Speisesaal

" Daran habe ich keinen Zweifel. ", entgegnete Alvias auf Coreens Versicherungen und nickte ihr freundlich zu.
" Aber auch der Dolch eines Meuchlers oder Gift in einem Becher kann ein königliches Leben beenden. "
Der Herrscher hegte keinen Zweifel daran, dass Olo sich nicht zu einem Mordanschlag hinreißen lassen würde und damit war er als Leibwache hervorragend geeignet. Selbst ohne außergewöhnliche Fähigkeiten. Aber das war nicht der einzige Grund für seine Wahl. Zum einen würde die Wahl Olos als Coreens Leibwache dem Menschen es ersparen, eingezogen zu werden. Als König konnte er nicht einfach Jemanden bevorzugen, nur weil er ein alter Bekanntes seiner Frau war. Vor allem die Fürsten würden sich darüber beschweren. So konnte niemand etwas sagen. Immerhin konnte er nicht die Leibwachen seiner Frau in den Kampf schicken.
Aber Alvias erhoffte sich durch Olos Ernennung noch einen weiteren Vorteil. Er glaubte, dass Coreen sich keinesfalls mehr so leichtfertig in Gefahr begeben würde, wenn sie dabei das Leben eines MEnschen riskieren würde, der ihr am Herzen liegt. Und das würde sie in Olos Fall.

Eine ganze Weile lang lag Schweigen zwischen den drei Anwesenden - ein Schweigen, das Coreen nutzte um ihre Gedanken zu ordnen und das Für und Wider dessen abzuwägen, was ihr bereits seit einer Weile auf der Seele lag und das sie nicht ewig vor ihm verschweigen konnte. Gerade deswegen nicht, weil er bald wieder in eine Schlacht ziehen würde, von der sie nicht wusste, wann er zurückkehrte. Unruhig biss sie sich auf die Unterlippe, kaute eine Weile lang darauf herum ehe sie Olo wieder ansah. "Olo? Tu' mir bitte einen Gefallen und lass uns kurz allein", sagte sie, vermochte jedoch nicht das leise Zittern aus ihrer Stimme zu verbergen, das sich darin eingeschlichen hatte während ihre Gedanken rasten, fieberhaft darum kreisten, wie sie die Nachricht am Besten verpacken sollte und gleichzeitig alle möglichen Reaktionen in ihrem Kopf durchging, von denen sie nicht wusste, welche die Beste wäre.
Die Tür fiel rasch hinter dem jungen Mann ins Schloss. Schneller als sie es gehofft hatte, hatte sie sich doch gewünscht, noch einen Moment länger Zeit mit der Offenbarung zu haben und so überbrückte sie die Stille, die eingetreten war, damit, dass sie erneut ein paar unruhige Schritte durch den Raum tat während sie das flaue Gefühl der Übelkeit, das in ihr aufgestiegen war, zu unterdrücken versuchte und nervös ihre Finger knetete. "Ich ...", begann sie nach einigen Minuten und blieb stehen, wandte sich zu Alvias um und lächelte unsicher. "glaube, es ist besser, wenn du dich setzt bevor ich weiterrede."

Erstaunt sah Alvias die junge Frau an.
" Was.. " Er brach ab und schritt zu einem der Stühle.
" Du sagst mir, wenn ich Alkohol brauchem ja ? ", meinte er zu ihr und griff nach seinem Glas mit Wasser.
Es schien um etwas ernstes zu gehen, dass sie Olo rausschickte.

"Nimm dir lieber den Alkohol und lass das Wasser stehen", riet sie ihm während das Lächeln, das zuvor auf ihren Zügen gestanden hatte, barst als wäre es lediglich aus dünnem Glas gewesen und einer ernsteren Miene Platz machte. Eine Sekunde lang schloss sie die Augen und atmete noch einmal tief durch, brachte jegliche innere Stimmen zum Schweigen, die sie davor warnten, diese Nachricht jetzt auszusprechen, und trat langsam zu ihm hinüber.
"Ich weiß, dass du bald wieder aufbrechen willst und ich will dich nicht länger aufhalten, aber ... ich muss vorher mit dir reden und ich kann das nicht bis nach dem Krieg warten lassen", setzte sie erneut an und schallt sich im nächsten Moment selbst eine Närrin für diesen vollkommen geistlosen Anfang, doch die Worte, die sie sich zuvor zurecht gelegt hatte, waren gemeinsam mit Olo aus dem großen Saal verschwunden und hatten sie unsicher zurückgelassen. "Alvias, ich ..." Sie schüttelte den Kopf, verfluchte ihr Herumgedruckse und fuhr sich durch die dunklen Haare ehe sie erneut begann. "Einer der Heiler hat es vor ein paar Tagen bestätigt, aber ich hatte noch keine Gelegenheit mit dir zu sprechen. Ich ... bin schwanger."

" Was ? ", prustete Alvias, der gerade einen Schluck Wein genommen hatte.
" Aber das ist ja... " Der König sprang vom Stuhl auf. " Das ist...fantastisch. "
Einen Moment lang sah der Herrscher Coreen sprachlos an, dann umarmte er sie.
" Ich werde Vater. ", meinte er leise. " Ich werde Vater. "
Alvias war sprachlos. Damit hatte er nicht gerechnet. Und es war auch nicht unbedingt der beste Zeitpunkt dafür. Es bestand jederzeit die Möglichkeit, dass er im Kampf fiel. Aber zumindest hatte er dann einen Nachfolger, auch wenn dieser noch nicht regieren konnte. Vorrausgesetzt, es wurde ein Junge.
" Hast du schon Wünsche, wie das Kind heißen soll ? ", fragte er schließlich und lächelte Coreen warmherzig an.

Behutsam hatte sie die sanfte Umarmung erwidert und löste sich wenig später ein Stück von ihm, um eine Hand zu seinem Gesicht zu heben und sie an seine Wange zu legen, sacht mit den Fingern über die raue Haut streichend. Sie war erleichtert über die Reaktion, die er gezeigt hatte, erleichtert darüber, dass sie die unverhohlene Freude in jeder seiner Bewegungen bemerkte und doch blieb der freudigen Nachricht ein bitterer Beigeschmack anhaften als ihr bewusst wurde, was eben diese Nachricht wohl gleichzeitig bedeuten musste. "Das war kein Freibrief zum Sterben, Alvias", sagte sie und suchte seinen Blick, um eindringlich in seine Augen zu sehen und ihn von der unausgesprochenen Drohung zu überzeugen und ihm zu vermitteln, wie ernst es ihr damit war ehe sie weiter sprach "Versuch gar nicht erst mich anzulügen, ich weiß inzwischen sehr genau, wohin deine Gedanken gehen und ich will nicht, dass du auch nur mit dem Gedanken spielst zu sterben", schallt sie ihn sacht und schüttelte den Kopf.
"Ich will unserem Kind nicht nur in Geschichten von seinem Vater erzählen müssen, verstehst du? Ich will, dass du hier bist, es aufwachsen siehst und stolz auf die Erfolge bist. Alvias, ich flehe dich an, pass auf dich auf, geh kein unnötiges Risiko für dein Leben ein. Ich ... wir brauchen dich hier."

" Ich werde alles dafür tun, dass ich wieder lebendig zurückkehren werde und wir unserem Sohn ein friedliches Reich überlassen können. " , entgegnete Alvias mit sanfter Stimme. " Das verspreche ich dir. "
Er trat einen Schritt zurück und sah sie entrüstet an. " Und wie kommst du überhaupt darauf, dass ich sterben würde wollen ? Also wirklich...pfff...das Leben ist viel zu schön. "

"Ich sage nicht, dass du es willst - nur, dass es dir leichter fallen würde, wenn du dem Tod ins Auge blicken müsstest", widersprach sie lediglich, wenngleich sich auch aufgrund seines Versprechens ein erleichterter Ausdruck auf ihr Gesicht gelegt hatte. Es war die Sorge und die Furcht davor, eines Tages die Nachricht zu bekommen, er wäre im Feld gefallen, die aus ihr gesprochen und sie dazu verleitet hatte, diese Worte zu formen, die ihr unüberlegt über die Lippen geglitten waren.
"Du bist immer noch ein Krieger, Alvias und ich weiß, dass du lieber jetzt als später aufbrichst. Zeig' ihnen, welche Kraft das vereinigte Reich der Menschen und alle freien Völker Alagaesia's aufbringen können", setzte sie nach einer Weile mit einem entschlossenen Nicken wieder an als sie seine Unruhe bemerkte und streckte die Hand aus, um ihre Finger um die seinen zu schließen. "Erinnere dich an dein Versprechen, wenn du vor den Feinden stehst."
Schweren Herzens löste sie sich wieder von ihm und trat einen Schritt zurück, brachte ein zuversichtliches Lächeln auf ihre Züge, das nur so lange dort blieb bis die beiden Flügeltüren, die zum Speisesaal führten, hinter ihm zugefallen waren, dann brach ihr Optimismus und die Entschlossenheit ein und sie wandte sich ebenso langsam um, den Raum ebenfalls verlassend.

tbc: für Alvias - bei dem Heer
für Coreen - irgendwo im Schloss

Alvias, Coreen und Erol saßen an der langen Tafel des mit Gold verzierten Speisesaals. An den Wänden hingen einige Bilder und Vasen waren auf den restlichen Tischen verteilt. Alvias und Erol unterhielten sich, während Coreen, die Erol gegenüber sichtlich abgeneigt war, sich raus hielt. Vor ihnen standen feine Gläser mit teurem Rotwein.
Nun wand Erol sich jedoch an Coreen. "Es tut mir leid, sollte Henry euch abgeschreckt haben. Er ist netter als man meint...oder besser gesagt als er aussieht.", erklärte er mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen. "Ich werde versuchen ihn so weit es geht vor euch fern zu halten sollte er euch stören. Doch ich kenne ihn schon länger und er ist ein treuer und loyaler Diener.". Erol hob sein Weinglas und nahm einen Schluck. Er war köstlich, fruchtig und doch ein wenig bitter, so wie er es mochte.
"Coreen, ich hatte völlig vergessen euch antworten zu lassen, auf meine Frage wie es euch denn geht?"

"Sorgt Euch bitte nicht um mich - ich neige oftmals dazu voreilig zu handeln und meine Meinung zu schnell zu fassen und ich bin mir sicher, wenn Ihr Eurem Diener Vertrauen entgegen bringt, so habe auch ich nichts vor ihm zu befürchten", antwortete Coreen mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen und stellte ihr Wasserglas zur Seite, um ihre Aufmerksamkeit wieder gänzlich auf Erol zu richten, der bislang in privatere Gespräche mit seinem älteren Bruder vertieft gewesen war und sich nun überraschenderweise an sie wandte. Ihre wahre Ansicht über den Diener, den Erol mitgebracht hatte, verkniff sie sich - der bucklige, kleine Mann war ihr unheimlich und ihr war durchaus der Blick aufgefallen, den dieser immer wieder in ihre Richtung geworfen hatte. Ein Blick, der sie hatte schaudern lassen und in ihr den Wunsch aufkommen ließ, diesem Mann nie wieder über den Weg zu laufen zu müssen - etwas, das sich hier jedoch leider nicht vermieden ließ, zumindest nicht so lang, wie Erol sich hier befand und das würde sich vermutlich noch über einige Zeit ziehen.
"Aber um nun zu Eurer Frage zurück zu kommen - ich erfreue mich bester Gesundheit."

Den Blick nachdenklich auf die Mitte des Tisches gerichtet, saß Alvias neben Erol und Coreen. Die Worte der Beiden drangen nicht wirklich bis zu seinem Gehirn durch und die Flasche mit Wein, die vor ihm stand, war nun beinahe schon bis zur Hälfte geleert. Seine Gedanken waren bei seiner Familie. Er hatte sie schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen, aber doch war in seinem Hinterkopf immer noch der Gedanke gewesen, dass er sie jederzeit hätte besuchen können, selbst wenn er nicht willkommen gewesen wäre. Dass sie nun nicht mehr da waren, war...seltsam. Trotz allem waren sie seine Eltern gewesen und er hatte sie geliebt. Sie hatten ihn aufgezogen und trotz des Zerwürfnisses mit ihnen hatte Alvias sie niemals gehasst oder ähnliches. Im Gegenteil, er hatte sie zeitweise vermisst und nicht selten während der harten Ausbildung bei der Armee war er versucht gewesen, einfach zu ihnen zurückzukehren und das Geschäft zu übernehmen. Es hätte ihm eine Menge Ärger und Arbeit erspart.
Mit einem leisen Seufzen lehnte sich Alvias in seinem Stuhl zurück und nahm noch eine Schluck aus seinem Glas mit Wein.
Es fühlte sich falsch an, dass ihn ihr Tod nach so langer Zeit noch immer so hart traf.

"Es freut mich zu hören, dass eure Schwangerschaft gut verläuft. Das Land wartet sehnsüchtig auf ihren Erben und es würde ein schwerer Schlag sein sollte diesem, oder dem Königspaar, etwas geschehen.", erklärte Erol ernst und sachlich, blib höfflich um nicht den Anschein zu erwecken eine Drohung würde in seinen Worten mit schwingen. Ihr selbstgefälligen, widerlichen....
Erol sah zu Alvias, welcher trist in sein Weinglas blickte. Erol sah kurz auf seinen Teller und streckte dann seinen Arm nach Alvias aus. "Der Tod unserer Eltern ist für uns zwei ein herber Schlag. Als ich davon erfuhr war ich verzeifelt und sorgte mich um dich und Elain, hoffte das ihr es von einer Person eures Vertrauens erfahrt. Das ich es euch nun berichten muss... wundert mich. Aber auf der anderen Seite bin ich froh.", erklärte Erol mitfühlend. Er spielte einen Moment, bevor er Alvias Schulter berührte, mit dem Gedanken, das Gift in seinem Siegelring, in Alvias Glas zu kippen. Doch er verwarf diesen Gedanken und berührte sanft die Schulter seines Bruders, wollte ihm trost spenden.

Aufmerksam hatte sie jeder seiner Gesten beobachtet, hatte jedes einzelne Wort in ihrem Kopf noch einem Revue geschehen lassen, das Erol geformt hatte, doch so sehr sie sich im ersten Moment auch gewünscht hatte, er hätte einen Fehler gemacht, mit dem sie ihm festnageln konnte - aus seinem Blick sprach ehrliches Bedauern und Mitgefühl für die schlimme Nachricht, die er Alvias hatte mitteilen müssen.
Bereits seit einer Weile hatte sie besorgt beobachtet, dass die Weinflasche auf dem Tisch sich immer schneller geleert hatte, dass Alvias selbst während dem Essen stiller geworden war, oftmals in Gedanken versunken und kaum anwesend schien. Sie hatte ihn gewähren lassen, denn so schwer es ihr auch fiel, dies zu tun, kein Wort des Trostes, das sie hätte formen können hätte etwas an dem Schmerz geändert, den er über den Tod seiner Eltern empfinden musste und es war nun an Erol Trost zu spenden und den Zusammenhalt der restlichen Familie zu verdeutlichen. Sie rechnete es dem neuen Fürsten Gil'eads hoch an, dass er reagierte und sich darum bemühte, seinen Bruder aus dem Delirium der tristen Gedanken zu reißen und brachte ein ehrliches Lächeln auf ihre Züge ehe sie sacht nickte, ihren Dank mit dieser Geste zum Ausdruck brachte.
Ihre eigenen Gedanken hatten bei den Worten des anderen zu kreisen begonnen und wollten ihren wirren Geist von dem eingehenderen Befassen mit dem Tod ihres letzten Verwandten abhalten. Bislang hatte sie alle Gedanken von Charles' Tod fern gehalten und hatte sich geweigert, sich anmerken zu lassen, dass das Ende jenes Lebens ihr sehr wohl etwas ausgemacht hatte, insbesondere deswegen, weil sie sich niemals mit ihm hatte aussprechen können bevor er gestorben war. Er musste glauben, sie wäre noch immer erbost über die Dinge, die einstmals geschehen waren und seither ihr Leben verändert hatten.
Langsam nur, als wären sie zäher, feuchter Sand löste sie ihre Gedanken wieder aus der Schlinge der Vorwürfe und richtete ihren Blick erneut auf die Weinflasche auf dem Tisch ehe sie sich vorbeugte und sie ein Stück zur Seite schob. Es brachte nichts den Kummer über den Tod seiner Eltern mit Alkohol ertränken zu wollen, doch sie hütete sich davor diese Worte laut auszusprechen, blieb stattdessen völlig stumm während sie auch sein Glas zur Seite hin fort schob und behutsam den Kopf schüttelte. Vorsichtig, als fürchte sie ihre Berührung könne irgendetwas zertören, strich sie noch einmal über seine Hand und löste dann ihren Griff, überließ es Erol damit den Trost zu spenden.

" Ein Grund mehr, die Fyhamer zurück auf ihren Kontinent zu treiben. ", entgegnete Alvias knapp und straffte die Schultern. Stirnrunzelnd wandte er seinen Blick seinem Bruder zu, der nun auf einmal so mitfühelnd erschien, wo er ihm vorher noch so herzlos den Tod ihrer Eltern überbracht hatte.
" Ich glaube, ich werde mich nun erst einmal zurückziehen. Dein Zimmer wurde inzwischen eingerichtet. " , meinte er zu ihm. Dann schob er seinen Stuhl zurück und erhob sich. " Ich werde mich erst einmal in meine Gemächer zurückziehen. Ich möchte nicht gestört werden. ", verkündete Alvias, neigte dann jedoch den Kopf in Richtung der jungen Königin. " Du bist mir natürlich immer willkommen, Coreen. "


tbc: weg#

Es war ihr schwer gefallen das schmale Lächeln auf ihren Zügen zu halten während Alvias' Blick auf ihr geruht hatte, damit sie ihn nicht weiter beunruhigte, sich nichts von der Sorge und dem Widerwillen anmerken ließ, ihn in diesem Augenblick einfach so allein zu lassen, gerade nach dem Erhalt dieser Nachricht, die ohne Zweifel dafür gesorgt hatte, dass das Licht in seinen Augen getrübt wurde. Der Glanz in den dunklen Seelenspiegeln getrübt worden war und von dem Kummer berichtete, den er versucht hatte hinter der starken, emotionslosen Fassade zu verbergen - ein verzweifelter Versuch, den sie inzwischen leicht durchschauen vermochte und der nur ihre eigenen Sorgen verstärkte.
Schweigend blickte sie ihm nach, hatte zuvor nur ein kurzes, scheinbar unbekümmertes Nicken zur Antwort gegeben und stieß ein leises Seufzen aus als die Tür hinter Alvias ins Schloss fiel und seine Schritte wenig später verstummten, die Stille wieder zurück in den großen Speisesaal trat. Eine Stille, die sie unruhig werden und Erols Erscheinen erneut verfluchen ließ und die sie nur wenig später bereitwillig durchbrach. "Es war ein äußerst unpassender Zeitpunkt diese Nachricht zu überbringen", ließ sie leise und völlig ruhig verlauten und richtete ihren Blick von den geschlossenen Türen des Speisesaals zurück auf Erol, seine Gestalt erneut musternd. Trotz seiner, recht jungen, Position als Fürst von Gil'ead schien er sich bereits an dieses Amt gewöhnt zu haben, denn jede einzelne seiner Bewegungen, jede Mimik sprach von der Arroganz, von der Selbstzufriedenheit und dem Triumph etwas erreicht zu haben.

Das Lächeln wich aus Erols Gesicht. Diese Frau war schrecklich, ein Biest vor dem Herren, das meinte weil es das Bett des Königs teile habe sie etwas zu sagen. Er nahm sein Glas und blickte in das dunkle Rot, wünschte sich dass es das Blut seines Bruders oder seiner Schlampe sei. Er lehnte sich zurück und fasste Coreen ins Auge. Einige Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht und trübten seine Sicht. "Welchen Moment hättet ihr denn als passender empfunden? Wenn ich schon länger hier wäre und er mich dafür verurteilt hätte, dass ich ihm die Nachricht vorenthalten habe?", fragte Erol skeptisch. "Oder hätte ich es erst euch sagen müssen, damit ihr es ihm sagen könnt? Der Moment meiner Ankunft war die meiner Meinung nach beste Gelegenheit. Ohne aufschub und lange Erzählungen.", erklärte Erol mit einem Anflug von Vorwurf in der Stimme.

Ein dunkles Glitzern tat sich in Coreens Augen auf, welches nur allzu deutlich davon berichtete, dass sie die Worte des anderen sehr wohl als Angriff auf ihre eigene Person aufgefasst hatte und nun ebenso wenig davor zurückschrecken würde, diesem Angriff etwas entgegen zu setzen. Er musste begreifen, dass er sich nicht alles herausnehmen konnte, weil er Alvias' Bruder oder der Fürst einer anderen Stadt war, auch ihm waren Grenzen auferlegt und an eben diese würde sie ihn nur allzu gern erinnern. "Ich sprach nicht davon, dass Ihr es hättet mir sagen müssen. Das ist eine Angelegenheit, die mich kaum etwas angeht, Erol", entgegnete sie und streckte die Hand aus, ihr Wasserglas erneut aufzunehmen und es zu den Lippen zu führen - teilweise in dem Versuch ihr mitleidiges Lächeln hinter dem Rand des Kristallglases zu verbergen. "Alvias kam gerade erst aus einem Krieg und er hat viele Menschen dort sterben sehen. Er kam nicht einmal dazu, Ruhe zu finden und kaum, dass sein Tag durch Euer Erscheinen wieder besser wurde, zerstört Ihr durch diese Nachricht alles. Ihr hättet einen anderen Ort für dieses Gespräch finden können als auf den Treppen und Ihr hättet vielleicht ein wenig feinfühliger vorgehen können."

Erol lächelte schmal und nahm einen Schluck aus seinem Glas. Dummes Miststück! "Na ja, ihr habt recht was den Ort betrift. Aber wäre es denn besser gewesen ihm zu sagen dass unsere Eltern tod sind, wenn er wieder einigermaßen über den Berg ist? Hätte ich ihn dann wieder in einen Abgrund der Verzweiflung stürtzen sollen? Momentan kann er sich noch auf sein Kind freuen, doch hätte ich es ihm nach dessen Geburt gesagt, wie hätte er dann wohl reagiert?", fragte Erol und hob eine Augenbraue.
Ich muss einen Weg finden dieses Weib zu beseitigen. Sie ist lange nicht so blau Äugig wie mein dummer Bruder! Will ich an ihn heran kommen, muss sie aus dem Weg. Wenn ich es früh genug schaffe, schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe: die Königin und ihre miese Brut.... "Außerdem werden doch sogar die Treppen wundervoll aussehen, im Gegensatz zu dem Bauernhaus in dem mein werter Bruder noch vor kurzem lebte.", Erols Lächeln wurde freundlicher und ehrlicher, doch in anbetracht der Tatsache in welchem Zusammenhang es so wurde, wirkte er ein wenig boshaft. Erstick an meinen Informationen!

"Bis zu der Geburt des Kindes sind es noch einige Monate hin, lieber Schwager - Zeit genug, als dass du ihm hättest diese Nachricht überbringen können ohne dies sofort zwischen Tür und Angel zu tun, aber nun ist es ohnehin zu spät um etwas daran zu ändern", entgegnete Coreen mit einem amüsierten Lächeln, von dem sie sich nun nicht mehr die Mühe machte, es zu verbergen. Er schien so wenig Ahnung zu haben, dass es in ihr beinahe schon so etwas wie Mitleid erweckte als sie ihren Blick erneut über seine Erscheinung wandern ließ. Nur mit Mühe verbiss sie sich einen spöttischen Kommentar darüber, dass er mit seinem Aussehen und seinem Wesen wohl noch nie die Aufmerksamkeit einer Dame auf sich gezogen hatte, die er nicht im Nachhinein bezahlen musste.
"Was nun wiederum die Vergangenheit meines Mannes anbelangt", begann sie erneut und lehnte sich ein Stück zurück, wobei ihre freie Hand zu ihrem gewölbtem Bauch glitt und sacht darüber strich. "Es ist gleichgültig, welche Dinge sich zuvor abspielten - dies ist nicht weiter von Belang. Er ist als König des Reiches eingesetzt worden, ob seines Wesens und seiner Taten und weder die Fürsten, noch ich selbst wüssten jemand Besseren als ihn, der sich in diesem Amt bewähren könnte. Das Volk brauchte jemanden, der aus ihren Reihen kommt und ihre Sorgen begriff und es liebt seinen König."

Erols Lächeln wurde breiter und in seinen blauen Augen spiegelte sich für einen kurzen Moment die blanke Bosheit. Unwissendes Weib! Er stellte sein Glas zurück auf den Tisch und beugte sich etwas vor. Dann faltete er die Hände auf dem Tisch. "Liebe Schwägerin, ich denke ihr missversteht den Sinn meiner Worte. Ich sprach keines Wegs von seiner ursprünglichen Herkunft. Nein, die Worte "Vor Kurzem", bezogen sich auf eine Zeit von vor ein paar Tagen.", erklärte Erol gelassen und höfflich. Sein Plan würde funktionieren. Die Königin würde er durch einen ständigen Zufluss von Informationen verunsichern und seinem Bruder würde er einfach alles nehmen.
"Ich sprach damit seinen Aufenthalt bei einer kleinen Bauern Familie unweit von Ceunon entfernt an. Soweit ich weiß waren es die... Swansons. Eine kleine Familie; drei Kinder, eine Frau, deren Mann Soldat und Schwiegervater Dichter ist. Mehr weiß ich leider auch nicht."

"Ihr erzählt mir nichts Neues, Erol. Es war meine Idee", antwortete Coreen lediglich mit einem gekünstelten und gut geschauspielerten Lächeln auf den Lippen, verbarg dahinter ihre Überraschung über die Nachricht, die Erol ihr überbracht hatte. Der Name der Familie sagte ihr etwas, nicht zuletzt auch aus dem Grund, da Clara einen der Männer erkannt hatte, der vor kurzem gemeinsam mit einem anderen in das Schloss eingebrochen war. Die Haushälterin hatte sie darum gebeten, nichts gegen den Mann ihrer Freundin, Abigail Swanson, zu unternehmen und sie hatte dem lediglich mit einem müden Lächeln zugestimmt. Inzwischen verstand sie auch, wie es ihm gelungen war sich mitten in der Nacht in die Speisekammer zu schleichen und wer der unbekannte Fremde an seiner Seite gewesen war. Sie würde darüber trotz alledem noch einmal mit Alvias darüber sprechen müssen.
"Aber beantwortet mir eines - spioniert Ihr Eurem Bruder etwa hinterher, denn bislang wusste kaum jemand etwas darüber, dass er sich unter das Volk gemischt hat. Es überrascht mich, dass Ihr trotz all Eurer Pflichten so gut darüber informiert seid, was Alvias tut", fügte sie nach einem Moment hinzu während ihr Lächeln wieder an Ehrlichkeit gewann. "Was wollt Ihr mit dieser Nachricht erreichen? Dass ich ihm zu misstrauen beginne? Dieses Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt, macht Euch also keine Mühe."

Erol schnaubte belustigt. "Nein ICH spioniere eurem Gatten nicht hinter her. Solche Dinge fallen irgendjemandem immer auf und einem anderen werden sie weiter erzählt. So hat es mich mehr gewundert dass ich der einzige war der davon erfuhr.", erklärte Erol gelassen. "Und dass ihr davon wisst, überrascht mich nicht."... wer außer der Hure meines Bruders sollte auf so eine Idee kommen?... "Ich wollte euch damit keines Falls schockieren, informieren oder überraschen. Wozu sollte ich denn? Ich hege schließlich keinerlei Groll gegen euch oder meinen Bruder. Ich wollte bloß Konversation betreiben.", erklärte Erol unschuldig und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
Ihm war es nicht entgangen wie viel Wonne Coreen dabei empfand zu versuchen ihn aus der Fassung zu bringen. Sie war auch eine boshafte Intrigantin so wie er es am Hofe gewohnt war. Er selbst war ja auch zu einem Intriganten Arsch geworden. Doch was interessierten ihn die anderen.

"Weshalb solltet Ihr auch einen Groll gegen uns hegen? Ihr gehört schließlich zur Familie und die sollte, gerade in so schweren Zeiten ja stets zusammenstehen, da seid Ihr doch sicherlich meiner Meinung?", fragte sie, das Lächeln des Mannes erwidernd, wenngleich ihr in diesem Moment auch eher danach war, ihn für die heuchlerischen und falschen Worte zur Rechenschaft zu ziehen oder ihm zumindest die Pest an den Hals zu wünschen. Eines jedoch musste sie ihm lassen, er wusste, was er sagen konnte und wie er jegliche Beleidigung in eine schönere Hülle verpackte - die Gespräche mit ihm bargen stets etwas in sich, das ihren Verstand zum Arbeiten brachte, sie zur Vorsicht mahnte. Er würde ihm mit Sicherheit nicht nachspioniert haben, doch das konnte sie von seinem kleinen, widerlichen Diener nicht behaupten - Erol würde sich bestimmt nicht selbst die Hände schmutzig machen, dafür hatte er genügend Speichellecker um sich geschart, die jeden seiner Wünsche erfüllten.
"Aber Ihr wisst sicherlich ebenso gut wie ich, dass die Wände eines jeden Palastes Ohren haben und nur selten etwas hier wirklich geheim bleibt."

"Na ja, ich bin mir sicher solange wir den Mund halten wird diese Information nicht den Raum verlassen. Und warum sollten ihr oder ich irgendwem davon erzählen? Wir wollen ihm schließlich nicht schaden.", sagte Erol freundlich und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Mit dieser Frau würde er noch seinen Spaß haben. Wie er sie wohl töten würde? Wahrscheinlich etwas unauffälliges; ein Treppensturtz, Gift im Essen oder ein Kissen im Gesicht. Wie viel es wohl kostet eine schwangere umbringen zulassen...
"Ja die Familie muss zusammen halten. In solch schweren Zeiten müssen wir eng zusammen rücken und uns schützen. Man weiß nie wer von hinten auf einen zu kommt, nur zusammen können wir uns schützen.", erklärte Erol und sein Gesicht wurde nachdenklich. Er wollte ihr zeigen das seine Worte der Wahrheit entsprachen, nur durch seinen Gesichtsausdruck. Er durfte seine Pläne nicht wegen seinem Hass auf diese Frau gefährden.

Für einen kurzen Moment war Coreen versucht, ob seines widerwärtigen Lächeln die Augen zu verdrehen und unterdrückte den Brechreiz, der in ihr aufgestiegen war mit einem Schluck Wasser. Der Appetit war ihr seit Erols Erscheinen ihr ohnehin vergangen und so schenkte sie dem Teller, der vor ihr stand und der ihren Magen sonst zum Knurren gebracht hätte, kaum mehr Aufmerksamkeit, zeigte sich stattdessen bescheiden und genügsam und richtete die Augen zurück auf Erol. "Ich bezweifle zwar, dass es ihm schaden würde, doch ich spreche mich auch nicht dagegen aus, wenn Ihr entscheidet Ruhe über diese kleine ... Eskapade zu bewahren", antwortete sie nach einigen Sekunden, die sie zum Nachdenken benötigt hatte, schließlich auf seine ersten Worte hin mit einem schmalen Lächeln und schob mit einer Hand den Teller vor sich liderlich zur Seite um das flaue Gefühl in ihrem Magen durch die starken Gerüche des Essens nicht noch weiter zu verstärken. "Es ist gut zu hören, dass Ihr ähnlich denkt wie auch ich. Gerade die Familie sollte doch stets das Wichtigste sein aber lasst uns nicht weiter über solcherlei Trübsinnigkeiten sprechen. Ihr habt sehr lang nichts von Euch hören lassen wie ich Alvias' Worten entnehmen konnte - hatte dies einen Grund? Haben Euch die Pflichten so sehr in Anspruch genommen?"