Straßen und Gassen von Aberon

Das dichte System aus Straßen und Gassen, welches durch die Häuser und Schuppen Aberons führen.
Auch in dieser Stadt gibt es einige prächtige Straßen, die recht gut gepflegt werden, doch gibt es auch jene welche stets zu gemüllt sind oder absonderlich riechen.
Meist werden auch jene Straßen gemieden, welche sich in der Nähe der Gerberei befinden. Die hier austretenden Gerüche liegen meist beißend in der Luft, während sich in den Straßen und Gassen bei den Metzgereien meist dunkle Flecken vorzuweisen haben...

In der Nähe der Metzgerei fand Azula einen Falken, welcher sich hungrig auf irgendein Überbleibsel gestürzt hatte.
Jenen Falken erkannte sie sofort, denn an seinen Beinen befand sich ein blaues Band mit einem silbernen Glöckchen.
Ein Raubvogel ihres Herren, welcher hier auf Nachricht wartete. Azula pfiff leise mit ihren Fingern und winkte den Vogel
zu sich, der kurz von seiner Beute aufschaute, dann die Flügel ausstreckte und zu ihr hinüber flog.
Beinahe lautlos ließ er sich auf ihrer Schulter nieder, den Schnabel noch Blut verschmiert.
Rasch zog sie die Nachricht aus ihrem Ausschnitt und band diese an sein Bein.
Auf diese Weise würde ihr Meister schon bald die Nachricht bekommen. Gerade als sie den Vogel einen Schubs geben wollte, damit dieser sich auf den Weg machte, hörte sie leise Schritte hinter sich. Alarmierend fuhr Azula herum, die eine Hand glitt zu ihrem Dolch am Schenkel, der dort mit einem Strumpfband fest gehalten wird.

„So früh schon wach, Azula Cárden?“ Khalid trat hinter dem Schatten einer Häuserwand hervor, wobei seine dunkle Stiefeln über kleine Blutrinnsale hinweg. In seiner Hand blitzten zwei Dolche auf, deren Klingen erst neulich geschärft wurden. Mit einem grimmigen Lächeln schaute er die vermeintliche Heilerin an. „Ich erhielt die Nachricht, dass die drei Heiler sich verspäten würden... alle drei. Da frage ich mich doch, wer ihr wirklich seid? Von einem vierten Heiler weiß niemand etwas. Also... ich rate euch, euch zu erklären... und den Falken behaltet ihr dabei noch ein wenig auf eurer Schulter“, sagte er, wobei er eine Hand hob.
„Eine falsche Bewegung und ich sehe mich gezwungen euren Falken am Fliegen zu hindern und euch...“, er ließ den Satz offen und lächelte charmant, während er langsam näher auf sie zu kam.

Zugegeben sie war wirklich erstaunt den Leibwächter der Königin zu sehen. Wie hieß er denn doch gleich? Irgendetwas mit 'K'. Innerlich zuckte sie gleichgültig mit den Schultern und setzte stattdessen ein ahnungsloses Lächeln auf. „Ach, wirklich?“, entgegnete sie süffisant und strich dabei über das Gefieder das Vogels, welche leise aufschrie, ganz so, als hätte er die Warnung des Menschen verstanden.
„Nun, ich hörte von dem Problem der Königin und entschloss mich spontan aufzubrechen. Ich wusste nicht, dass man sich dafür zwingend vorher anmelden musste, verzeiht. Ich wollte euch und die Königin natürlich keinesweges beunruhigen. Auch wenn ich glaube, dass sie den gestrigen Abend dann doch sehr genossen hat...“, sagte sie, strich dabei über den rechten Flügel des Falken und gab diesem dann einen Ruck. Flatternd und kreischend erhob sich der Raubvogel in die Lüfte.

Ein Dolch surrte durch die Luft und verfehlte den Falken nur knapp, doch bevor Khalid einen zweiten nach dem Vogel werfen konnte, kratzte sein Dolch auch schon über den der Frau. Finster starrte er sie an, stieß sie dann von sich und verschaffte sich zwei, drei Schritte Freiheit, Distanz.
„Waren das wichtige Informationen, die ihr weiter zu leiten hattet? Arbeitet ihr für jemanden? Spricht! Wer ist es? Irgendwelche Adlige? Oberhäupter? Ihr könnt mir nicht weiß machen, dass ihr lediglich eurem Lehrmeister schreiben wolltet, bezüglich Medizin und Heilkunde“, knurrte er, zückte einen weiteren Dolch und stürmte wieder auf Azula zu. Khalid brauchte dabei nicht all zu viel Zeit, nicht all zu viele Klingenstreiche, um zu merken, dass Azula gut durchtrainiert war. Sie war schnell, stark und konnte gut mit ihren Dolchen umgehen. Das würde leider nur halb so leicht werden, wie vermutet... wenn überhaupt....

„Nein“, antwortete Azula knapp, duckte sich im nächsten Moment unter seinen Angriff weg und sprang zur Seite, während sie unter ihrem Mantel den nächsten Dolch zauberte, welcher an ihrem anderen Schenkel befestigt gewesen. Nur mit einem flüchtigen Seitenblick hatte sie zufrieden festgestellt, dass der Falke bereits außer Reichweite dieses Burschen war. Umso besser.
Doch was nun mit ihm anfangen? Sie würde ihn wohl kaum noch vom Gegenteil überzeugen können und die Gefahr war zu groß, dass er sie an die Königin verriet. Dabei hatte gestern alles so wunderbar angefangen. Sie hatte ihn deutlich unterschätzt.
„Ich werde Euch nicht verraten, wem ich diene. Denn dies würde wirklich meinem Tod bedeuten. Im Gegensatz zu dieser kleinen Auseinandersetzung... ich werde Euch wohl aus dem Weg räumen müssen, hoffentlich ward Ihr das letzte Mal nett zur Königin“

„Das hättet ihr so gerne, hm? Glaubt mir, ich bin zu allem bereit, um die Königin zu schützen. Und ihr stellt deutlich eine Gefahr da, ganz gleich, wem ihr dient und für wen ihr das macht – niemand schleust einfach so ungeschehen Informationen aus dem Palast“, sagte er mit erstaunlich ruhiger Stimme, auch wenn Khalid nur all zu gut wusste, dass sie vielleicht sogar ebenbürtig von ihrem Stand und ihrer Erfahrung sein könnten. Doch ganz egal... im schlimmsten Fall stand hierbei das Leben der Königin auf dem Spiel. Das... von Runa. Er spürte den Anhänger seiner Kette, jenen, den er mit Runa gemeinsam hatte. Kalt lag er auf seiner warmen Haut.

„Och, wir rührend... Sie scheint Euch ja sehr am Herzen liegen müssen. Seltsam, wo ward ihr dann gestern den ganzen Abend über? Wisst Ihr, ich hätte es so unglaublich einfach gehabt, sie im Palast umzubringen. So unendlich einfach... Und Ihr war nicht da... Ein Jammer. Und wenn ich Euch jetzt aus dem Weg schaffe, dann ist da niemand mehr, der mich wirklich daran hindern kann. Sie alle glauben meiner Maskerade und ich weiß sie auch perfekt einzusetzen. Runa wird mir bald aus der Hand fressen und dann schlage ich zu. Wie klingt das, hm?“, gab Azula mit einem hämischen Grinsen zurück und strich sich ihr Haar zurück. Die Dolche hielt sie dabei kampfbereit nach oben, erwartete bereits, dass dieser Typ gleich auf sie los gehen würde.

Und so kam es auch. Wütend schnaubte Khalid auf, angesichts der Worte dieser verlogenen Frau und stürmte auf sie zu – wenn auch nur halb so hitzig, wie es den Anschein hatte. Khalid täuschte eine Finte an, schaffte es Azula seinen Dolch über ihren linken Oberarm zu ziehen – in wie weit und tief dieser Schnitt jedoch war, vermochte er nicht zu sagen, denn ihm blieb ihm nicht viel Zeit, da musste er sich auch schon gegen Angriffe ihrerseits wappnen. Klingen klirrten, während um sie herum noch alles leise war. Nur dumpf konnte man irgendwo erste Tierschrei vernehmen, welche gerade auf die Schlachtbank gebracht wurden.

Wie passend. Amüsiert blitzten Azulas Augen auf, als die ersten Tierschreie erklangen. Auf diese Weise würden die Geräusche des Kampfes kaum zu den anderen Bewohner dringen, vor allem da hier kaum einer wohnte, aufgrund der Gerüche und der Blutlachen der Tiere, deren Kadaver man nicht immer verbrannte... Mit einem Ruck stieß sie ihren Dolch gegen den seinen und machte dann einen Salto rückwärts, welchen sie zum Glück auch mit nur einer Hand ausführen konnte. Tatsächlich hatte Khalid sie ernster erwischt, als dieser vermutlich glaubte. Sobald sie wieder auf ihren Beinen stand, griff sie sich an ihren Schulter und spürte das warme, feuchte Blut. Nun, da war sie gespannt, wie er darauf reagieren würde...
„Sieh genau hin...“, raunte Azula ihm zu und fuhr mit ihren Fingern über die Schnittwunde.
„Waise heíl“, flüsterte sie und schmatzend schloss sich die Wunde.

Magie. Khalid hatte Mühe seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten und entschloss sich für einen sofortigen Gegenangriff. Das war nicht gut. Auch wenn er nicht wusste, in wie weit sie in der Alten Sprache bewandert war, so bedeutete doch allein die Tatsache, dass sie diese anwenden konnte eine enorme Gefahr. Er sollte sich daher lieber beeilen, bevor sie weitere Worte sprechen konnte.
Seine Stiefel ließen das verdünnte Blut in einigen Abwasserpfützen aufspritzen, als er durch diese rannte. Die einzelnen Tropfen klatschten zurück auf den Boden, während Khalid auf Azula zu rannte, die Dolche erhoben, die Muskeln angespannt. Jetzt oder nie. Zu spät bemerkte er die plötzliche Bewegung und das schmale Lächeln auf ihrem Gesicht, dass ihn hätte ahnen, vermuten lassen können.

Der Dolch drang in ihr Fleisch und verschwand mit einem widerlichen Geräusch in ihrer linken Schulter. Azula kniff ihr eines Augen zusammen und keuchte kurz schmerzlich auf. Es war ein unangenehmer Schmerz, doch sie hatte ihn absichtlich in Kauf genommen. So konnte er ihr nicht so einfach mehr entkommen... Ihre rechte Hand packte ihn an seinem Hemd, zerrte ihn näher zu sich.
„Das wars“, zischte Azula, wobei sie die Augen gefährlich zusammen gekniffen hatte, unklar, ob sie dies wegen den Schmerzen, oder wegen der Feindseligkeit und der Schadenfreude tat.
Ihre Finger pressten sich gegen seine Brust, als sie bereits ihre Lippen bewegte.
„Jierda!“

Ein furchteinflößendes Krachen ertönte, dann keuchte Khalid und stolperte zurück. Ihm war, als hätte ein Zwerg mit seinem Hammer mit aller Wucht gegen seinen Brustkorb geschlagen. Regelrecht hatte man ihm seinen Atem genommen und ihm wurde augenblicklich schwindelig vor den Augen.
Die Kraft mit der Worte der Alten Sprache ihn getroffen hatte, war erschütternd gewesen, so schlimm, dass Azula ihm damit diverse Rippen gebrochen hatte, von denen eine den Weg in seine Lunge gefunden hatten.
Rasselnd war sein Atem, als er sein Dolch ihm achtlos aus der Hand fiel und er sich mit dieser langsam an den Oberkörper fasste. Blut glänzte an seinen Lippen, schimmerte verheißungsvoll und Unheil verkündend. Langsam rann die Flüssigkeit über seinen Mund, zeugte von dem Schaden in ihm drinnen. Dann gaben Khalids Beine nach und er will in den Dreckder Straße, direkt neben einer dieser rötlichen Pfützen. Bei dem Aufprall stieß eine weitere gebrochene Rippe in seine Lunge, ließen ihn vor Schmerzen sich krümmen.
Sein Atem wurde dabei immer flacher, ganz gleich wie sehr er sich darum bemühte tief Luft zu nehmen... sie hatte Recht gehabt.
Das Schicksal ist ein Biest und eben jenes lächelte nun kalt auf ihn herab.
Das war es wohl... In Gedanken entschuldigte er sich bei Runa... so gern, hätte er mehr für sie getan... und...
Ein letztes Mal atmete Khalid aus, dann erstarrte er und sein Blick wurde glasig.
Versagt...

Höhnisch lächelnd schaute Azula auf den Leibwächter hinab und beugte sich dann zu ihm herunter. Überprüfte, ob sie womöglich irgendwelche verräterischen Wunden hinterlassen hatte – doch dem war nicht so. Jeder andere Dolch hätte diese Wunden verursachen können... bis auf jene Verletzung, deren Ursprung in der Magie lag. Ein Glück, dass es elfische Gegner der Königin gab, neulich erst hörte sie von einem... unvorstellbar wäre es demnach nicht.
Azula schloss die Augen des jungen Mannes, welcher endgültig sein Leben ausgehaucht hatte.
Ein Mann weniger in diesem trostlosen und von Intrigen erfüllten Land.
Murrend stand sie auf, strich sie ihr Haar zurück und zuckte dabei zusammen. Ihre rechte Schulter schmerzte noch immer und ihre Mantel war bereits deutlich in Blut getränkt.
Sie würde auch diese Wunde heilen müssen, auch wenn sie danach erst einmal keine Magie mehr wirken würde. Zu sehr zerrte es an ihren Kräften. Und sie würde frische Kleidung brauchen... Mit diesem Gedanken verließ sie die Gasse und verschwand in dem unübersichtlichem Straßennetz der Stadt.


Tbc: mal schauen

Einer der Metzgerburschen entdeckte beim Entsorgen diverser Abfälle den Leichnahm und meldete dies sofort bei den Waffen der Stadt. Die erkannte Khalid, packten seinen leblosen Körper und brachten ihn in den Palast, sodass sich die anderen von dem grausamen Mord überzeugen konnten.
Zügig, doch auch mit dem nötigen Respekt gegenüber der Leiche, trugen sie ihn durch die Straße, einem Trauerzug gleich.