Versammlungsplatz

'Mhink!'
Ihr einziger Gedanke, den sie fähig war klar zu fassen glitt zu dem Werkater hinüber. Das Erdbeben hatte viele Teile der Häuser todbringend zu Boden stürzen lassen, doch wie einem Wunder gleich war nicht ein einziger Elf von eben jenen Trümmern verletzt worden.
Es kostete sie alles an körperlicher Kraft, die sie aufbringen konnte, sich wieder auf die Füße zu kämpfen und zu dem Werkater zu taumeln, sich neben jenem wieder zu Boden sinken lassend und die Finger nach dessen leblosem Körper ausstreckend.
" ... Mhink ...?"

Mhink atmete nicht, kein Herzschlag war zu hören als Nyaralin den kleinen Körper des Katers anfasste.
Das weiche Fell war voller Staub welcher sich bei dem Erdbeben darauf abgesetzt hatte, und Mhink hatte die Augen geschlossen, als würde er nur schlafen.

"Nein ... nein ...", wisperte sie, hob den kleinen Körper des Katers hoch und fuhr sacht über Körper, wischte den Staub von dem Fell und schüttelte den Kopf. Der Stein in ihrem Magen wuchs, verhinderte ihr das Sprechen und ließ nur Platz für dumpfen, pochenden Schmerz, der das einzige blieb, was sie spürte. Mhink hatte sein Leben für sie gegeben ... um sie zu beschützen.
"Du kannst nicht einfach sterben ... nicht einfach so ...", brachte sie schließlich über die trockenen Lippen. "Doch nicht um mich zu beschützen ..."

Nur.... noch acht Leben...
Der kleine Kater öffnete sanft die Augen und sah Nyaralin wie nach einem langen schlaf an, legte seine Pfote auf ihr Herz.
Ich lass dich nicht im Stich...

Grenzenlose Erleichterung durchflutete sie, doch der Versuch tief durchzuatmen erinnerte sie bereits im nächsten Moment wieder daran, dass ihr Körper Klias Schlag noch immer nicht vergessen hatte und noch immer Schmerzintervalle ausschickte.
Tränen rannen über die bleichen Wangen der Elfe, versickerten in den blonden Haaren, die ihr über die Schultern fielen. "Ich hatte Angst um dich ... ich hab wirklich gedacht, ich hätte dich verloren ..."

Unsinn...
Er blieb in ihren Armen liegen, auch ihm tat alles weh.
Ich werde immer in deinem Herzen weiterleben, egal was passiert...
Seine Smaragdfarbenen Augen funkelten, er kuschelte sich an sie.
Er war näher an der Schwelle des Todes gewesen als er Nyaralin sagen wollte, all dies war sehr knapp gewesen und er wusste, dass noch viel schlimmeres folgen würde.
Aber das wollte er Nyaralin nicht sagen, nicht jetzt - nicht hier.

Sie nickte langsam, nahm seine Äußerung zur Kenntnis und ließ ihren Blick dann über Ceris wandern. Überall herrschte Zerstörung, Blut benetzte den hellen Waldboden und leblose Körper lagen zwischen Trümmern von Häusern während der Boden zahlreiche Risse aufwies, die das Erdbeben hinein gerissen hatte. Klagerufe waren von überall her zu hören und Nyarálin selbst kam sich seltsam unwirklich in dieser Szenerie vor, schien sich selbst von außen zu sehen, wie sie auf dem Boden saß, einen schwachen Werkater in den Armen während sie selbst nicht fähig war zurück auf die Füße zu kommen.
Dieses Bild der Zerstörung sollte noch lange in ihr Gedächtnis gebrannt bleiben und sie sollte sich noch lange an jene Willkür der Menschen erinnern, die ohne Gnade und Mitgefühl Unschuldige getötet hatten. Sie sah Julians Lächeln vor ihren Augen, wie er glücklich darüber war, dass er Elfen umbringen konnte, seine boshaften Worte, gesprochen von ihm selbst und nicht etwa gelenkt durch den Eldunarí in seiner Brust. Er hatte eine Elfenstadt fast vernichtet, hatte deren Bewohner getötet.
Sie hatte ihm vertraut, hatte ihn als Freund bezeichnet und damit das Schicksal der Elfen besiegelt. Sie war Schuld an alledem, war Schuld daran, dass Ethra wahnsinnig geworden war und nun auch Julian zu der Finsternis in Ethra überlief. Sie allein hatte sich dafür zu verantworten - sie hatte die Elfen nicht schützen können, obgleich das alles war, was sie jemals gewollt hatte.

Mhink strich mit seinem Pföchten durch Nyaralins Haar.
Du kannst nichts dafür Elatraiel,selbst ich konnte es nicht sehen! er stupste mit seiner feuchten Nase gegen ihre Brust.
Wir sollten von hier gehen, suchen wir uns ein unzerstörtes Haus und organisieren von dort den Rettungs- und Aufräumtrupp

Es kostete sie einiges an Mühe wieder zurück auf die Füße zu kommen und für den Bruchteil einer Sekunde explodierte ihre Sicht in bunten Farbschemen ehe sie sich zu einem Bild festigte. Sie musste stark sein. Im Vergleich zu all jenen hier hatte sie nichts abbekommen - hatte nicht eine einzige Verletzung davon getragen während andere ihr Leben gelassen hatten.
Der Schmerz in ihrem Unterleib strafte ihre Gedanken Lügen und aus Reflex legte sie eine Hand auf jenen, biss die Zähne aufeinander bis der brennende Schmerz zu einem dumpfen Pochen abgeklungen war. Nein, sie hatte rein gar nichts abbekommen. Der Schlag war nicht schlimm gewesen, das musste sie sich nur lang genug einreden um sich selbst klar zu werden, dass auch der Schmerz, den sie empfand nichts im Vergleich zu jenem war, den Familien spürten, die Angehörige verloren hatten.
"Ich werde mit Anurin und Kharas sprechen müssen um sie über die Situation aufzuklären. Das ist eine Gefahr, die uns alle etwas angeht."

Ja, aber nicht jetzt - ruht euch aus! sagte Mhink mit einem Tonfall, der keine Widerrede duldete.
Er machte sich Sorgen um die Freundin, was ungewöhnlich war - war er doch sonst immer nur beobachter und mischte sich nicht derart stark in die Belangen der Völker ein.

"Ich habe keine Zeit mich auszuruhen, Mhink", gab sie zur Antwort und schüttelte den Kopf. "Mit jeder Sekunde, die ich zögere, kann ein erneuter Angriff stattfinden. Mhink, mein Volk stirbt während ich nichts tue - das kann ich nicht zulassen."

Verzeih, ich habe mich falsch ausgedrückt - entweder du ruhst dich für einige Stunden aus, oder ich kratz dir die Augen aus! drohte er ihr und klang dabei Todernst.

Für einen kurzen Moment stockte sie, runzelte die Stirn während ihr Blick auf den Werkater gerichtet war. Dann zeichnete sich ein bitteres Lächeln auf ihren Zügen ab. Wenn er ihr die Augen auskratzte, würde sie wenigstens nie wieder das Leid sehen, das sie zu verantworten hatte.
"Weshalb soll ich mich ausruhen, ich habe nichts abbekommen."

Bitte
Es war das erste mal, dass dieses Wort über Mhinks Lippen - bzw. seine Geistige Barriere kam.
Nur einige Stunden - währenddessen bereite ich alles für die Reise vor, in Ordnung?

Noch immer stand der Zweifel in ihren Augen, die innerliche Befürchtung, dass ihnen jene Ruhe zum Verhängnis werden würde - ihnen noch noch vielen anderen Unschuldigen, die Julian und Klia zum Opfern fallen würden, doch Mhink ließ nicht mit sich reden, dessen war sie sich sicher.
"Gut", stimmte sie schließlich seufzend zu. "Ich kümmere mich mit den Elfen hier um alles, bereite du bitte die Reise vor."

Sollte ich zu Ohren bekommen, dass du dich doch überanstrengst dann...
Fress ich dich auf! Irgendwie zumindest..." er sprang von ihrem Arm, machte einige vorsichtige Schritte, ehe er sich sicher war, dass er sich bewegen konnte ohne vor Schmerz zusammen zu klappen.
Ich beeil mich!

Kopfschüttelnd blickte sie dem Werkater hinterher und wandte sich dann wieder jenen zu, die noch dabei waren die letzten Trümmer und Spuren des Gefechts zu beseitigen. Sie fühlte sich noch immer nicht wirklich gut, aber es würde ausreichen um hier etwas bewirken zu können. Überall zogen dunkle Rauchschwaden gen Himmel, verdeckten das dichte Blätterdach und die Klagelieder der Elfen schwollen an, wurden mit jeder Sekunde lauter bis sie selbst den eisigen Wind übertönten, der pfeifend durchs Geäst fuhr.

Mhink hatte Nyaralin nach einigen Stunden wieder aufgesucht.
Eine Kutsche wartet auf uns...

Deutlich erschöpfter als sie eigentlich gedacht hatte, hob die Elfenfrau den Kopf und nickte Mhink zu. Langsam zog sie die Hände zurück, die zuvor noch auf dem blutigen Körper eines Elfen geruht hatten, den sie geheilt hatte. Die Kraft, die sie aufgewendet hatte, war mehr gewesen als beabsichtigt und so spürte sie die Erschöpfung nun durch Mark und Bein gehen als sie sich erhob.
"Lass uns gehen", sagte sie leise, unterdrückte das leichte Übelkeitsgefühl, das in ihr aufgestiegen war. All die Verletzten und Toten, denen sie die letzte Ehre erwiesen hatten.

Geht es?" fragte Mhink, der neben ihr herlief - besorgt um die Freundin.
Er hielt mit ihr Schritt während sie einige Umwege durch Ceris nehme wussten, da an vielen Stellen die Erde aufgeplatzt war und die tiefne krater wie frische Wunden im Fleisch wirkten.

"Es muss", antwortete sie ehrlich während sie sich langsam durch die zerklüftete Gegend bewegte, stets auf den Weg achtend um nicht in einen der Risse zu stürzen, den Julians Angriff zuvor verursacht hatte. Sie hatten keine Zeit mehr ... wenn sie sich nun nicht beeilten würde diese gesamte Geschichte ein böses Ende nehmen, dessen war sie sich sicher.

tbc: somewhere

Sie betrat entsetzt und wie in Trance den Platz auf dem sie schon so oft gewesen war un der sich nun so verändert hatte. Ein Gefühl der Verzweiflung wollte in ihr aufkeimen, doch schell drängte sie es beiseite. Sie musste helfen, das war ihr klar und ihr Charakter schrieb es ihr auch vor.
Jeder ihrer Schritte war vorsichtig, immer darauf bedacht nicht umzuknicken oder ähnliches. Kayth folgte ihr geduckt und leise winselnd.
Was immer das angestellt hat, ist es noch hier? Kann es jeden Moment wieder zu schlagen? ...Ich werde es erwarten. Jetzt brauchen meine Freunde Hilfe!



Erzähler:

Die Zerstörung von Ceris ist Intime bereits ein Jahr her und alles wurde längst wieder aufgebaut

Sie schritt auf den Platz und streckt das gesicht in die helle Morgensonne.
Welch herrlicher Tag
Sie ließ den Blick über den Platz schweifen, auf der Suche nach einem bekannten Gesicht. Dann kniete sie sich hin und streichelte den Kopf ihres ständigen Begleiters, des Fuchses Kayth.
Alles war wieder wie früher. Es war harte Arbeit gewesen die völlig zerstörte Stadt wieder aufzubauen, doch es hatte sich gelohnt. Ihr Heimatstadt erstrahlte im alten Glanz.
Tief atmete sie durch und genoss den jungen Morgen mit jeder Faser ihre Körpers...

Sie brachte einige ihrer fein gearbeiteten Bogen zu dem Geschäft in dem sie sie immer verkaufen ließ und beschloss ein wenig in Du Weldenwarden spazieren zu gehen. Vielleicht fände sie ja auch einen schönen Baum um einen Bogen daraus zu singen... rasch folgte Kayth ihr, mit gespitzen Ohren ud neugierig blitzenden Augen

tbc. : Du Weldenwarden