Gasthaus 'Rouge Amours'

Kharas brachte Coreen zu dem verlassenen Gasthaus, führte sie im sicheren Versteck der Seitengassen durch eine Hintertür herein und schloss diese dann hinter sich.
Das Rouge Amours hatte schon einmal bessere Tage gesehen, einige Abschürfungen an den Balken deuteten auf einen Kampf hin, einzelne Stellen wiesen gar Ruß wie von einem Brand auf.
"Unsere Freundin, Miss Lemour hat sicherlich nichts dagegen wenn wir ihre alte Taverne für einige Tage in beschlag nehmen!" meinte Kharas lächelnd und ließ die Körpermaske fallen, ehe er einen Stuhl herbei zog und sich auf diesem niederließ.
"Was hast du heraus gefunden?"

Angewidert ließ Coreen ihren Blick durch das leere Gasthaus wandern, das mal abgesehen von der letzten Schenke auch nicht gerade das war, was sie sich unter einer Bleibe vorgestellt hatte. Doch eine andere Möglichkeit würde ihnen beiden hier nicht bleiben.
"Ich war eine Weile in dem Gasthaus und hab dort allerlei Dinge gehört, die dich interessieren könnten. Von den Bauern hab ich erfahren, dass ihre Rinder sterben und Kürbisse vor ihren Augen verfaulen, obwohl niemand da war. Von den Händlern hört man, dass eine große Bestellung an der Westseite des Helgrins geliefert werden soll und ein Bauer hat eine seltsame Frau mit einem kleinen, blonden Mädchen gesehen, das geschlafen hat - ganz gleich, wie holprig es war. Baldor hat im Übrigen einen neuen Herren und dieses Mal nicht Klianaessa."

Kharas strich sich sanft über den Bart und schien angestrengt nach zu denken.
"Die Bestellungen am Helgrind könnten unsere Eintrittskarte zu dem Geheimniss sein!" erklärte er dann unvermittelt.
"Wenn es große Kisten sind, könnten wir uns in diesen reinschmuggeln lassen!"

Auch Coreen schien eine ganze Weile über den Vorschlag nachzudenken, war sich aber noch nicht sicher, was sie von Kharas' Idee halten sollte. Gerade nach dem, was sie von den Bauern und Händlern gehört hatte, war ihr ein wenig mulmig zu Mute, wenn sie darüber nachdachte, dass dort vielleicht jemand auf sie wartete, der mächtig genug war auch Kharas ernsthafte Probleme zu bereiten.
"Wir sollten erst einmal durchgehen, was uns dort erwarten könnte und uns darauf vorbereiten. Kharas, es wäre leichtsinnig, wenn wir Hals über Kopf aufbrechen."

"Aber mit jeder Stunde die wir warten, mit jedem Moment den wir Zögern sinkt die Chance, Astaya noch lebend zu finden!" begehrte er auf und erhob sich so schnell, dass der Stuhl nach hinten fiel und mit einem krachenden Laut auf dem Boden aufkam.
Wie ein Tiger im Käfig und krank vor Sorge schritt Kharas auf und ab.
"Wir haben Energiespeicher und unsere Mäntel - wir sind gerüstet, es gibt nichts was wir noch tun könnten selbst wenn wir die genaue Gefahr beim Namen wüssten!"

Die Jüngere seufzte und machte ein paar Schritte zu einem der Tische hin bevor sie sich auf jenen hochzog und die Beine baumeln ließ. Ihre Augen ruhten auf dem abgewetzten Stoff ihres Kleides, das in keiner Weise darauf hindeutete, dass sie im Grunde aus wohlhabenderem Hause stammte.
"Ich versteh dich ja", lenkte sie schließlich ein und hob den Kopf wieder, ignorierte sein nervöses Hin- und Hergehen und versuchte sich von diesem nicht auch noch wahnsinnig machen zu lassen.
"Aber uns jetzt Hals über Kopf in etwas zu verrennen bringt weder uns weiter, noch steigert es die Chancen deine Tochter wieder zu finden. Kharas. Wir wissen nicht einmal, ob wir der richtigen Spur folgen. Dras-Leona hält viele Übel bereit."

Kharas blieb stehen und hielt sich den Schmerzenden Kopf.
Er wirbelte herum und starrte Coreen finster an.
"Dann werden wir sie eben alle Ausmerzen! Ein jedes noch so kleine Übel dieser Stadt! Und wenn ich jedem Schmalspurganoven in dieser verruchten Stadt den Schädel einschlagen muss!" Blut floss aus seiner Nase und tropfte leise zu Boden, Kharas hielt sich die schläfe.
"Dann räuchen wir eben die ganze Stadt aus! Irgendwo wird sie ja wohl sein, und egal wen ich auf meiner Suche aus dem Weg schaffen muss, in dieser Stadt trifft es immer den richtigen!"

Coreen starrte den Meister unverständlich an, begriff nicht, was er da soeben gesagt hatte, denn dem tieferen Sinn seiner Worte lag eine solche Grausamkeit inne, die sie niemals von ihm erwartet hatte. Als ihr Blick auf das Blut fiel, das aus seiner Nase lief, runzelte sie die Stirn und glitt von dem Tisch, auf dem sie saß, hinab.
Etwas war hier faul. Kharas selbst hätte niemals freiwillig derartige Worte gewählt.
Mit festen Schritten trat sie zu dem Meister hinüber und griff nach seinen Armen, hielt diese fester umschlossen als es eigentlich notwendig war und starrte nicht minder finster zu ihm auf, entschlossen dieses Dunkel zu vertreiben, das sich soeben über seinen Geist gelegt hatte.
"Komm wieder zu dir", äußerte sie ohne auf seine Worte einzugehen, festigte ihren Stand um sich gegen ein eventuelles Widersetzen verteidigen zu können.

Kharas wollte etwas erwidern, doch ein stechender Schmerz drang durch seinen Kopf und ob dessen verengten sich seine Pupillen.
Etwas Blut floss nun auch aus den Ohren und Kharas taumelte.
"Es... bei allen Göttern.." langsam entwandt er sich Coreens Griff, schien nicht mehr weiter "gefährlich" zu sein und sackte auf einen Stuhl.
"Das habe ich nicht so gemeint Coreen!" erhob er dann seine Stimme und ein Flehen war daraus zu vernehmen.
"Das habe ich wirklich nicht so gemeint!"

Die Novizin setzte ihm ein paar Schritte nach und blieb neben dem Stuhl stehen, auf den er sich hatte sinken lassen. Sacht legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf - ein Zeichen dafür, dass er sich für seine Worte nicht zu rechtfertigen hatte und sich nicht entschuldigen musste. Schweigend zog sie ein Tuch aus dem Umhang hervor und tupfte damit das Blut fort, das sich seinen Weg über sein Gesicht gesucht hatte, ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen.
Es beunruhigte sie, dass es hier jemanden zu geben schien, der fähig war Kharas zu manipulieren - mehr noch, es war beinahe verstörend nicht mehr zu wissen, wann der Meister wirklich er selbst war und wann nicht. Je näher sie der Gefahr kamen, umso verwirrter und unruhiger wirkte der andere, so dass Coreen allmählich Mühe damit hatte ihre eigene Ruhe beizubehalten.
"Was hat die Arcanea gesagt?", fragte sie um das Thema zu wechseln und auch Kharas von dem Geschehen abzulenken.

Der Knackpunkt, der Teil den Kharas bisher in weiser Vorraussicht ausgelassen hatte.
Aber natürlich, ihm war klar gewesen, dass Coreen irgendwann danach Fragen würde.
Ein bitteres Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit.
"Ich habe mit ihnen Gesprochen..." erklärte er leise.
"Sie sind der Meinung, dass all dies Teil einer Prophezeihung ist, dass nun nur noch das Schicksal entscheidet und sie sich in jenes nicht einmischen.." er schüttelte den Kopf.
"Sie meinten, hätte ich meinen Auftrag damals richtig erfüllt wäre es niemals so weit gekommen..."

"Was?"
Coreens Stimme war vollkommen ruhig, obgleich sie nicht minder Lust dazu hatte gerade irgendetwas zu zerstören, was ihr in die Finger kam. Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein ... nach all dem Guten, was Kharas über die Arcanea berichtet hatte, begann sie nun an dem perfekten Bild zu zweifeln, ebenso wie sie bereits seit der Erzählung im Beor-Gebirge an deren Menschlichkeit zweifelte.
Sie ließen Unschuldige für ihre eigenen Fehler büßen, riskierten, dass ein Mädchen dabei starb, das an diesem Tun und der Schlacht nichts zu verschulden hatte.
"Oh, ich schwöre dir, Kharas. Wenn du die Arcanea nicht nach dem hier verlässt, verprügel ich dich oder lasse Charles' Asylum wieder öffnen, damit du dich da wieder finden kannst", platzte es dann doch aus ihr hervor, doch in ihrer Stimme wurde deutlich, dass ihre Wut nicht ihm galt.

"Das steht leider sowieso nicht zur Debatte.." drang nun die brüchige Stimme ihres Meisters ins Ohr.
"Ehrlich gesagt steht nichts davon zur Debatte...
Sie haben mich aus dem Kloster gebeten, jedoch nicht ohne mir zuvor mein Schicksal zu offenbaren..." er lächelte leise.
"Wenn ich Astaya rette, gebe ich mein Leben. Gelingt es mir nicht wird die Welt in Finsterniss getaucht.."

"Das hätten sie wohl gerne", grollte Coreen und ballte die freie Hand zur Faust, atmete ein paar Mal tief durch um ihre Wut zu zügeln und machte sich innerlich ein paar Notizen. Sie würde mindestens ein Mitglied dieser verdammten Organisation mit ein paar schlagkräftigen Argumenten davon überzeugen, dass nicht irgendein Dunkel die Welt ins Finsternis tauchen würde. Sie würden noch feststellen, was es bedeutete ihrem Meister solch eine Nachricht an den Kopf zu werfen.
"Was ist mit Astaya? Haben sie sie auch hinausgebeten?", hakte sie nach und wandte den Blick zu dem Fenster, an dem gerade ein kleiner Vogel vorbeiflog.
Vogel ...
Großer Vogel ...
"Drache!", stieß Coreen ihre Gedanken laut hervor und machte einen Schritt vor Kharas, ließ sich vor diesem in die Hocke sinken. "Hör mir zu. Die Arcanea mag dich vielleicht nicht unterstützen aber die Reiter werden es tun. Trete mit ihnen in Kontakt. Du bist mächtig genug das auch von hier aus zu tun und bitte sie um Hilfe."

Kharas schreckte bei Coreens Ausruf zuerst zusammen und starrte sie verwirrt an, ehe die Worte die sie ihm an dne Kopf geschmissen hatten sich ordneten und in seinem Geist einen Sinn ergaben.
"Ja, aber... wenn wir Pech haben wird man meine Kontaktaufnahme merken und dann wissen sie wo wir sind!" meinte er und stand langsam auf, strich Coreen über die Schulter.
"Du warst bisher immer eine gute Schülerin, die beste die ich jemals hatte!" er lächelte sie an.
"Dein Teil der Geschichte geht hier zu Ende, geh nach Hause!"

"Vergiss es, Kharas", setzte sie ihm entgegen und schüttelte erneut den Kopf, dieses Mal deutlicher und entschlossener als zuvor.
"Ich gehe nicht nach Hause und ich werde auch nicht von deiner Seite weichen. Selbst, wenn ich dabei sterben werde - dann weiß ich wenigstens wofür ich gestorben bin und dass ich versucht habe etwas zu erreichen. Ich sterbe dann an der Seite meiner Familie und das ist mir mehr wert als ein langes Leben, das ich in Sicherheit führen könnte."
Sie seufzte leise, hob den Kopf und nickte nun während ihr Lächeln ehrlicher wurde als sie die tiefen Sorgenfalten auf seinem Gesicht erkannte.
"Außerdem - wer soll dich denn sonst zur Besinnung bringen? Und nun auf. Wir können jede Hilfe gebrauchen, die sich uns bietet."

"Nungut.." erklärte er und sah zu Coreen hinab.
"Ich glaube egal wie oft ich auf dich einrede und selbst wenn ich dich fessel und knebel du kommst wieder zurück!" stimmte er ihr zu.
"Also gut..." er schloss für einige Momente die Augen, ehe er diese wieder Aufschlug.
"Einen Tag..." erklärte er.
"Einen Tag, dann ist jemand bei uns!"

Müde und erschöpft waren beide als sie ein Gathaus erreichten. Luná schleppte sich von seinem Rücken und streckte sich. Mir tut alles weh weißt du das? EIn ungläubiger blick Naruks streifte sie.
DIR tut alles weh?! Ich musste zusätzlich 50 kg tragen.
Das überhörte sie und betrat das Gasthaus. Sie sah sich um. Sie packte den Wolf an dem Band das notdürftig als Halsband beziehungsweise griff zum fest halten diente.
Ein Blick dahin ein anderer dort hin sie ließ sich an einem leeren Tisch nieder und atmete tief durch während ihr Blick die Gestalten im Gasthaus streiften.

Zufrieden nickte Coreen, erleichtert über die Nachricht, die Kharas ihr soeben mitgeteilt hatte. Sie hatte es sich auch nicht vorstellen können, dass die Reiter Kharas im Stich gelassen hätten und so lächelte sie lediglich still während ihre Gedanken weiterhin durch ihren Kopf rasten und darüber nachdachten, wer ihnen bei diesem Vorhaben noch helfen konnte.
"Kharas ... wir haben einen Tag Zeit. So lange werden wir hier bleiben und keine spontanen Alleingänge machen. Wer kann uns noch helfen? Wer wäre bereit?"
Sie verstummte ruckartig als eine andere Gestalt die Taverne betrat und wandte den Blick über eben jene, erstarrte als sie das Mädchen erkannte, welches mit ihrem Wolf einsam und allein gelassen an der Tür stand. Luná Teraka ... Julian Frooks Verlobte.
"Luná ..."

Kharas wirbelte herum, als er das klicken der Tür vernahm und noch ehe Coreen den Namen der Frau aussprehcne konnte war ein Feuerball dicht an Lunas Kopf vobei geschossen und hinterließ einen großen Brandfleck auf der Wand hinter ihr, die Haare waren leicht angesengt.
"Luná Teraka!" rief Kharas und griff zu einem Dolch welchen er bei sich trug.
"Was bei allen Göttern sucht ihr hier?"

WAS ZUR HÖLLE? schrie sie und schlug sich den Kopf unschön an der Tischkante als sie den Feuer auswich.
Ihre Hände standen in Flammen bereit sich zu wehren.
Ich werde ja wohl meine alte Heimatstadt aufsuchen oder brauch ich dazu schon eine erlaubnis neuerdings?
Hysterisch zitterte sie.

Erschrocken von Kharas feindseliger Begrüßung erhob auch Coreen sich und verengte besorgt die Augen als ihr sein Griff zu den Dolchen auffiel. Schneller als man es der Novizin zugetraut hatte, war diese auf den Füßen und hatte sich vor Kharas geschoben, eine Hand auf dessen Brust gelegt um den Meister zu beschwichtigen und ihn davon abzuhalten dem Mädchen etwas anzutun.
"Beruhigt euch - beide", bat sie leise und schüttelte in Kharas Richtung den Kopf. Wenn er dem Mädchen hier etwas antat würde es Aufsehen erregen und ohne die Verkleidung, die er zuvor gehalten hatte, würde sie das in noch größere Schwierigkeiten bringen.
"Kharas", fügte sie eine Sekunde später eindringlicher hinzu.

"Findest du es nicht etwas merkwürdig" setzte Kharas an und seine Stimme war schneidender als Eis, "dass die Verlobte Julian Frooks kurze Zeit, nachdem sie ihr Gedächtniss wieder erlangt hat direkt nach uns in Dras Leona ankommt und - ganz zufällig - die gleiche leere Taverne als Unterschluof auserwählt wie wir?" er drängte sich an Coreen vorbei.
"Für wen arbeitest du, und was war dein Preis?"

Alles okay in deiner Birne? Ich arbeite für niemand verdammt noch mal ich bin aus freien Stücken hier und es tut mir ja leid aber wir haben einen halben Tages ritt hinter uns und irgendwo muss man sich niederlassne und woher soll ich den wissen das die Taverne verlassen war wenn man von außen Stimmen hört also sag mal echt.Sie schüttelte den Kopf. Ein sturer undruchdringlicher Blick.
Glaub mir oder glaub mir nicht ich arbeite für niemanden ich arbeoite wenn für mich selbs tich bin mein eigener Herr.
Ein murmeln von verscheidensten Flüchen ging ihr über die Lippen aufgebracht über die weniger freundliche Begrüßung.

Erneut schob Coreen sich zwischen die beiden, denn sie befürchtete in jedem Moment, dass erneut das fremde Bewusstsein ihren Meister übermannen würde und ihn dazu trieb Luná etwas anzutun. Die Chance war gering, dass die junge Frau wirklich nur durch Zufall hier hinein gekommen war, doch bei dem Glück, das sie hatte, war es alles andere als abwegig.
"Es ist genug, Kharas", schallt sie den Meister barsch, ungeachtet der Gefahr, die in seiner schneidenden Stimme mitschwang und drängte ihn wieder zurück.
"Wir sollten das in Ruhe klären, ohne den nächsten Versuch einem Unschuldigen etwas anzutun."