Heerlager der Truppen Alagäsia - Aurea

Er würde ihn umbringen, dessen war sie sich sicher. Es würde nicht mehr lange dauern bis er ihm mitten ins Gesicht schlagen und diese ganze Konflikt, welcher sich bereits seit ihrer Abreise aus Alagäsia zwischen Ser Taler von Erlenwald und Alvias Xeldaric entwickelt hatte und bislang noch nicht seinen Höhepunkt gefunden hatte. Immer wieder trieben ihr die Wortgefechte der beiden Männer ein beinahe schadenfrohes Grinsen auf die roten Lippen ehe sie sich dazu beeilte wieder zurück zu den Heilern zu kommen, die noch immer damit beschäftigt waren, das Lazarett zu errichten. Sie hatte es Adriana überlassen, sich um Ileana zu kümmern und einstweilen die Geschicke des Reiches zu lenken, nachdem sie das bereits ohnehin schon seit Monaten tat und hatte ihre eigenen sieben Sachen geschnappt, nur um selbst zu den Truppen der Heiler zu stoßen, die die Soldaten als Tross begleiteten. Bislang hatte sie kaum jemand erkannt und wenn sie ehrlich war, dann war es ihr ganz Recht so. Mit Wehmut hatte sie sich an die unzähligen Reisen erinnert, die sie einst gemeinsam mit Kharas gemacht hatte und wie viel sie damals von der Welt gesehen hatte - dass sie heute ihre Zeit an einem einzigen Ort verbrachte und dort genug zu tun hatte, wäre ihr damals niemals eingefallen. Aber das war nur eines der Dinge, die sich im Laufe der letzten Jahre verändert hatte.
Schmunzelnd horchte sie auf, als die beiden Streithähne erneut an ihr vorüber liefen und sich erneut darüber austauschten, wessen Position in diesem Krieg höheres Gewicht trug, wessen Stimme gehört werden solle und wer mehr Erfahrung hatte. Wer an welcher Position stand und wer aus eben diesen Gründen besser den Mund hielt. Eines musste sie den beiden lassen - sie wurden nicht müde, sich stets und ständig zu wiederholen, selbst wenn im Tonfall der beiden Männer immer wieder der unterdrückte Zorn mitschwang, der sie beinahe lachen ließ. Es würde noch sehr amüsant werden bis die ersten Kämpfe begannen.

"Ser Taler, ich sage es euch ein letztes Mal: Zahlen entscheiden keine Kriege. Der Wille und Glaube entscheidet über Sieg oder Niederlage und nicht die Anzahl der Latrinen mein Herr" erklärte er dem tattrigen Ritter, welcher sich das lächerliche Barrett welches älter als Alvias zu sein schien wie immer quer über das Gesicht gezogen hatte. Mehr als einmal hätte Alvias dieses lächerliche Stück Stoff dem anderen zu fressen gegeben hatte es jedoch unterlassen.
Allgemein war es erstaunlich wie gut die beiden miteinander funktionierten - alles lief reibungslos. Die Moral der Truppen war gut, die Infrastruktur stand mittlerweile. Nur gifteten sich die beiden immer noch so an wie am Tag ihrer Abreise.
"Wisst ihr wer die Soldaten versorgt? Die Heiler und nicht die Brenneisen oder Mulbinden mein Herr! Zu meiner Zeit haben wir zur Not Mulbinden aus Zelten oder Kleidung gemacht! Wenn wir mit Herzblut dabei sind brauchen wir keine Abschlagsrechnung mein Herr! Nein auch keine Überschlagsrechnung - was? Ja ich weiß sehr wohl was das ist!"

„Nun das ihr wenigstens ein paar der Worte eurer feinen Lehrer noch im Kopf habt, will ich doch auch hoffen, denn das würde mir zumindest die Gewissheit geben, dass es noch die Möglichkeit gibt euch eines Besseren zu belehren, Ser Xeldaric!“ Er schob sein Barrett wie so oft in den letzten Stunden zurecht, zupfte ein paar Mal an der daran befestigten Feder und musterte den Mann vor sich. Er schien vom Zahn der Zeit nicht einmal ansatzweise so hart getroffen zu sein wie er, denn bis auf das langsam grau werdende Haar deutete nichts sein hohes Alter an.
„Und wenn ich allein das Wort Herzblut höre, ein Glaube entscheidet keinen einzigen Kampf, so wahr ich hier stehe. Es ist Vorbereitung, Taktik, Wissen, Spionage, Präventivschläge – all dies kenne ich aus meiner Zeit in der ich die Wachen mehrere Städte gleichzeitig koordinierte, denn bei diesen ist es gang und gebe mit weit weniger Mitteln Situationen zu lösen, die noch heikler sein können. Denn dort in der Stadt wird es niemanden geben, der im Nachhinein einen unserer Männer wegen unzüchtigen verbalen Äußerungen anzeigen kann. Die Mathematik Ser Xeldaric, das ist es, was uns den Weg in die Zukunft bereiten wird und uns auch diesen Krieg gewinnen lassen wird. Eine genaue Aufstellung von allen Fakten und ein System, das durch eine intelligente Führung reformiert wird. Stellt euch nur die Möglichkeiten vor! Wir würden gut ein Viertel weniger an Krankheiten verlieren und fast zwei Drittel der Kranken könnten besser versorgt werden, vielleicht sogar später in schreiberische Tätigkeiten eingewiesen werden wenn ihnen Gliedmaßen wie Beispielsweise die Beine fehlen. Eine Vorsorge, die die Armee übernimmt. Die Soldaten fühlen sich an uns gebunden, was uns letztlich noch mehr Freiwillige einbringt. Planung und die Gewährleistung auf ein sicheres Leben, keine großen Ansprachen die ihr Stundenlang vor eurem Spiegel einstudiert.“
Dass er sich bei all dem ein Beispiel an Fyonara genommen hatte, tat seiner Erklärung, zumindest aus seiner Sicht keinen Abbruch, denn bereits die Natur hatte einen entscheidenden Vorteil für einige Tiere, das Mimikri hervor gebracht. Und warum das duplizieren des Zweiten nicht langfristig behalten?

"Ich habe es noch nie nötig gehabt auch nur eine meiner Reden einzuüben!" erwiderte Alvias und schüttelte den Kopf. "Das Konzept der Berufssoldaten mag ja in Fyonara aufgehen und wenn ihr wollt könnt ihr nach diesem Krieg gerne dorthin gehen, wenn es euch so gut gefällt! Aber in unserem Land herrschen andere Regeln! Wir haben andere Ansprüche und solange ich lebe wird das Schwert für das Vaterland und nicht des Geldes wegen geführt! Bei allem Respekt für Fyonara, so sind sie auch nur verstaatlichte Söldner!" er schnaubte.
"Und wenn ihr glaubt, ich sei nicht mehr als ein überholter Ritter oder ein tumber Schlagetot dann empfehle ich euch die Sache noch einmal zu überdenken - und vor allem daran zu denken wer hier noch immer vor euch steht! Ihr seid nichts besseres als ein Besserer Wachmann dem man ein Wappen auf die Brust gedrückt hat! Was wisste ihr schon von Schlachten und Männern? Ihr befehligt Zahlen mein Herr! Mit wie vielen Männern habt ihr bereits euer Blut vergossen? Wie viele Männer vor dem Tod bewahrt? Mit dem Schwert in der Hand?"

„In nicht wenigen mein lieber Herr und wagt es nicht meine Qualifikationen der Berufung noch einmal in Frage zu stellen, denn sie kam von der Königin selbst und ihre Gnaden wird in ihrer Weisheit sicherlich einen Grund gesehen haben, mich für dieses Amt anzuwerben.“ Wie viel Weisheit in der Handlung einer Sechzehnjährigen liegen konnte, ließ er dabei außen vor, auch wenn sie von den jungen Frauen die er bisher kennen gelernt hatte, definitiv die geschickteste in der Rhetorik und in der Logik war und in ein paar Jahren würde sie sicherlich den Ruhm ihres Vorfahren eingeholt haben.
„Ich kämpfte Jahrelang selbst als Hauptmann in einer Stadt bevor ich zum Ritter geschlagen wurde. Kettenrüstung konnte sich Gil`ead allerdings nicht leisten, also waren wir nur mit ein paar Lagen Stoff gepolstert und wenn ihr die Zahl kennen würdet, wie oft mir Arme, Finger und Beine gebrochen wurden, dann würdet ihr nicht so vorschnell mit eurem Urteil sein. Ich sah jahrelang Männer die ich persönlich kannte sterben und habe dadurch eines gelernt. Wenn der Kopf der sie führt nicht fähig ist die tumbe, von der Idiotie getriebene Vorstellung des Kampfes abzulegen in der es vorrangig um Ruhm und Ehre geht, dann werden mehr Männer sterben als es eigentlich nötig ist. Was ich bin Ser Xeldaric ist, was die Zeit aus mir gemacht hat. Jemand der weiß wie man Soldaten, wie man Menschen am Leben hält damit sie eine Zukunft haben, nicht sie zu begeistern, damit sie mit einem wohligen Gefühl im Bauch in die Schlacht rennen.“

"In dieser Schlacht werden hunderte Sterben Erlenwald" antwortete Alvias, nun gepresst zwischen den Zähnen hindurch und blieb stehen, zwang so auch Taler anzuhalten während die beiden nun direkt neben dem Lazarett standen. "Und weder eure Latrinen, noch eure Zahlen werden sie davor bewahren. Sie werden erstochen, von Pfeilen durchbohrt, von Pech verbrannt oder zerschmettert werden und ich werde an jedem einzelnen Tod schuld sein. Sie werden sterben Erlenwald und weder ihr noch ich können daran etwas ändern. Aber wenn sie sterben, dann mit einem Lächeln in ihren Herzen. Dann nicht voller Furcht. Dann werde ich den Familien sagen können, dass sie in Ehre und als mutige Männer gefallen sind. Ich werde den Familien in die Augen blicken müssen während ihr Zahlen in eurem Buch durchstreicht. Wenn das Idiotie ist Erlenwald. Dann will ich nicht in eurer Welt der Zahlen leben. Lieber vergieße ich mein Blut. Lieber Sterbe ich in Würde und Ehre als eine Zahl in einem eurer Bücher zu werden"

„Ob sie nun mit einem Lächeln sterben Ser Xeldaric oder mit einem grimmigen Gesichtsausdruck, ich bin der festen Überzeugung das jeder von uns selbst entscheidet wie er sein Leben führt und das jeder von uns in der Lage ist zu entscheiden, mit welchem er diese Welt verlässt. Ich mag keine Inspiration sein, für keinen meiner Männer. Denn ich bin der derjenige den sie verfluchen wenn sie länger bleiben, weil ich ihnen aufgetragen habe die Gräben tiefer zu schaufeln, weitere Stunden den Lanzenwall zu üben oder weil ich ihnen das Fell über die Ohren ziehe wenn sie sich nicht einen Moment lang so verhalten, wie Soldaten es tun sollten. Es mag fyonarisch klingen, ja, doch ist dieses Prinzip so falsch? Wir sind eine eigene Kultur und werden es immer bleiben, denn, auch wenn ihr es vielleicht nicht glaubt, ich liebe mein Land mindestens genauso sehr wie ihr, wenn nicht mehr. Doch warum es verweigern, was uns fast bereitwillig dargeboten wird? Aus der Erklärung heraus das das alte Besser ist? Viele unserer Akademiker sind sich einig das wir lange Zeit nicht einmal eine vernünftige Sprache hatten und uns nicht durch Grunzgeräusche und Handzeichen verständigten. Der Fortschritt ist unaufhaltbar Ser Xeldaric und wenn unser Land es ist dass sich aus falschem Stolz diesem Fortschritt verschließt, dann will ich lieber in dem Wissen untergehen, dass ich versucht habe was ich konnte um zu reformieren. Denn untergehen werde ich, sollte mein Land es tun.“
Er nahm den Hut von seinem Kopf und das graue, verfilzte Haar, das an vielen Stellen bereits so rar gesät war, dass man die Kopfhaut sehen konnte kam zum Vorschein. „Ich werde den Verletzten hier meine Ehrerbietung geben so gut ich kann und dann sollten wir uns beide zur Ruhe begeben, der morgige Tag wird vieles bringen… doch, glaubt ihr das ein Lächeln auch nur in einer dieser Moment des kommenden Tages helfen wird?“ Er sah ihn mit einem fragenden Gesicht an, ohne ein Lächeln, ohne einen Ausdruck der Verachtung. Dann wandte er sich langsam um.

"Glaubt mir, Ser von Erlenwald - Ihr habt noch nicht an dem Bett eines Sterbenden gesessen, wenn Ihr das wirklich behauptet. Es macht vielleicht für euer Reich keinen Unterschied, vielleicht noch nicht einmal für die Heiler oder Kommandanten, aber es macht einen Unterschied für die Sterbenden, ob sie guten Gewissens und zufrieden in den Tod gehen oder ob sie sich fragen, wieso sie hier waren. Weshalb sie diesen Kampf fochten und für was sie in diesen Krieg zogen, ihre Familien verließen und die Gefahr eingingen, nie wieder zurück zu kehren", vermeldete mit einem Mal Caladhiels Stimme zwischen die Streitigkeiten der beiden Männer und die Elfe trat mit festen Schritten nach vorn, ließ ihren Blick sowohl über Alvias, wie auch über den alten Ritter wandern, mit welchem dieser sich über die ganze Zeit hinweg gestritten hatte. Sie mochten beide andere Ansichten haben und keine davon war wirklich gänzlich falsch, wenngleich auch keiner von ihnen beiden letzten Endes wusste, was der Krieg für die einfachen Soldaten, für die Verletzten und Sterbenden bedeutete - umso wichtiger war es nun, dass sie die beiden nicht in ihrer Ansicht noch bestärkte und sie weiter auseinander driften ließ.
"Die Männer brauchen Etwas, an das sie glauben können. Etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt und woran sie erinnert werden, wenn die Trommeln des Feindes erklingen oder das heiße Pech ihre Freunde dahin rafft. Etwas, wofür sie ihr Schwert erheben werden und wofür sie eines Tages vielleicht heimkehren oder aber an der Tafel ihrer eigenen Götter speisen werden. Eure Latrinen, Eure Zahlen, so wichtig sie auch sein mögen, werden keinen von ihnen dazu bringen, zu streiten und sich über einen Feind zu erheben", ließ sie folgen und schüttelte langsam den Kopf, ließ für einen einzigen kurzen Moment lang zu, dass sich der Schatten vergangener Schlachten auf ihrem Gesicht wiederspiegelte.
"Die Männer hier brauchen jemanden, der für sie zum Symbol ihrer eigenen Hoffnung wird. Der für sie aufsteht und zu dem sie aufblicken können. Sie brauchen Mut und den unerschütterlichen Glauben. Das, was sie brauchen, ist ein Anführer."

Alvias wandte sich zu Caladhiel um, welche an sie beide heran getreten war und dem Einen wie dem Anderen den Kopf Wusch. In der Regel hasste er es, wenn so etwas geschah jedoch hatte Caladhiel die seltsame Fähigkeit jemanden für sich einzunehmen und ihm das tiefe Gefühl zu geben, was auch immer sie sagte sei durchaus und völlig berechtigt. Und eben jene seltsame Magie griff auch nun und spülte über ihn hinweg, nahm alle Widersprüche mit sich und ließ ihn sprachlos zurück. Es dauerte einige Augenblicke bis sein Verstand wieder gänzlich zurück gekehrt war und ihn erneut Handlungsfähig machte.
"Wir sollten einander nicht die Pest an den Hals wünschen Ser Taler - ich erkenne durchaus die Notwendigkeit eurer Zahlen an. Aber ich schwöre euch bei Melitele, wenn ihr mich noch einmal behandelt als sei ich ein seniler alter Narr dann werdet ihr bis zum Ende des Krieges nur noch Hirsebrei essen können!"

„Ich habe nur das dumpfe Gefühl Ser Xeldaric, dass ich in eurem Feuereifer dann nicht viel mehr zu tun brauche, als euch eines meiner Beine zu stellen damit ihr der Nase nach auf den Boden fallt.“ Taler schüttelte den Kopf, wobei er nicht genau zeigte ob über seien eben gewählten Worte oder die gesamte Situation. „Doch ich muss mich dennoch entschuldigen, bei euch, Ser Xeldaric ebenso wie bei euch Hochmeisterin Ithilwen, denn euch tat ich Unrecht indem ich euch einige, gewiss bestehende Kenntnisse absprach und bei euch weil ihr diese Unterhaltung, die gewiss nicht eurem Niveau entsprach, mit anhören musstet.“ Er verneigte sich einen Augenblick lang vor der Elfe und der derzeitigen Hochmeisterin, woraufhin seine Knochen ein leises Knacken von sich gaben, ehe er sich wieder aufrichtete.
„Und die Einführung einer symbolträchtigen Figur die für Sieg und Aufopferung steht halte ich für keine schlechte Idee, zumindest so lange man darüber hinaus nicht das eigentliche Bestreben des Krieges vergisst.“

"Letzten Endes ist jeder einzelne Tod auf diesem Schlachtfeld einer zuviel. Jede Unterredung über das, was notwendig ist und wie viele wir an einer Seite opfern müssen, der falsche Weg. Es ist unser Ziel, die Leben unserer Männer zu retten und sie sicher wieder heim zu führen. Wir werden nicht jeden von ihnen retten können, das ist mir bewusst, aber ist es trotzdem falsch, es zu versuchen, Taler?", fragte Caladhiel lediglich mit einem milden Lächeln und gab sich nur wenig später kopfschüttelnd selbst die Antwort darauf, während sie die ersten Schritte durch die Zeltreihen machte und die beiden kurzerhand sich selbst folgen ließ, damit sie ihre weiteren Worte hören konnten. Es waren so unzählige Schlachten gewesen, die sie geschlagen hatte, unzählige Varianten an Gegnern, die dieses Leben ihr geboten hatte und die ihr allesamt etwas von ihrem eigenen Lebensmut genommen hatten, doch hier und jetzt fühlte sie sich wieder so, wie es einst war. Als sie selbst noch gewagt hatte, Träume und Hoffnungen zu hegen und sich gewünscht hatte, sicher zurück nach Hause zu kehren.
"Jeder Einzelne dieser Männer ist fern von Zuhause. Jeder von ihnen ist für sein Land in den Krieg gezogen, vielleicht sogar nur, weil es ihm befohlen wurde und jeder von ihnen fürchtet sich vor dem kommenden Morgen. Sie quälen sich jeden Morgen aus den düsteren Träumen, nur um zu erkennen, dass es keine Besserung bringt. Die Veteranen von ihnen wissen, dass es zehnfach so lang dauert, eine Seele zusammen zu setzen, wie sie zu zerbrechen, aber sie geben nicht auf. Sie stehen hier und sie vertrauen euch beiden als ihre Heerführer", führte sie fort und schob sich mit einer Hand eine dunkle Strähne aus dem schmalen Gesicht, in dem inzwischen ein wissendes Lächeln ruhte. "Anführer wählen die Männer selbst aus. Niemand anderes und all jene, die am Lautesten danach schreien, werden am Wenigsten von den Männern geschätzt. Sie sind es, die für euch sterben werden, nicht umgekehrt. Vergesst das nicht, wenn ihr die Befehle gebt. Steht an ihrer Seite und lasst sie hoffen. Das Lächeln, das ihr bringen könnt, ist ihr größtes Geschenk."

"Ich werde mein möglichstes tun. Das mache ich immer" erwiderte Alvias und nickte Caladhiel zu, welche mit ihrer Rede all das ausgedrückt hatte was er Taler versucht hatte zu erklären, wenngleich dieser auch immer noch nicht überzeugt zu sein schien. Taler war ein Griesgrämiger, alter Kerl welcher sich wohl niemals mit solchen Begriffen wie Ehre oder Glaube abfinden würde.
Schon wieder stieg die unglaubliche Wut in ihm hoch welche sich auf Taler fokussierte - Alvias kannte die Männer unter seinem Kommando. Er aß und trank mit ihnen wenn er die Zeit dafür fand. Er übte mit ihnen aus dem Platz und er fühlte sich für jeden von Ihnen verantwortlich. Taler jedoch war der Meinung es würde die Männer weiter bringen wenn er ihnen seine Version der Wahrheit aufdrückte. Taler würde jedem Soldat sagen, er wäre ein austauschbarer Niemand dessen Tod keine Bedeutung habe - eine Aussage die alles zerstören konnte. Zahlen. Es drehte sich für diesen Mann alles nur um Zahlen. "Hört ihr Taler? Diese Frau spricht die Wahrheit und... was machen die denn hier?" Alvias war mitten im Satz verstummt und sah in Richtung Osten wo einige Männer in dunklen Rüstungen aufmarschierten. Auf ihrer Brust war die rote Flamme Ryantis gemalt.

Langsam folgte Caladhiel Alvias' Blick gen Osten und erstarrte im selben Moment, als sie die Soldaten sah, welche sich dem Heerlager genähert hatten. Für einen kurzen Moment erstarrte sie, wissend, zu wem diese Männer dort vorn gehörten und erneut erinnerte sie sich an jenes Gespräch, das sie noch vor nicht allzu langer Zeit mit dem einstigen Anführer ihres eigenen Ordens geführt hatte - wie er ihr Hoffnung und Sicherheit versprochen hatte und wütend ballte sie die Hände zu Fäusten. Eragon hatte sie erwischt als sie gewankt war, als sie schwach war und hatte genau diese Dinge ausgenutzt, um sie beinahe vollständig für sich einzunehmen, doch hier und jetzt angesichts der nahenden Schlacht waren jene Zweifel wieder wie fortgewischt. Wollte er jetzt etwa wirklich beweisen, dass ihm etwas an seiner eigenen einstigen Heimat lag und die Truppen Alagäsias unterstützen? Oder war auch das nicht viel mehr als eines seiner zahlreichen Spielchen, um seine Macht zu demonstrieren? Sie wusste es nicht und eben diese Unwissenheit machte sie rasend. "Das werden wir herausfinden", lautete ihre einzige Antwort ehe sie nach vorn schritt, nur um wenig später das Heerlager zu verlassen und auf jene Truppen zuzutreten, welche das Land des Feuers nach Valencia gesandt hatte.
Die blauen Augen der Elfe waren fest auf die Feinde gerichtet, die sich vor ihr erhoben und noch einmal richtete die Elfe ihre Haltung, richtete sich zu voller Größe auf und kontrollierte ihre Atmung. Sie würde hier nicht als schwach dar stehen, sie würde hier nicht als eine Untergebene stehen - nicht, nachdem Eragon ohnehin wissen würde, dass sie ebenfalls hier war. Es war nur ein einziger Schritt, welchen sie schneller wählte als die anderen, und mit dem sie vor Alvias und Taler trat, welche sie bisweilen flankiert hatten während sie auf einem der nahe gelegenen Hügel Anwars wütendes Brüllen hörte, der sich schwarz von dem blauen Himmel abhob und den sie zu sich gerufen hatte, um aus seiner Stärke die nötige Kraft zu nehmen, die sie für dieses Gespräch brauchte. Mit jedem Schritt, den sie nach vorn setzte, schien sie erneut die Hitze ihres eigenen Drachen zu ummanteln, sie spürte die Glut in sich selbst aufwallen, den Schwefel in ihrer eigenen Nase und die Klauen ihres Drachen, die sich tief in den Stein gegraben hatten.
"Ihr seid hier nur ungern gesehen", erhob sie schließlich ihre Stimme und jenes dunkle Grollen ihres eigenen Drachen schwang in jedem Wort mit, welches sie wählte. "Weshalb seid ihr hier?"

Der Mann an der Spitze der Truppe hielt an und hob die linke Faust - eine knappe Geste welche von gewaltigem Gepolter begleitet wurde als alle Soldaten noch einen letzten Schritt machten, ehe sie ihre Schilde auf den Boden rammten und stehen blieben.
Die Gestalt des Anführers war in eine große, aus geschwärztem Stahl gefertigte Rüstung gekleidet, welche zahlrieche geschärfte Kanten aufwies welche im Sonnenlicht silbern glänzten. Sein Helm war mit großen, eisernen Hörnern Verziert während sein Gesicht hinter dem Visier im Schatten lag. "Seine göttliche Herrlichkeit Noreag. Der Gott Imperator sendet seine besten Grüße an Fyonara und Alagaésia-Aurea. Seine Herrlichkeit weiß um die Gefahren welche für eure Länder von diesem Krieg ausgehen und er wünscht, dass die Truppen Ryantis ihre Macht und Stärke zum Wohle eurer Völker nutzen. Seine Herrlichkeit reagierte auf die Bitte des Kaisers de Gaweia und erinnert diesen an ihr Bündnis." kaum hatte er geendet antworteten die Soldaten hinter ihm.
"Betet zum Unsterblichen Imperator - Denn Er ist unser Beschützer. Bewundert den Unsterblichen Imperator - Für Sein Opfer an die Menscheit. Preiset den Unsterblichen Imperator
- Für Seine Strenge Führung. Ehret den Unsterblichen Imperator - Für Seine Ewigwährende Wacht
Achtet den Unsterblichen Imperator - Für Seine Heilige Weisheit. Lobet den Unsterblichen Imperator
- Für Seine Unerschütterliche Kraft. Verherrlicht den Unsterblichen Imperator - Für Seinen Allwissenden Blick. Preiset den Unsterblichen Imperator - Für Seine Andauernde Herrschaft
Heiligt den Unsterblichen Imperator - Denn Er ist unser Herr und Meister. Betet zum Unsterblichen Imperator - Denn ohne Ihn sind wir nichts"

Das plötzliche Auftreten einer fremden Armee, dessen plötzliches marschieren und das überraschende tosender mehrerer Stimmen hatte Taler schließlich dazu gebracht, die Stirn in Falten zu legen und nur mit größter Mühe konnte er sich davon abhalten, den Kopfschütteln zu unterlassen. Mochte er Alvias und seine Ideale auch noch so sehr verteufeln, oder besser gesagt als närrisch bezeichnen, diese Menschen waren der Beweis dafür das es neben dem System unter dem er diente, noch weitaus schlimmere gab. In den Augen der Soldaten konnte man keinen Ausdruck der Emotion sehen, sie standen nur stock und steif da, als würden sie ohne den nächsten Befehl keinerlei eigenständige Handlung mehr durchführen können und wenn die Gerüchte die ihm zu Ohren gekommen waren wahr waren, dann war dies wohl auch so.
Der Gott Imperator – wie er sich selbst nannte regierte sein Reich mit einer Eisernen Hand und jeder der vor ihm stand, war für ihn nicht viel mehr als eine Fliege. Doch es schien sich zu rentieren, denn das die Menschen herabgewürdigt wurden schien ihnen nichts auszumachen, im Gegenteil. „Der schwache Geist sucht sich Befehle um nicht eigenständig denken zu müssen und jede Frage der Verantwortung weiterleiten zu können.“
Etwas, dass auf all die armen Seelen zutraf die gerade vor ihm standen. „Beeindruckend.“ Kommentierte er schließlich das Schauspiel und neigte kurz den Kopf. „Heerführer Taler von Erlenwald, es freut mich.“ „Seelenloser Kommandant der den Charakter einer Scheißhausfliege besitzt.“ „Es freut mich zu sehen, dass auch Ryanti sich verpflichtet fühlt, uns beizustehen.“ „Und euer verdammter Herrscher sich vermutlich im gleichen Atemzug einen Orgasmus zuziehen wird wenn er erfährt, wie ihr hier aufgetreten seid. Ich habe schon vieles erlebt, aber ein Gott in Menschengestalt?“

Wütend trat sie aus dem Lager der Verbündeten, hinaus an die Luft, doch wenngleich auch der kalte Wind ihr um die Nase blies und die schwarzen Haare zerzauste, machte es den Zorn in ihrem Inneren nicht wett. Sie spürte noch immer das dunkle Brodeln in sich selbst, verwünschte sich, weil sie die Beherrschung über sich selbst so schnell verloren hatte und ein Teil von ihr ängstigte sich sogar vor dem, was sie soeben zur Schau gestellt hatte. Sie kannte die Gedanken dieses Mannes, dem sie eben so sehr zugesetzt hatte, wusste, was er ihr vorwarf und mit welchem Abscheu er sie nun sehen würde und eben dies war es, das den Zorn in ihr noch weiter anheizte und für eine Erkenntnis sorgte, die sie niemals hatte haben wollen.
Er hatte Recht gehabt, als er zu ihr gekommen war und mit ihr gesprochen hatte. Die Menschen gingen einander an, selbst jetzt in einem Krieg, den sie doch ohnehin schon wegen nichts führten - sie misstrauten einander, schlachteten einander ohne Grund ab und sie war in diesem Gespräch nichts weiter gewesen als ein politisches Mittel, um die Überlegenheit einer Partei zu symbolisieren. Es musste endlich aufhören - die Reiter waren kein Mittel zum Zweck, sie waren keine gedungenen Mörder und sie selbst war es leid, sich stets und ständig für ihr Tun und Handeln rechtfertigen zu müssen. Diese Männer dort würden die Wahrheit und das Leid in dem Krieg niemals gänzlich begreifen können und dennoch maßten sie es sich an, darüber zu bestimmen, wer starb und wer leben durfte - wem sie vertrauen durften und wem nicht.
Während eines Krieges fanden sie Zeit, darüber zu debattieren, ob man Verbündete fortschickte und aus welchen Gründen? Weil ihr Stolz gekränkt war und sie lieber tapfere Männer ihrer eigenen Reihen sterben ließen, statt sich selbst helfen zu lassen. All diese Kriege, all dieses Misstrauen brachte nichts mehr als weitere Tote auf einem Schlachtfeld, deren Namen vergessen werden würden. Es waren diese Streitigkeiten, die sie einst beinahe ihren gesamten Orden hatten verlieren lassen, diese Streitigkeiten, die sie hatten bei Scorpio zögern lassen und die ihnen nun ebenfalls im Weg standen.
Er hatte Recht gehabt.

Feste, schwere Schritte nährten sich Caladhiel von hinten.
Die spitzen Füße einer schwarzen Rüstung gruben sich in den sandigen Boden, rissen stets ein wenig Boden mit wenn sie sich wieder hoben. Das Licht spiegelte und reflektierte sich auf den geschliffenen und geschärften Rüstungsteilen und warf leuchtende Punkte und Strahlen auf den Boden vor sich. "Caladhiel Ithilwen" hallte seine Stimme leise und wurde zu ihr getragen. Während er noch einige Schritte näher kam ehe er neben ihr stehen blieb.
"Die Menschen werden eure Opfer niemals nachvollziehen können. Sie werden nicht dankbar sein weder für die Hilfe die mein Herr euch zu Teil werden lässt, noch für das was euer Orden hier tut" erklärte er mit blecherner Stimme. "Es wird ein Gemetzel in dem hunderte sterben werden - tausende meiner Soldaten werden mit dem Namen des Imperators auf den Lippen sterben für ein Volk, dass sie verachtet"

"Spar dir die Maskerade, Eragon. Ich kenne dich und jedes deiner Worte lange genug, um zu wissen, wen ich vor mir habe, wenn du den Mund öffnest - die schwarze Rüstung hin oder her. Sie kennen jetzt die Wahrheit über dich und deinesgleichen", war die einzige Antwort, welche Caladhiel verlauten ließ und welcher sie ein knappes Kopfschütteln folgen ließ, mit welchem sie deutlich machen wollte, dass sie bereits längst wusste, dass er hier war, selbst wenn sie sich im Stillen fragte, aus welchen Gründen. Sie wusste nicht, ob ihm langweilig war oder er an dem Anblick von gespaltener Gesichter und zerteilten Körpern etwas Erhebendes erkannte, ob er wahrhaftig versuchte, etwas für das Versprechen zu tun, das er ihr gegeben hatte oder ob er einfach nur keinem einzigen Menschen in seiner Nähe soweit vertraute, dass er ihm die Führung über eine so große Truppenanzahl überließ. Keine Ansicht davon verbesserte ihre momentane Stimmung, keine Ansicht wischte die dunklen Vorwürfe aus ihrem Geist, die sie den Menschen bis vor Kurzem gemacht hatte und keine Ansicht ließ jenen Zorn wieder entflammen, welcher mit seinem Auftauchen hier so schnell verraucht war.
"Du hast mich einst gelehrt hinter das zu blicken, was mir ein Wesen zeigen will", fügte sie noch hinzu ehe sie ein paar Schritte machte und den anderen dazu einlud sie zu begleiten. Was machte es nun noch für einen Unterschied, wenn sie mit ihm sprach oder zurück zu ihrem Drachen kehrte, um dort zu ruhen bis man zur Schlacht rief. Ihre Männer wussten, was zu tun war.

Schwarzer Rauch sickerte aus den Sehschlitzen der Rüstung, verweilte für einige Zeit in der Luft ehe er zu Boden sank und dort zu versicker schien, ehe sich die Rüstung in Bewegung setzte. "Ich bin nicht wirklich hier. Dies hier ist nicht mehr als ein Avatar - eine Gestalt dich ich zuweilen annehme" erklärte er zuerst, während er Caladhiel folgte. Ein dumpfes Dröhnen, wie ein fernes Donnergrollen war unter dem Stahl zu vernehmen während sie sich vom Heerlager entfernten.
"Wieso hast du ihnen das erzählt, was du für die Wahrheit hälst? Welchen Vorteil hast du dir davon versprochen? Außer das sie dir und dem Orden weniger vertrauen werden. Sie werden vereinfachen. Sie werden missinterpretieren und von mir auf alle schließen. Das tun sie immer. Ich kenne das Wesen der Menschen" hakte er nach, ehe sie in der Nähe eines Flusses zum stehen kamen. "Wenn ich dieses Wesen früher erkannt hätte, wäre ich wohl niemals gegangen"

"Ich kann kein Leben auf einem Haufen voller Lügen aufbauen. Sie haben mich lange genug begleitet, als dass ich müde geworden bin auch weiterhin lügen zu müssen. Ich will mich nicht verstecken, wie du es in Ryanti tust - verehrt für etwas, das du nicht bist während sich mein Drache verbergen muss und ich stets aufs Neue fürchte, man könne die Wahrheit über mich und alles andere herausfinden", lautete Caladhiels Antwort auf die Fragen, die der andere ihr stellte und die die Elfe von einem bitteren Lächeln begleitet werden ließ ehe sie sich hinab sinken ließ und nach einem kleinen Stein griff, nur um selbiges wenig später in den Fluss zu werfen. Das war es, was sie waren - Steine,  fortgetragen an einen anderen Ort, den sie noch nie zuvor gesehen hatten und der fern ihrer eigenen Heimat lag. Sie wurden vom Strom der Zeit abgeschliffen bis letztlich nichts mehr von ihnen übrig war und dann verschwanden sie irgendwann einfach und die Menschen vergaßen sie bis nichts mehr blieb außer einer einzigen wagen Erinnerung.
"Es geht mir nicht länger um einen Vorteil in diesem Kampf oder um das Vertrauen der Menschen. Wenn sie mir misstrauen, werden sie wenigstens nicht länger versuchen uns als politische Mittel ihrer Kriege zu nutzen, in der Hoffnung, wir würden die Angst anderer Reiche schüren, weil sie kein Mittel gegen die Drachen fanden. Alles, worum es mir geht, ist die Wahrheit, Eragon. Die Frage, die sich mir stellt, ist doch viel eher - wie wichtig ist die Wahrheit dir noch, Eragon? Wie viel von dir ist hinter der Rüstung und dem Feuer noch von dir selbst?"

"Wahrheit bedeutet nichts für die Menschen und nichts für diese Welt" erklärte er ihr und schüttelte den Kopf während er sich hinkniete und seine Hand langsam in das Wasser hielt, wo es zischte und dampfte. "Wenn ich diese Welt verbessern will, dann werde ich alles dafür tun und wenn die Menschen dafür ihre eigenen Lügen erfinden. Wie will ich sie aufhalten? Sie waren es, die mich einen Gott nannten und ich gab es ihnen. Denn dies war es, was sie brauchten." erklärte er und das scheppern und hallen wurde immer weniger, ehe sich seine Stimme wieder normal anhörte. "Mir hat seit Jahrhunderten niemand mehr die Wahrheit gesagt. Das einzige was ich weiß ist, dass ich es besser machen kann. Aber ich kann es nicht allein. Ich bin ein stolzer Herrscher Caladhiel. Ein Sohn aus der Geschichte. Alles was ich will, was ich immer wollte war eine bessere Welt. Eine Welt in der keine Lügen mehr nötig sind. Noch müssen wir ihr Spiel mitspielen, ehe wir die Mauern dieser Welt einreißen und Lügen der Vergangenheit angehören"

"Und wie lange willst du dir noch sagen, dass die Lügen notwendig sind? Wie lange bis auch du sagst, dass es genug ist, Eragon? Du hast dir einen anderen Namen gegeben, versteckst dich in einer Rüstung, die für dich handelt und spricht während du in Ryanti inmitten von Feuer und Vulkanen ein Versteck gefunden hast, indem du dich unangreifbar fühlst. Du hast dich gern diesen Lügen angeschlossen und du hast längst begonnen, diesen Lügen zu glauben", war die Antwort auf seine Worte, die sie mit geschlossenen Lidern über ihre Lippen brachte und sich nichts mehr wünschte, als dass diese Worte einfach an ihr abprallen würden, statt etwas in ihr hervor zu rufen, das sich wie eine dünne Schnittwunde in ihrer Haut schmerzhaft in ihrer Seele fest setzte und ihr immer wieder ihre eigenen Fehler vor Augen rief. Vermutlich hätte sie einfach gehen sollen, vermutlich hätte sie dieses Gespräch hier beenden und stattdessen um Oromis' Beistand bitten sollen, doch jene Gedanken waren ihr in diesem Augenblick so weit fort wie selten zuvor.
"Würden sie dich ein Schwein nennen, würdest du dann grunzen oder dich in eines verwandeln? Es ist gleichgültig, als was diese Menschen uns bezeichnen, solange wir selbst uns nicht verlieren. Ich habe nichts von alledem vergessen, was einstmals unseren Orden ausmachte und wenngleich ich auch andere Wege zu gehen wage, als Anurin oder du, so ist alles, was ich versuche, unsere Brüder und Schwestern am Leben zu erhalten und ihnen Hoffnung auf ein besseres Morgen zu geben."

"Ich habe mir mehr als einmal gewünscht niemals gegangen zu sein. Den Orden niemals verlassen zu haben" erwiderte er leise und die dunkle Rüstung starrte in den langsam fließenden Bach, auf welchem sich ein Gesicht abzeichnete welches in Ryanti sein eigen nannte. "Ich habe mir hier ein anderes Gesicht zugelegt, einen anderen Namen. Ich habe mich versteckt, das mag sein. Aber ich habe die Zeit die ich mir verschafft habe genutzt. Ich habe heraus gefunden wie wir diese Welt retten können Caladhiel und noch immer steht mein Angebot. Noch immer können die Drachenreiter das tun wofür sie bestimmt sind. Wenn wir die Welt neu geschaffen haben wird keiner deiner Schützlinge mehr sterben. Du wirst niemanden mehr verlieren müssen" die Rüstung blickte auf.
"Wie lange noch, bis diese Welt Vrael verändert? Wie lange noch bis er von der Hand irgend eines Soldaten getötet wird weil er eine Sekunde unaufmerksam war? Weil er zu weich war, wie er immer zu weich ist, weil er ein gutes Herz hat? Folge mir und du wirst nie wieder um ihn fürchten müssen"

Es war nur ein einziger kurzer Augenblick, welcher verstrich ehe Caladhiel nach der Rüstung griff und selbige mit Wucht auf den Boden schmetterte, sie dort festhielt und ihr Gesicht finster auf jenen dunklen Helm richtete, hinter welchem sie noch immer Eragons Gesicht zu erkennen glaubte. Dieser Mann hatte ihr alles genommen - wäre er nicht gegangen, wäre es niemals soweit gekommen und Vrael hätte in Frieden aufwachsen können, mit niemandem, der sein Leben bedrohte, weil er seinen Körper benötigte und niemandem, der ihm nach dem Leben trachtete. Wäre Eragon gegangen, würden sie an diesem Tag nicht hier stehen und sich über diese Dinge Gedanken machen müssen. Alter Zorn, uralte Enttäuschung über sein Gehen quoll in ihr auf und füllte ihren Geist und Verstand, ließ sie erneut die Hände zu Fäusten ballen, wie sie es zuvor bereits bei Taler getan hatte und erneut war es Anwars und ihr eigenes dunkles Grollen, welches sich aus ihrer Kehle empor bahnte und an Bedrohlichkeit gewann.
"Pass auf, was du sagst, Eragon. Hier bist du nicht mehr als eine Rüstung und ich habe kein Problem damit, diese Rüstung in ihre Einzelteile zu schmelzen und zu dir zurück zu schicken, wenn du ihm noch einmal drohst", knurrte sie dunkel und schloss die Augen für einen einzigen kurzen Moment, nur um ihre rechte Hand an das Armgelenk der Rüstung wandern zu lassen und jenes wenig später zu erhitzen. Schwarzes Metall wurde glühend rot und schob sich in die Gelenke der Rüstung ehe es wieder in dem Frühlingswind erkaltete und unbrauchbar wurde. "Du schätzt das Feuer doch so sehr", raunte sie noch mit einem bösartigem Lächeln auf den Lippen. "Ich habe es dir gesagt, ich folge niemandem - auch nicht dir."