Hey, ich habe da eine Idee... spiel einfach mit“, sagte er verschwörerisch an Lyonel gewandt
und ging dann ziemlich zügig auf ein kleines Mädchen zu, das mit einem Ball spielte.
Er beugte sich zu ihr hinunter und wechselte in paar Worte mit ihr, wobei er seinen Rücken zu den Wachen gewandt hielt.
Geld blitzte kurz auf, dass von seiner Hand in die des Mädchens huschte.
Dann lief sie auch schon an ihm vorbei, den Ball vor sich her werfen, direkt auf das Tor zu.
Das Mädchen stolperte kurz und der Ball flog in einem hohen Bogen hindurch.
Eilend zwängte sie sich an den Leuten vorbei und Khalid setzte ihr unverzüglich nach.
„Leya! Warte, Schwester! Leya!“, rief er, spielte den besorgten Bruder, der sich ebenfalls zwischen die Leute zwängte und sein Pferd dabei hinter sich herführte.

Lyonel schüttelte grinsend den Kopf. Ja, es war eine verdammt gute Idee gewesen, nicht alleine nach Dras'Leona zu reisen.
Er saß ebenfalls vom Pferd ab und fluchte laut und vernehmlich.
"Igor.... kannst du nicht auf die Kleine aufpassen?", er eilte hinterher, einige Leute anrempelnd.
"Igor, verdammt nochmal.... entschuldigt.... verzeihung... Igor!"
Er zwänge sich durch die Mitte der Masse, möglichst weit weg von den Soldaten, die rechts und links des Tores standen.

Und so folgte er Khalid zum Gasthaus.


tbc: gasthaus

„Dort ist sie... endlich“ Jelen seufzte erleichtert, als das Tor und die Stadtmauern in Sichtweite kam.
Lobend klopfte sie dem Pferd, dass Rhea ihr für diese Reise geliehen hatte, auf die Flanke.
Sie freute sich bereits sehr auf ein Gasthaus und ein Zimmer, darauf, dass sie endlich von diesem unbequemen Sattel absteigen konnte.
Erstaunt blickte sie auf ein Schild, dass man am Tor angebracht hatte.
„Die Arena wird bald wieder eröffnet...“, murmelte sie, sobald sie die Schrift entziffern konnte.

Mh... Arenakämpfe... erinnert mich etwas an meine Jugend... sagte Julian trocken. Dann fragte er. Wo wollt ihr eigentlich genau in Dras Leona hin?

"Zu meinem Cousin. Ich befürchte jedoch, dass es sein kann, dass er noch nicht da ist.
Er wollte sich in dem Gasthaus 'Zur gülden Sonn' niederlassen, sobald er ankäme.
Dort würde auch ich ein Zimmer nehmen... bis zu seiner Hochzeit. Was ich danach mache, weiß ich noch nicht.
Ob ich mir die Krönung von Graf Vladimir anschaue..."
Jelen zuckte mit ihren Schultern und rümpfte leicht ihre Nase.
"Keine Ahnung. Es werden sicherlich genug Leute da sein, die diesem Spektakel beiwohnen wollen.
Ob nun eine neugieriger Nase weniger oder nicht,
wird ihm vollkommen gleich sein", antwortete sie ihm, während sie dem Tor immer näher rückten.
"Und du? Jetzt, nachdem du mich sicher hierher gleitet hast, wirst du dich wieder auf dem Weg nach Surda machen? Oder noch eine Weile hier bleiben?"

Ich denke es wird nicht schaden wenn ich ein paar Tage später ankomme. Jeder brauch mal eine Auszeit oder? sagte er grinsend.

tbc. Gasthaus 'Zur gülden Sonn'

Eine edle Kutsche hatte vor den Toren Dras-Leonas gehalten, die an den Seiten mit Blattgold versehen war.
Das Schnauben und Aufschlagen der Hufen, hatte man bereits aus der Ferne gehört.
Die Pferde waren allesamt grau, während die Kutsche selbst in einem grün-gold erstrahlte.
Mit dem Verkauf dieser Kutsche hätte man sicherlich eine vierköpfige Familie über den Winter gebracht, keine Frage.
Doch dies interessierte keinen, schon gar nicht den Besitzer, der vor fast einem Jahr
diese wundervolle Transportmöglichkeit in Bau gegeben hatte.
Fürst Edric war eingenmächtig der Kutsche entstiegen, in Begleitung seiner Diener,
die sein Gepäck ohne Widerworte trugen – schließlich war ihr Gehalt angemessen genug.
Nachdem Edric ein paar Worte mit einem der Torwächter gewechselt hatte, stieg er erneut in die Kutsche und passierte.

Ziran, Coreen, Kharas Astaya und auch Alrika kamen nach einem Tagesritt auf die Ebene vor Dras Leona.
Ziran gähnte ausgiebig und blinzelte, er sah direkt in Coreens Gesicht.
Ein lächeln erschien auf seinem Gesicht und Tränen stiegen ihm in die Augen.
Sie hatte überlebt...
Als sie ebenfalls die Augen aufshclug wischte er sich schnell die Tränen aus den Augenwinkeln.
"Morgen, na Prinzesschen gut geschlafen?" fragte er in seiner ewig guten Laune und überdeckte damit gekonnt die gefühle dir grade in ihm aufgekommen waren

Sie hatte eine Weile gebraucht bis es überhaupt möglich gewesen war auch nur die Augen ein Stück weit zu öffnen. Das Tageslicht brannte darin und mit einer unkoordinierten Bewegung hob sie die Hand, wollte die Augen abschirmen, doch ihr Körper reagierte noch in keiner Weise auf den Impuls, den sie ihm soeben gegeben hatte. Sie fühlte sich wie gerade durch einen Fleischwolf gedreht.
Zirans Stimme drang wie durch Watte zu ihr hervor und nur aus dem Grund, weil die Schemen vor ihren Augen schärfere Konturen wurden, erkannte sie ihn.
"... Ziran ...?"
Ihre Stimme klang rau, wie lange nicht mehr benutzt und war viel leiser als sie es eigentlich von sich selbst gewohnt war. War dies schon wieder ein Traum ...? Gaukelte Ilfirin ihr erneut vor, sie wäre bei den Menschen, die ihr wichtig waren, nur damit der Schmerz härter zuschlug, wenn ihr bewusst wurde, dass es nur eine Illusion war?

Ziran lachte und umarmte Coreen.
"Du hats überlebt - ich bin so froh!" meinte er und wollte sie garnicht mehr loslassen.
"Kharas, hat wohl wieder alles geregelt!"

"Kharas ...?", echote sie fragend, begriff den Sinn der Worte, die Ziran so schnell von sich gab nicht einmal wirklich und blinzelte stattdessen lediglich verwirrt. Sie spürte die Wärme, die der Körper des anderen abgab und wunderte sich gleichermaßen darüber - sie hatte doch sonst in ihren Träumen keine Wärme gespürt.

Er strich ihr sanft über die Haare.
"Hey... es ist alles in Ordnung, wir sind in Dras Leona!
Wir treffen hier Zerra sagt Kharas!" erklärte Ziran.

Dras Leona und Zerra - das war aber auch alles, was ihr verwirrter Geist begriff - irgendwo stellte eine verquere Hirnwindung gleichzeitig eine Verbindung mit Graf Vladimir. Dann fuhr sie zusammen, richtete den Blick ihrer verklärten Augen zurück auf Ziran nachdem jener sie losgelassen hatte und die Kälte ihren Körper erneut umfing.
"Er hat ...", fing sie an, brach ab und schluckte ehe sie einen neuen Versuch wagte. "... dich zerstört ..."

Ziran massierte sein Gesicht.
"Japp, aber man hat mich wieder zusammen gesetzt..." rklärte Ziran.
"Erinnere mich daran, niemal eine Puppe zu kaufen!" er strich ihr sanft über die haare

"Es war meine Schuld ...", wisperte sie zur Antwort, schaffte es trotz einiger Anstrengung ein schwaches Lächeln auf das kränklich blass wirkende Gesicht zu bringen.
"Verzeih mir ...", setzte sie hinzu, versuchte den Kopf zu drehen um die Umgebung wahr nehmen zu können, doch allein dies schien schon zu viel Anstrengung zu sein, denn ihre Sicht zersprang wieder in bunte Farbkleckse. Sie schloss innerlich seufzend die Augen. Es war gleichgültig, ob es ein Traum war ... sie hatte sich bei Ziran für ihr Verhalten entschuldigt, das war momentan alles, was ihr wichtig gewesen war.

Seine Lippen küssten ihre Wangen.
"Hey, Coco! Bleib bei mir! Du hast viel zu wenig mit mir gerdet in letzter Zeit!"