Hauptgang

Das leise Aufeinanderschlagen von Metall drang durch den größten Raum des Höhlengeflechts, störte Konzentration und hallte von den hohen, steinernen Wänden wieder, schien von allen Seiten zu kommen. Das tanzende Licht der Fackeln enthüllte schließlich die Wahrheit, warf sich auf der polierten Schuppenrüstung einer Kriegerin wieder, die mit ruhigen, fließenden Schritten auf die kleine Gruppe der Magier zutrat, die sich in dem großen Raum versammelt hatten.
In ihrem Gesicht stand Strenge und Verärgerung über Etwas, das auch ihre Lippen zu einer schmalen Linie formte und ihrem Körper die Anspannung ansehen ließ, welche ihr bereits seit Stunden innewohnte. "Lord Kharas", erhob sie die harte Stimme, die das Geräusch ablöste, das sie bei jedem Schritt verursachte während ihr Blick durch das Halbdunkel glitt, den großen Raum und die Gruppe nach dem Angesprochenen absuchte. Es wurde nun endlich Zeit, dass sie agierten und nicht länger darauf warteten, dass die Feinde sie angriffen, als wären sie ein Kaninchen vor einer Schlange, starr vor Furcht.

Kharas saß auf einem Stuhl, starrte Finster in die Flammen eines kleinen Feuers welches die Höhle erleuchtete und zog langsam an einer Pfeife, er wusste das Charles es ihm verboten hatte - aber er brauchte es um sich zu konzentrieren.
"Rätsel in der Finsternis..." murmelte er leise und fuhr sich über den Bart, seine blauen Augen auf das flackernde Licht des Feuers gerichtet.
"Brugge..." murmelte er leise.
"Unbarmherzig... Furchtlos? Nein, Furchthaft.... Ehrenvoll.... Ergeben..."
Er sah auf, als Caladhiels stimme die Stille durchfuhr und blinzelte kurz um die leuchtenden Punkte aus seinem Blickfeld zu vertreiben.
"Lady Caladhiel?"

"Es gibt einige Dinge, über die wir sprechen sollten", erhob sie die Stimme und trat neben den Magier, nachdem sie dessen Tun eine Weile lang mit zusammen gezogenen Augenbrauen beobachtet und seinen Worten gelauscht hatte. Sie waren noch nicht sehr viel weiter gekommen in dem Vorhaben den wahren Namen des Anführers herauszufinden und es verärgerte sie, dass unter diesem einen einzigen Plan alle anderen Vorhaben litten, weil sich ein großer Teil der Heerführer und Kriegsherren auf das Tun des Magiers verließen.
"Unter vier Augen", fügte sie anbei und lenke die hellen Augen kurz zu den restlichen Magiern hinüber, welche wie unter einem imaginären Schwerthieb zusammenzuckten und sich leise nuschelnd zum Gehen wandten. Die Elfe wartete bis die Schritte der Magier verhallt waren und wieder Ruhe in die große Höhle eingekehrt war, dann straffte sie ihre Haltung erneut. "Wir müssen etwas tun. Die Soldaten verlieren immer öfter ihre Beherrschung, von dem König einmal ganz zu schweigen und das Lager war bis vor Kurzem noch gänzlich unbefestigt. Es kann so nicht weitergehen, wenn wir diesen Krieg gewinnen wollen."

"Was soll ich denn tun Lady Caladhiel?" fragte Kharas langsam und erhob sich, versiegelte den Gang zu beiden Seiten mit Magie.
"Ich tue das was mir aufgetragen wurde und was ich kann - das Verhalten des Königs ist allein seine Sache und er wird nicht auf mich hören egal was ich ihm sage. Die Zeit in der mein Wort in diesem Land etwas gegolten hat sind längst vorbei. Ich beherrsche den Thron nicht mehr und ich hege keine Ambitionen diesen Zustand zu ändern" er schüttelte den Kopf und lächelte.
"Der König besitzt die stärke alles zum Guten zu wenden tief im inneren - dieses Volk kann es vollbringen.
Aber die Last ruht nicht mehr auf meinen Schultern Caladhiel, ich bin nur ein alter Mann der seinen Teil zu allem Beiträgt. Ich glaube ihr habt euch den falschen Mann ausgewählt. Wenn ihr an den König heran treten wollt, so sprecht direkt mit ihm!"

"Ich habe den falschen Mann auserwählt?", hinterfragte die Elfe und zog die Augenbrauen verärgert ein weiteres Stück zusammen während sie ihre Position veränderte, worauf die Rüstung, die sie trug, ein leises, beinahe bedrohlich wirkendes Klappern verursachte. "Ich will Euch etwas über die Wahl des neuen Königs erzählen", fuhr sie fort und wandte sich ruckartig herum, nur um ein paar Schritte durch die große Höhle zu treten und an einer Steinwand stehen zu bleiben.
Langsam streckte sie eine Hand aus, berührte mit den Fingerspitzen den kalten Stein und wischte ein wenig Sand zur Seite, der daran klebte, entblößte mit dieser Handbewegung kunstvoll gearbeitete Zeichnungen, die vor langer Zeit eine geschickte Hand gemacht hatte und die eine längst vergangene Geschichte erzählten. Geschichten von Kriegen und ihren Helden.
"Nicht ich war es, die diese Wahl getroffen habe und mein einziges Vergehen in dieser Hinsicht ist es, dass ich einem Reiter und einer jungen Magierin vertraut habe, die ihren Glauben in diesen Mann gesetzt haben. Wen hätten wir krönen sollen, Lord Kharas, wenn nicht einen Mann, der seine Interessen stets zum Guten des Volkes ausgelegt hat? Francois Bartosz um in einer Schreckensherrschaft zu vergehen?"

"Ich sprach davon, dass ihr euch den falschen Mann auserwählt habt um mit dem König zu reden" meinte Kharas und hob die Brauen, während er die Augenbrauen hochzog und ein wissender Blick sich in seinen Augen auftat.
"Aber interessant, dass ihr nicht viel von dem König zu halten scheint - ich hingegen glaube durchaus das er es schaffen kann, dass er sich am Riemen reißen kann wenn ihn jemand dazu... überredet!" meinte er leise und strich sich über den Bart.
"Wir haben aneinander vorbei geredet, jedoch werde ich die mir nun bekannte Information eurer Haltung dem König gegenüber für mich behalten"

"Ich mache keinen Hehl aus meiner Meinung über denjenigen, der zum König gewählt wurde, Lord Kharas", schoss die Elfe mit einem schlichten Lächeln zurück, das über ihre Züge huschte. "Ich bin keine Eurer Adligen, die hässliche Vorhaben hinter schönen Worten verbergen und ich bin nicht wie Ihr, die mit falsch aufgefassten Worten ihren Kopf aus der Schlinge ziehen wollen - ich stehe für jedes gewählte Wort, das meine Lippen verlässt ein", fuhr sie fort während sie sich erneut dem alten Magier zuwandte und zu ihrem zurückkehrte, ihre Belustigung über seine Antwort nicht gänzlich verbergen könnend. Er schien noch immer nicht zu begreifen, dass er seine Macht über die Adligen nicht verloren hatte und dass er noch immer jemand war, auf dessen Meinung gerade die Sterblichen sehr viel gaben, wenngleich er auch einiges an Ansehen durch dunkle Gerüchte über seine Person eingebüßt hatte.
"Doch das ist nicht der Grund, aus welchem ich hier bin. Das Lager muss nicht nur gegen die Krieger geschützt werden, sondern insbesondere auch gegen die Magier."

"Ich habe hier die besten Anti-Magier die das Land zu bieten hat," erklärte Kharas gelassen. Langsam schlug er die Beine übereinenander und legte die Fingerspitzen zusammen
"Ich habe den gesamten Buckel mit Edelsteinen von den zwergen zupflastern lassen welche, von oben betrachtet einige magische Zeichen darstellen, dadurch sind wir vor den gröbsten magischen Angriffen gefeit. Desweiteren habe ich meine Kollegen Zeichen in die eisigen Gipfel ritzen lassen - diese verhindern eine Traumsicht in unser... Lager..." Kharas blinzelte und schlug sich mit der Hand gegen den Kopf
"Die Traumsicht, aber natürlich! Lady Caladhiel wir brauchen sofort so viele Einwohner Teirms wie nur möglich! Und wir brauchen jemanden der Brugge schonmal gesehen hat! Wir benötigen keine Spione!"

Die Elfe brauchte einen Moment bis sie begriff, worauf der Magier ihr gegenüber anspielte, dann aber hellte sich ihre Miene auf. Wenn sie erst die Bewohner Teirms hatten, konnten sie die Ereignisse in der Stadt überwachen, konnten vielleicht sogar Gespräche belauschen und würden informiert sein, bevor sie in eine vom Feind gewollte Falle liefen. "Gut", stimmte sie zu und nickte knapp während ihr Blick noch einmal zu den großen Zeichnungen an den Wänden wanderte. "Dann sollten wir damit beginnen bevor wir unseren Feinden noch mehr Zeit geben, in der sie Pläne schmieden und ihre Truppen mobilisieren können - es wird Zeit, dass wir ihnen zeigen, dass wir den Sieg von Belatona noch einmal wiederholen können und werden."
Langsam schloss sie die Lider und streckte die geistigen Fühler aus, suchte nach dem jungen, aufgewühlten Geiste Vraels und teilte ihm die knappe Information, den kurzen Befehl mit und wartete auf dessen Zustimmung ehe sie sich wieder Kharas zuwandte und den Magier einer ganze Weile lang still musterte. "Weshalb kämpft Ihr?", fragte sie mit ruhigerer Stimme während ihr Blick über sein, von Falten gezeichnetes Gesicht fuhr, die Sorgen und Ängste darin wahr nahm als wären es ihre eigenen. "Wofür kämpft Ihr?"

"Wofür ich kämpfe?" fragte Kharas langsam und nahm die Pfeife wieder auf, kaute an ihrem Mundstück herum und sog den dunklen Rauch ein, ehe er wohlig seufzte.
"Ich kämpfe weil es das richtige ist - ich habe dieses Land durchwandert Caladhiel, viele Jahre lang - ich habe die schlechtesten seiten seiner Bewohner gesehen. Als Spiegel und an mir selbst - und ich habe ihre besten Seiten gesehen. Wir habe soviel Kultur! Soviel Herzensgüte und Freude! All das darf nicht verloren gehen - ich will in einigen Jahren in dem Alagaésia sterben in dem ich aufgewachsen bin - das ich liebe. Ich werde bis zum bitteren Ende kämpfen und nichts wird mich davon abhalten, denn ich habe Menschen die ich beschützen möchte - ich werde entweder im Kampf sterben oder aber friedlich in meinem Alagaésia - aber bestimmt nicht als Sklave in einer pervertierten Parodie unseres Landes unter der Führung dieser Barbaren!" er sah der Elfe lange in die Augen
"Wieso ich also kämpfe? Weil ich all das hier Liebe! In seinen kleinsten Eigenheiten - seine guten, wie seine schlechten Seiten und weil es dieses Land verdient hat das wir dafür kämpfen! Ich habe so lange darum gerungen das all das hier besteht und ich werde es weiterhin tun - bis zu meinem letzten Atemzug!"

Caladhiel lächelte, erinnerte sie diese Antwort doch an ihre eigenen Worte als ihr vor langen Jahren einmal dieselbe Frage gestellt worden war. Damals war sie noch beinahe ein Kind gewesen, jung und voller Hoffnungen, Illusionen darüber, sie könne in einem Kampf Ruhm und Ehre dafür erhalten, dass sie Feinde in die Flucht trieb und das Volk schützte - während der vergangenen Jahre hatte sie lernen müssen, dass es keinerlei Unterschied mehr machte, ob man in einem Krieg lebte oder starb, denn über die Toten wurden dieselben Lieder gesungen, wie über die Lebenden. Den einzigen Unterschied, den es gab waren diejenigen, die zurückblieben und den Tod betrauerten.
"Das ist der Unterschied zwischen uns und den Männern, die dort draußen kämpfen, Kharas", sagte sie und trat zu dem Magier hinüber, ohne ihr Lächeln zu verlieren. Behutsam, als fürchte sie, sie könne mit dieser Bewegung das zarte Schmuckstück an ihrer Hand zerstören, glitten ihre Fingerspitzen über den silbernen Ring, den Caleb ihr geschenkt hatte, bevor er nach Illirea aufgebrochen war. Der Ring, der zum Symbol ihrer Hoffnung geworden war und in dem sie stets die Zuversicht fand, wenn sie glaubte, den Mut zu verlieren. Der Gedanke an ihn war es, der sie aufrecht hielt und sie daran erinnerte, wofür sie kämpfte - für eine Welt, in der sie glücklich sein konnten und in der keine Finsternis ihren Weg verdunkelte.
"Die Männer dort draußen kämpfen, weil sie es müssen - weil sie zu den Waffen gerufen wurden und sich ihrem Land, ihrem König verpflichtet haben aber nur die Wenigsten begreifen, weshalb wir gegen die Fyhamer kämpfen und das ist der Grund, weshalb wir immer wieder Verräter und Rebellen in unseren Reihen haben. Weil sie glauben, dass sich für sie nichts ändert unter einer fremden Herrschaft."

"Nun, dann lasst uns schnell und hart alles nötige vorbereiten! ich werde mich um die Traumsicht kümmern, ich denke Coreen wird die Bestrafung und Entlarvung der Verräter übernehmen während ihr... die Soldaten und die absicherung des Forts übernehmen könntet!" er fuhr sich über den Bart und starrte erneut in die Flammen
"Wir müssen die initiative ergreifen - der Zeitpunkt dafür ist günstig, alles läuft auf ein Ende zu und wir können den Wind in den segeln noch zu unserem Gunsten drehen! Wir müssen handeln!"