Schummriges Licht fiel durch die hohen Fenster des Gasthauses. Der Schein von Fackeln und brennenden Gebäuden legte eine seltsame Atmosphäre über den Raum und paarte Entsetzen mit einem Gefühl der Sicherheit, welches hier gänzlich fehl am Platz zu sein schien. "Leonard" Redwalds Stimme hallte durch das große Gasthaus und der Wirt der "Engen Pforten" kam hinter dem Thresen hervor, schien verwundert das es jemanden gab der hier herein gekommen war. Die Tür des Gasthauses war mit Brettern vernagelt. Fässer, Stühle, Bänke davor aufgetürmt und doch stand Redwald zusammen mit den beiden Königskindern mitten in dem Gasthaus. "Hab deinen Keller genommen alter Freund. Danke für den Schlüssel. Mach dir keine Sorgen, die Klappe ist gut im Boden verborgen und wie es scheint hat keiner der Invasoren einen Blick darauf erhaschen können es ist dunkel wie in einem Arsch da draußen und die Fackeln machen sie Nachtblind. Hör gut zu - ich benötige Proviant für mehr als eine Woche" erklärte er und warf einen Beutel mit Münzen auf den Tisch. Leonard nickte nur mit großen Augen und rannte nach hinten. "Macht euch keine Sorge Kinder. Ich beschütz euch schon" richtete er schließlich zum ersten Mal seit ihrer Flucht das Wort an den Prinz und die Prinzessin. "Es wird alles wieder gut"
Der Schankraum hatte eine stickige Luft, die man förmlich schneiden konnte, doch war Ethelred in diesem Moment schon froh darüber, sich ein wenig in Sicherheit zu wägen. Doch lange hielt dieses Gefühl nicht an, denn immer wieder stieß Jemand ein paar Mal gegen die verbarrikadierte Tür, bis er es schließlich aufgab. Ob Flüchtige seiner eigenen Stadt oder die fremden Invasoren konnte er dabei nicht sagen, alles was er wusste war, das Ryhar, ihre Heimat, verloren war. „Hey.“ Er hatte seine Schwester ein wenig von den beiden Männern, die von ihrem Körperbau her beinahe Bären gleichkamen, weggezogen und sich daraufhin mit ihr auf eine Bank gesetzt, sodass die Stimme von Redwald nur leise und tumb im Hintergrund zu hören war. Seine Schwester zitterte am ganzen Leib und die dünnen Hände waren in den dicken, verfilzten Umgang gekrallt, während sie noch immer ein leises Schluchzen von sich gab. Ihr Vater hatte ihnen stets beigebracht das Könige nie weinen würden, egal was auch kommen mochte, doch fragte er sich wie man in Momenten wie diesen eine solche Stärke behalten sollte. Schließlich legte Ethelred ihr einen Arm über die Schulter und wiegte sie leicht hin und her, in der Hoffnung das Redwald einen Weg aus dieser Stadt kannte, den die Unbekannten Häscher bisher noch nicht kannten. Als er sich nun zu ihnen wandte und ihnen Mut zusprach, hätte er ihm beinahe entgegnet das weder er noch seine Schwester Kinder waren die nichts verstanden was um sie herum geschah, doch das leise, kehlige Flehen seiner Schwester das alles wieder gut werden solle, lies ihn sich eines Besseren besinnen, sodass er nur knapp angebunden nickte. „Ich bin da … dir passiert nichts.“
Der Erzähler Spielleitung
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Eleonore schob mit einer einzigen Bewegung den dreckigen, zerlumpten Mantel von ihren Schultern und ließ ihn hinab auf die Bank sinken, auf der sie saß, gab damit ihren eigenen Mantel zum Blick frei, den ihr die Zofen zuvor um die Schultern gelegt hatten und der ihr weit lieber war als dieses dreckige Stück Lumpen. Es machte doch keinen Unterschied, wie sie gekleidet waren, wenn die Feinde ohnehin wussten, wie sie aussahen, aber sie hatte begriffen, dass es für den Moment sinnvoller war, den Mund über all das zu halten und so war sie ihrem großen Bruder und Redwald gefolgt während sie eine alte Stoffpuppe an sich gepresst hatte, die ihre Mutter ihr einst geschenkt hatte. Die Straßen waren voller Blut gewesen, voller toter Menschen und voller Soldaten, die sie immer wieder hatten angreifen wollen und von denen kein einziger Mann überlebt hatte, weil Redwald jeden einzelnen von ihnen ermordet hatte und auch jetzt noch, wo sie in einem Gasthaus der Stadt saßen, glaubte Eleonore die grausamen Bilder vor ihren Augen zu sehen, die sie zuvor hatte erleben müssen. "Ich will wieder nach Hause ...", schluchzte sie leise als ihr Bruder den Arm um sie legte und nur allzu gern folgte sie jener Geste, lehnte sich zur Seite und schlang die Arme um den Älteren, vergrub das blasse Gesicht an seiner Schulter, als könne einzig und allein er für ihre Sicherheit sorgen. "Mach, dass das wieder aufhört ... ich will nach Hause ..." Redwalds Worte hatte sie nicht einmal gehört, geschweige denn verstanden, was er mit dem Wirt beredete, der sich hier befand und bislang noch nicht geflohen war, aber es war ihr vollkommen gleichgültig. Sie wollte nichts anderes, als zurück zu ihrer Mutter, zu ihren Freunden am Hof und dorthin zurück, wo sie aufgewachsen war - wo ihr Heim war und wo man sie bestimmt bereits suchen würde, nachdem die Feinde zerschlagen worden waren. "Papas Soldaten schlagen sie alle zurück und dann können wir doch sicher wieder nach Hause, oder? Ethelred ... wir müssen doch nur warten bis alles wieder gut ist, oder?"
Etheldred küsste sie einen kurzen Moment lang auf die Stirn und legte dann ebenfalls eine Hand um die kleine Stoffpuppe, die seine Schwester bereits die gesamte Zeit über umklammert hielt. Wenn die Hauptstadt fiel, und dies würde innerhalb weniger Tage passieren, war der Rest Fyhams kaum noch ein Hindernis, denn die Moral der meisten Männer war mit seinem Vater zusammen gestorben. Seit sie ihre Geschichte geschrieben hatten, hatte es immer einen Herrscher gegeben, doch nun … nein, sie waren nicht führerlos, er selbst war noch am Leben und alt genug, um Entscheidungen zu treffen die ein ganzes Land betrafen. Doch das schniefen seiner Schwester riss ihn aus diesem Gedanken fort, denn ihr war er ebenso verpflichtet wie seinem Land. „Papas Soldaten werden diese Leute hier nicht aufhalten können. Sie müssen sich zurückziehen.“ Seine Hand streichelte kurz über das aufgenähte Gesicht der Puppe und die kleinen Stofffetzen, die die Haare darstellten sollten. „Zurückziehen damit wir unsere Heimat wieder bekommen können. Aber bevor wir wieder zurück können, müssen wir in Sicherheit.“ Die Worte beruhigten sie nicht sonderlich, was nur allzu verständlich war und so streichelte er ihr nur weiter über den Kopf, ein Mantra das ihn selbst zu einer gewissen Ruhe brachte, trotz all der Geräusche um sie herum. „Dir passiert nichts Eleonore. Ich bleibe bei dir, bis wir beide wieder Zuhaus sind, versprochen. Ganz fest versprochen.“
"Wenn ihr dann soweit wäret" schoss Redwalds Stimme wie ein Pfeil durch den Raum und sein Knurren war nicht viel mehr als ein leises Ächzen, dem Dachgebälk nicht unähnlich. "Dann könnten wir nun endlich aufbrechen" erklärte er und warf beiden jeweils einen kleinen Rucksack zu. Er sah die Tränen des Mädchens und ein tiefer Stich durchfuhr sein Herz, doch wenn er nun weich wurde, Zeit vertrödelte oder auch nur ansatzweise begann über die Aussichtslosigkeit ihrer Situation nach zu sinnen, so konnte er sie nicht mehr fortbringen. Wenn er weich wurde, machte er Fehler und wenn das geschah - dann waren sie dem Untergang geweiht. "Junge, kannst du mit dem Schwert umgehen? Und ich meine gut umgehen. Wenn du einen Mann nicht töten kannst, bist du sicherer ohne Waffe, weil dich dann niemand als Gefahr wahrnehmen wird. Also, nimmst du ein Schwert mit oder soll ich es lieber behalten?" fragte er und seine grauen Augen starrten auf Ethelred. "Wir müssen uns beeilen, noch konzentriert sich alles auf das Schloss"
Der schneidende Ton lies Eleonore zusammenzucken, ein Zucken das selbst Ethelred in seinen Händen noch spürte und das er kurz darauf versuchte mit einem leisen Murmeln zu lindern, ehe er sich die beiden Rucksäcke nahm, den einen über den Rücken geschnallt und den anderen an der linken Seite seines Gürtels festgezurrt. „Gebt mir das Schwert.“ Gab er mit einem ebenso strengen Tonfall zurück, ehe er ihm noch einen strengen Blick schenkte und dann zu seiner Schwester hinüber sah. Die militärische Strenge des Mannes in allen Ehren, doch eine derartige Behandlung hatte kein junges Mädchen, gleich in welchem Umstand verdient, erst recht nur die Tochter seines ehemaligen Königs. „Eleonore.“ Bat er sie leise, fasste sie sanft an beiden Armen und zog sie dann auf die Beine. „Bleib bei mir, egal was passiert. Versprich mir das. Und wenn du mich aus den Augen verlieren solltest, folge Herrn Redwald. Nein Eleonore keine Widerrede, wieder haben wirklich keine Zeit mehr.“ Er küsste sie noch einmal auf die Stirn und griff dann nach ihren Händen, die ihre Puppe umklammert hielten, welches der einzige Gegenstand war, der noch an die Unbeschwertheit erinnerte, die vor wenigen Tagen geherrscht hatte. Was er selbst so blind gewesen das er jede Warnung am Hof übersehen hatte, waren die Invasoren einfach derart schnell angereist oder war sein Vater für jedweden Warnruf blind geworden? So oder so mussten sie fliehen, wenn dieses Land, und auch seine kleine Schwester eine Zukunft haben wollten. „Pass gut auf sie auf, hörst du?“