Innenhof des Schlosses

Mit einem schmunzelnden Gesicht begleitete William Caladhiel und Alwin auf den Hof. Der Wolf trottete dem Jungen brav hinterher und sah nicht einmal zurück, wenn Fremde an ihnen vorbei liefen. Ohne Zweifel hatten sie ein merkwürdiges Bild abgegeben, ein kleiner Junge, eine voll gerüstete Reiterin und ein schmunzelndes Ratsmitglied. "Nun, ich denke ich darf im Namen des Volkes sprechen wenn ich sage, das es mir Leid tut. Ich wusste das Neunfinger dreist ist, doch so etwas... nein wahrlich, so etwas hätte nicht einmal ICH ihm zugetraut. Oh Verzeihung... ich glaube ich habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt... William Varys, aus dem Hause des Steinbocks. Fürst von Gil´ead und seit etwa.." Der junge Mann sah kurz in den Himmel um den Zeitabstand abschätzen zu können. "Eineinhalb Stunden Ratsmitglied von Ceunon." Kurz glitten seine Augen in den Himmel als er einen mächtigen Schatten über der Hauptstadt sah. Er konnte mit bloßen Auge zwar nicht erkennen was dort oben war, doch angesichts der Tatsache das eine Reiterin vor ihm stand konnte er es sich denken. William schluckte schwer ehe er sagte. "Dürfte... dürfte ich euch ebenfalls um etwas bitten Hochmeisterin?"

Mit festen Schritten trat Caladhiel auf den Innenhof des Schlosses und legte den Kopf in den Nacken, die Augen zum wolkenlosen Himmel hinauf richtend während ein schmales Lächeln begann auf ihren Zügen zu wachsen als in der Ferne dunkle und mächtige Flügelschläge erklangen, die lauter wurden. Nur wenig später kam die majestätische Gestalt Anwars in Sichtweite und der Drache begann zu einer Landung anzusetzen, schien dabei jedoch sichtliche Probleme zu haben, seinen massigen Leib in den Innenhof des Schlosses zu verfrachten, ohne dabei kunstvolle Bögen und Brunnen unter den riesigen Klauen niederzureißen.
"Es ist mir vollkommen gleich, wer Ihr seid, Varys", antwortete Caladhiel während sie erst jetzt die Klinge zurück in die dafür vorgesehene Halterung schob und dem jungen Fürsten somit einen Blick auf die schwarzschimmernde Waffe verwehrte. Er würde mit Sicherheit keine Gefahr mehr für sie und Alwin darstellen, zumal sie sich nun auch der Unterstützung ihres Drachen sicher sein konnte. "Es macht für mich keinen Unterschied, ob Ihr Fürst, Ratsmitglied oder Bauer seid - ich zolle Männern und Frauen den Respekt, den sie sich verdienen und nicht den, den ich ihnen erweisen muss", fuhr sie fort während sie zu Anwar hinüber trat und dem großen Drachen sacht über die Flanke strich, sich schließlich zu Varys umwandte und den jungen Mann einer eingehenden Musterung unterzog. Sie wollte abschätzen, was er von ihr verlangen konnte und die dunkle Befürchtung, es könne das sein, was alle anderen auch wollten, regte sich in ihr. Macht. Unterstützung. Truppen im Kriegsfall."Also? Was wollt Ihr?"

"Was ich will ist um die Unterstützung der Reiter zu bitten. Es sieht derzeit nicht gut aus im Land, neben dem winzigen König und unserem Lord Regenten gibt es nur eine Familie die derzeit die Macht hat an den Thron zu kommen, die Familie Valeryon." William schüttelte kurz den Kopf und versuchte eine Erinnerung, die ihm bei dem Namen durch den Kopf schoss zu unterdrücken. "Da ich allerdings auf keiner dieser Seiten stehe, aber ebenso wenig selbst nach den Thron trachte würde ich gerne die Blutslinie die ihr auserkoren habt zurück auf den Thron bringen. Die Familie Xeldaric, gemischt mit dem Blute der Armars. Derzeit habe ich aber leider wenig Ressourcen und nicht genug Männer, als das ich ein solches Unterfangen allein bewerkstelligen könnte. Und genau hier kommt meine Bitte ins Spiel. Ich werde versuchen die verschwundene Königin und ihren Sohn zu finden, gleichzeitig muss ich jedoch auch daran denken, was passiert wenn diese wieder an den Königshof kommt. Die Valeryons sind nach Erol die erste Wahl für eine mögliche Thronfolge und sollte Frau Armar wieder allen Erwartens auf diesen gelangen, so wird ihr eine permanente Gefahr von diesem Haus aus drohen. Deshalb bitte ich euch mir zu helfen diese unter zu Kontrolle zu halten, sodass das Land unter der Führung von Alvias Gattin wieder erblühen kann. "

Einen kurzen Moment lang blieb Caladhiels Miene wie versteinert während ihr Blick weiterhin auf dem jungen Mann vor ihr ruhte, dessen Worte in den ersten Sekunden nur schleppend seine Lippen verlassen hatte. Es verwunderte sie, dass der junge Adlige die Sprache ihres Volkes beherrschte und diese so mühelos seine Lippen verließ, das sie für einen Wimpernschlag vergaß, dass sie nur einen Menschen vor sich hatte, der gerade einmal die Volljährigkeit unter dem kurzlebigen Volk erreicht hatte. Ein dunkles Raunen ließ den Boden des Innenhofes wenig später erbeben als Anwar sein verbliebenes Auge auf den Junge richtete und die Lefzen hochzog bis die langen, scharfen Zähne des schwarzen Drachen sich entblößten.
Auch die Mundwinkel der Elfe begannen zu zucken ehe sie wenig später in das leise Lachen ihres Drachen einstimmte und schließlich den Kopf schüttelte während in ihren dunklen Augen unverkennbares Amüsement erschien. "Eines muss man Euch lassen - Ihr habt Mut, junger Fürst", sagte sie und wechselte damit ebenfalls in die Sprache ihres Volkes, die ihr bedeutend leichter über die Lippen glitt als die grobe Sprache der Menschen. "Ihr wollt also die Linie wieder auf den Thron setzen, welche wir - die Reiter - gemeinsam mit den Adligen für die Richtige ersonnen haben?", fragte sie und das Lächeln verblasste wieder. Langsam trat die Elfe ein paar Schritte auf William zu und hob den Kopf bevor sie neu ansetzte und weiter sprach "Ihr schwört, dass Ihr selbst keinerlei Ansprüche auf den Thron erheben werdet, gleichgültig wie stark Eure eigene Armee sein mag oder welcher Groll Euch auch immer gegen das Haus und gegen den wahren König innewohnen mag? Ihr schwört auch im Namen Eures gesamten Hauses und Eurer Verbündeten, dass Ihr treu bleiben werdet? Euch mit aller Macht gegen die Feinde des wahren Königs zur Wehr setzen werdet, die das Reich bedrohen und damit auch den Frieden gefährden?"

"Ich schwöre es." Antwortete der große Mann vor ihm und verneigte sich darauf hin ein weiteres mal. Alwin verstand die Sprache der Elfen inzwischen teilweise. Ganze Sätze konnte er sogar formen,, ohne Caladhiel um Hilfe bitten zu müssen. Doch er fühlte sich leicht fehl am Platz, er hatte erwartetet das die ganze Verhandlung ein wenig anders ablaufen würde. Er hatte sich eine große Tafel voll ehrenhafter Männer vorgestellt die allesamt zu einem Ergebnis kamen und sich nur um Kleinigkeiten zanken, doch stattdessen schien jeder auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein, nun zumindest die meisten, denn der Fürst vor ihm, mit dem strubbelkopf schien recht loyal zu sein. Etwas warme,s weiches schmiegte sich an seine Hand, woraufhin Alwin erbost zur Seite sah. "Nicht jetzt! Aus Anwar!" Rief er lautstark, woraufhin sich sowohl der Kopf des kleinen Wolfes, als auch der des riesigen Drachen zu ihm drehten. "Nicht du! Du Doofdödel!" Schallte er den riesigen Drachen, woraufhin dieser sich leicht verwirrt abwandte. "Können wir noch ein wenig durch die Stadt gehen und uns alles ansehen? Vielleicht finden wir ja sogar eine neue Krücke für Beorn! Seine Alte ist ihm letzten kaputt gegangen als ich ihm ein Bein gestellt habe." Mit zunehmendem Alter war es immer einfacher geworden dem alten Bären und Kommandanten den ein oder anderen Streich zu spielen, was nicht nur Caladhiels Ziehsohn, nein auch für die Rekruten recht amüsant war.