Kleine Halle des Südens

"Keine Ahnung, wird aber wohl eine Grund haben das wir beide einen bekommen ha..." er stockte.
"Ups...." meinte er, erstarrte und schaute schnell zum Fenster.
"Schönes Wetter heute oder?"

Ruckartig fuhr Coreen herum, funkelte den anderen düster an und stemmte die Hände in die Hüften, sich ein Stück zu ihm vorbeugend. "So?", fragte sie und allein in ihrem Tonfall schwang mit, dass es jetzt besser war, wenn er einfach gar nichts sagen würde.
"Du hast also denselben Brief bekommen? Die Königin schützen ... mhm ... ich hab dir wirklich geglaubt!"

Ziran hüstelte gekünstelt und trat von einem Fuß auf den anderen.
"Unten wartet schon ein Pferd auf mich, ich habe schon alles gepackt...
Ich hatte gehofft du würdest mich irgendwie... überzeugen mit dir zu kommen!" meinte er und setzte eine Unschuldsmiene auf.

"Aha ...", machte sie nur und fluchte etwas zum Glück Unverständliches hinterher ehe sie mit deutlich schnelleren Schritten weiterlief. Nur wenige Sekunden später entschied sie sich doch anders und wandte sich zu Ziran um, trat zu ihm hin und piekste mit dem Zeigefinger gegen seine Brust.
"Das kriegst du noch zurück!"

Er nickte verdrossen.
"Soll ich dir beim umziehen helfen?" fragte er noch und lächelte.
"Ich bin gut darin Kleider aus zu ziehen!"

"Pah! Dafür musst du dir schon was Besseres einfallen lassen um Wiedergutmachung zu leisten", grummelte sie böse und drehte sich wieder um. "Komm schon", folgte es dann nach einer Weile deutlich versöhnlicher. Die Aussicht den Weg zu diesem Schloss allein zurückzulegen war doch um einiges langweiliger als der Gedanke daran wenigstens Gesellschaft zu haben.

Ziran nickte und folgte ihr.
Irgendwann...
Er hatte bisher noch je- fast jede rumbekommen und würde bestimmt nicht an Coreen versagen!

Den Weg zurück zum Palast hatten sie größtenteils schweigend zurückgelegt. Nicolas war kein Mensch der großen Worte, das hatte die Elfin inzwischen festgestellt und nach all dem Trubel, den die Menschen in Aberon verursachten war es ihr eine willkommene Abwechslung eine Möglichkeit zu finden, in der sie ihre eigenen Gedanken wieder zu ordnen vermochte.
Als sie nun die Halle des Palastes erreichten, wandte Nyarálin sich zu dem Begleiter um und neigte dankend den Kopf.
"Ich danke Euch für die Dinge, die Ihr mir gezeigt habt."

"Immer wieder gerne, nette Dame!" Er verkniff sich das Lächeln, er verzog seinen Mundwinkel lediglich soweit, dass es wie ein leichtes Lächeln aussah. "Wenn Sie etwas brauchen, dann fragen sie einen der Wachen nach meiner Adresse, ich wohne nicht weit vom Palast. Es war mir eine Ehre Ihnen die Stadt zeigen zu dürfen.", sagte er fröhlich wie eh und je. Danach wandte er sich ab und verließ den Palast.

Einen kurzen Moment noch sah sie ihm nach und runzelte die Stirn. Dieses Treffen war merkwürdig gewesen und doch war sie interessiert daran, wie das Treffen der Herrscher werden und auf welche Seite Nicolas sich schlagen würde. Sie würde seiner Entwicklung auf jeden Fall mit Interesse zusehen.
Innerlich den Kopf schüttelnd wandte sie sich um, den Gedanken an den jungen Mann mit einer unwirschen Handbewegung fortwischend - sie hatte keine Zeit sich über Menschen den Kopf zu zerbrechen.

"Warum?" erklang die dunkle Stimme Ethras hinter ihr, es war kein Vorwurf - nur eine normale Frage.
"Wieso gibst du dich die ganze Zeit über mit Menschen ab?"

"Weil es das Volk der Nachkommenden ist, welches uns am ehesten vertrauen wird", kam die ebenso schlichte Antwort auf die Frage, ohne dass die Elfin sich zu dem Gefährten umwandte.
"Ich sehe es nicht als falsch an so viele Verbündete wie möglich zu sammeln bevor all dies zu Ende gehen wird."

"Verbündete? Sie werden keine Verbündete sein, sobald wir Anfangen das zu tun was wir tun müssen.
Es wrd Zeit das du anfängst dich von dieser Welt zu lösen.
Es darf niemanden geben außer uns zweien! Außer dir ist ein jeder entbehrlich!" sagte Ethra kalt.

"Es geht nicht mehr um Freundschaften oder Vertrauen - das hat mich Kharas gelehrt!"

Nyarálin schnaubte gänzlich unbegeistert und wirbelte zu Ethra um, schneller als sie es eigentlich beabsichtigt hatte und funkelte den Gefährten dunkel an.
"Kharas hat dich also all dies gelehrt, Ethra ...", wiederholte sie und schüttelte den Kopf, verfluchte sich selbst dafür, dass der Hofmagus der Menschenkönigin noch immer so ein rotes Tuch für sie darstellte und sie außer Kontrolle geriet, wenn sie nur an ihn dachte.
"Und alles, was Kharas tut, ist in deinen Augen also recht?"

"Du missverstehst mich...." antwortete Ethra gelassen.
"Diese Lektion habe ich durch Kharas gelernt, sein Verrat zeigte mir auf das wir uns an niemanden binden dürfen.
Doch ich kann nicht anders als dich zu lieben, als mich an DICH zu binden.
Doch du rennst immer noch dem Phantom von Freundschaft und vertrauen in andere hinterher...
Ich will dich nicht verlieren!"

Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu, blieb unmittelbar vor ihm stehen und sah zu ihm auf.
"Ethra ...", begann sie und verlor die Worte, die sie eigentlich hatte sagen wollen. Es war wie jedes Mal und das Gefühl des Hasses stieg erneut in ihr auf als sie erneut feststellte, dass es Kharas war, der sie entzweite. Obwohl der Magier nicht anwesend war, schaffte er es trotz alledem immer präsent zu sein.

"Verrenn dich nicht in der Vorstellung von Vertrauen und Bündnissen!" sagte Ethra als er sich abwandte.
"Jegliche Politik, jegliches Wort und geschriebene Vertrag verbrennt zu Asche auf dem Schlachtfeld des Krieges...
Ich habe es gesehen, das Feuer...."

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie ihn zurückhalten wollen und stockte dann mitten in der Bewegung, verharrte mit ausgestreckter Hand. Gerade einmal ein paar Zentimeter trennten die beiden. Sie wagte es nicht ihm noch weitere Widerworte zu geben, die ihn lediglich in seiner Meinung bestärken würden.
"Wie du wünscht ...", war schließlich das Einzige, was sie noch von sich gab und den Kopf senkte.

Er blieb stehen.
"Folgst du mir bitte in mein Quartier Elatariel?" fragte er leise mit gebrochener Stimme.
Dann ging er vorraus, entweder se folgte oder ließ es bleiben.
Beides konnte er ihr nicht verdenken

"Bist du sicher, dass du das wirklich willst? Dass du ein Wesen akzeptieren kannst, das nicht akzeptieren kann in fast völliger Einsamkeit zu leben?", hakte sie nach, schüttelte dann aber den Kopf als sie sich an ihre zuvorigen Worte erinnerte.
"Natürlich ..."

Leise gähnend rollte Astaya sich unter der dicken Decke zusammen, ließ ihre Gedanken schweifen bevor der Schlaf sie langsam übermannte. Sie hatten bereits vor Stunden Aberon erreicht und Angesichts der Tatsache, dass Astaya sich hier noch immer nicht auskannte, hatte sie sich entschlossen in dem ihr zugewiesenen Quartier zu bleiben.

Leise Musik drang an ihre Ohren, Schritte rauschten an ihr vorbei und eine große Gestalt stieß sie beinahe um. Verstört wandte sich das Mädchen um und ihr Blick klärte sich, machte ihr deutlich, dass jener Traum eine Vision war, die ihr die Zukunft zeigte. Sie bemerkte einen großen Tisch, sah den Ziehvater an einer Ecke des Tisches sitzen während ihm gegenüber sich eine schemenhafte Gestalt erhob und ihm wilde Worte entgegen spie. Hass und Wut standen in den dunklen Augen und als jene Gestalt den Blick zu ihr wandte, fuhr Astaya automatisch zurück, befürchtete der Fremde würde auf sie losgehen.
Das Bild verschwamm und die Szenerie änderte sich. Die Stimmen von Hunderten schwollen zu einem unregelmäßigen Summen an, das ihr das Gefühl vermittelte, sie befände sich inmitten eines Bienenstocks. Langsam schritt sie durch die Massen, bewegte sich mit träumerischer Sicherheit durch die Paare, die sich auf der Tanzfläche befanden und die sich zu der leisen Musik bewegten. Sie erkannte inmitten all der Wesen erneut jene schemenhafte Gestalt, die sie bereits während der Versammlung gesehen hatte.
Ein kurzer Aufschrei erklang, dann schien die Zeit eingefroren zu sein – die Musik hatte gestoppt und keine einzige Bewegung war mehr von den Gästen zu erkennen. Vorsichtig bewegte Astaya sich in die Richtung, in der sich eine Menschentraube gebildet hatte, schob sich durch die Anwesenden hindurch und erstarrte.
Vor ihren Füßen lag ein kunstvoll gearbeiteter Glaskelch, der achtlos zu Boden gefallen schien, denn die rote Flüssigkeit, die zuvor darin gewesen sein musste, verteilte sich auf dem feinen Marmor. Unweit davon entfernt lag eine zierliche blonde Gestalt in den Armen eines hochgewachsenen schwarzhaarigen Elfen, der leise auf die blonde Elfin einsprach – von der jedoch kam keinerlei Reaktion mehr zurück. „Gift“, hörte sie leise jemanden sprechen.
Astaya wandte den Blick herum und bemerkte das leise Lächeln der schemenhaften Gestalt ehe jene sich abwandte und den Saal verließ, als schien diese das nicht einmal zu interessieren.

Coreen war mitten in der Nacht in Aberon angekommen und hatte sich müde durch die langen Gänge des Palastes geschleppt, erschrak nun aber als sie die magere Gestalt Astayas unweit von ihr entfernt wahrnahm. Die deutlich Jüngere wirkte wie ein Geist in dem weißen Kleid, in dem sie fast vollständig verschwand.
„Astaya?“, fragte sie und als die andere nicht reagierte, runzelte sie die Stirn und folgte dem Mädchen, das sich unsicher wie sonst nie durch die Gänge bewegte.

Sie erstarrte als Kharas‘ Ziehtochter sich geradewegs auf das Dach zubewegte und als die andere bedrohlich schwankte, stürzte sie vor und umgriff das Mädchen, zog sie zurück bevor sie Meter in die Tiefe stürzen konnte.
„Was machst du denn?“, fragte Coreen keuchend als sie feststellte, dass das Mädchen ihre Gegenwehr aufgegeben hatte.
„Schatten … böse Gestalt …“, wisperte Astaya abwesend während ihr Kopf hin und her ruckte. Die Ältere legte die Arme um das zitternde Mädchen, das halb auf ihr, halb auf den kalten Fliesen lag. „Was? … Von was sprichst du?“, hakte sie nach, begriff nicht, was mit der anderen war.
„… es ist ein großer Saal und er ist böse … er will Vater böses … Musik ist dort …“, sprach sie weiter und Coreen stockte. Konnte es etwa wirklich sein, dass Astaya sah …?
„Was hast du gesehen, Astaya …?“
„… ein Glas liegt auf dem Boden … dort sind viele Menschen, sie alle schauen zu … sie können nicht helfen. Sie liegt dort und niemand hilft … er geht einfach …“
Das Mädchen war so abwesend, schien so weggetreten zu sein, dass sie wie selbstverständlich auf die Fragen antwortete. Es war als wäre sie zeitlebens nichts anderes gewohnt als solche Fragen gestellt zu bekommen und darauf zu antworten. Coreen seufzte leise und streckte die geistigen Fühler aus – Kharas musste von dem hier erfahren – sie selbst würde mit dieser Art von Situation nicht umgehen können.
Im nächsten Moment ruckte der Körper des Mädchens hoch und Coreen ließ sie los, spürte deren Verwirrung und hob die Hand, legte jene auf die zarte Schulter der Jüngeren.
„Ist alles in Ordnung …?“
„All diese Bilder …“
„Du hast gesehen?“, fragte Coreen und ließ die Hand sinken, rutschte ein Stück von der Jüngeren fort, musterte das junge Mädchen und stellte erneut fest, wie zerbrechlich Astaya im Gegensatz zu ihr wirkte. Das Kind besaß Fähigkeiten, von denen Coreen nicht einmal geahnt hatte und mit einem Mal wurde der Zofe bewusst, weswegen Astaya meist so gut behütet wurde – sie war auf Grund jener Fähigkeiten wertvoll und Coreen wollte sich nicht einmal vorstellen, was geschehen würde, wenn Astaya in falsche Hände geriet.
„Seit wann kannst du das? Warum hast du nichts gesagt?“Astaya seufzte leise, druckste einen Moment herum ehe sie den Kopf wieder hob und zurück auf die Füße kam, Coreen zurück in die kleine Halle folgend.
„Seit Jahren … ich hatte als Kind schon solche Träume. Damals habe ich nur das Wetter und solche Kleinigkeiten gesehen aber es wurde immer mehr. Immer wichtiger … Ich …“ Sie brach ab und schüttelte den Kopf, seufzte erneut.
„… Es hätte mir niemand geglaubt“, log sie und ihre Worte wirkten einstudiert. „… also habe ich nur Vater davon erzählt …“

Wenige Momente später, glitt Kharas durch die Tür und eilte mit raschen, jeodch gemäßigten Schritten auf Coreen und Astaya zu, ließ sich neben seine Ziehtochter sinken und sah Coreen dankend an.
"Was genau ist geschehen?" fragte er leise und war dankbar darum, dass keine Diener in der Nähe waren

Coreen lächelte schwach, warf einen kurzen Blick zu Astaya hinüber und als sie erkannte, dass die Jüngere selbst nicht erklären konnte, was vorgefallen war, holte sie tief Luft.
"Ich bin hier gerade angekommen und hab Astaya durch die Gänge wandern sehen. Ich hab mir Sorgen gemacht also bin ich ihr gefolgt. Ich konnte sie gerade noch festhalten bevor sie gestürzt wäre - sie hat irgendetwas von einem bösen Mann erzählt und von einem Glas, das auf dem Boden liegt - dass niemand hilft aber wirklich verstanden habe ich das nicht."

"Was hat sie genau gesagt?" fragte Kharas mit einem ihm selten scharfen Ernst in der Stimme.
"Jedes Wort, jedes noch so kleine Detail ist wichtig!" erklärte er und hoffte inständig, dass Coreens Erinnerungsvermögen in diesem Bereich gut ausgeprägt war.