Übungsraum

Tiberius lies das Schwert langsam und in Form einer Acht hin und her kreisen, machte einen Schritt nach vorne, zur Seite und Schlug dann in die Luft wie um unsichtbare Gegner nieder zu strecken. "Nimm das Fyhamer! Und das und das!" er sprang vor und zurück, vollführte eine halbe Drehung ehe er wankend wieder zum stehen kam. Er strich sich das lange Haar aus dem verschwitzten Gesicht und sah seinen Vater am Ende des Raumes stehen.
"Vater!" rief er freudig aus und lies das Übungsschwert sinken. "Hat aber ziemlich lange gedauert" fügte er hinzu und schob eine Lippe nach vorne. "Aber jetzt bist du ja da" sprach er das offensichtliche aus und schien sich damit zufrieden zu geben.
"Hast du etwas Zeit mitgebracht?" fragte er schließlich und ging zu einer der Wasserkaraffen, goss sich etwas davon ein und trank gierig.

"Entschuldige, Tiberius", ließ Aurelius verlauten als der auf seinen jüngsten Sohn zutrat und ihm sacht durch die hellen Haare strich, die ihm bereits jetzt verschwitzt in die Stirn hinein fielen und sein Sichtfeld behinderten, ließ dem Jüngeren die Zeit, die er brauchte, um noch etwas von dem Wasser zu trinken, das er sich soeben eingegossen hatte. Er hatte noch immer das Gespräch mit Viola im Geiste, ihre Sorge darüber, dass ihnen im Krieg etwas geschehen könnte und selbst, wenn ein nächster Krieg fern war, so hatte seine Frau doch Recht behalten - er plante bereits weiter, war oftmals in Gedanken bereits bei dem nächsten Feldzug, der ihnen noch ins Haus stand und der unweigerlich dazu beitragen würde, dass sich die Grenzen des Landes weiter vergrößerten, gleichermaßen aber auch Ryanti davon abhalten würden, einen direkten Angriff auf Alagäsia abzuzielen.
"Aber bisher hast du dich ja ganz gut allein gegen die fyhamischen Soldaten verteidigt", setzte er noch hinzu und lenkte damit endgültig die Aufmerksamkeit hinüber zu dem Jüngeren, der so lange auf ihn hatte warten müssen und den er nun nicht enttäuschen wollte, indem er geistig nicht vollkommen bei ihm war. Der Junge hatte so lang auf ihn verzichten müssen, dass er ihn nun nicht erneut außen vor lassen wollte und so lächelte er ein weiches Lächeln als sein Sohn den Becher zur Seite stellte und sein Holzschwert wieder aufhob. Mit einer einzigen Bewegung griff Aurelius selbst nach dem Holzschwert in einem der Ständer an der Seite des Übungsfeldes und hob die Waffe, die ungewohnt leicht in seinen Händen wirkte. "Sei nachsichtig mit deinem alten Vater."

"Waren die Fyhamer mit Sicherheit auch nicht" gab Tiberius grinsend zurück und rannte auf seinen Vater zu, sah dessen Schwert kommen doch anstatt es abzufangen oder abzuwehren riss er den Kopf nach unten, verlagerte den Schwerpunkt seines Körpers weiter nach oben und ließ sich fallen, vollführte eine Rolle und stand somit hinter seinem Vater wo er eine kleine Drehung vollführte und seinem Vater mit der schwertspitze am Rand der Rüstung halb erwischte, halb vorbei schrammte.
Er sprang dann zurück, versuchte aus der Reichweite seines Vaters zu kommen. Stolperte, ruderte mit den Armen und fiel auf den Hosenboden. Er keuchte auf, rollte sich schnell zur Seite und entging somit einem schnell gefolgten Schlag seines Vaters ehe er wieder auf die Beine kam.
"Hey... aufpassen" er sprang noch einmal zurück, parierte den nächsten Schlag und bekam einen heftigen Schlag auf den Oberarm.

"Das haben die Fyhamer auch nicht", lautete Aurelius Antwort, die von einem warmen Lachen begleitet wurde als der seinem Sohn ein paar Sekunden gab, um sich erneut zu fangen und sich den Oberarm zu reiben, an dem er ihn zuvor erwischt hatte ehe er wieder sein Schwert hob und wartete bis Tiberius erneut angriff. Die Bewegungen seines Sohnes waren schnell, das musste er ihm lassen und er schien während des Jahres, indem er fort gewesen war um einen Krieg in Fyham zu führen, viel von dem verinnerlicht zu haben, was ihm die Lehrer und Ausbilder beigebracht hatte - wann immer er ihn traf und sei es noch so ein kleiner Kratzer in der alten Rüstung, die er trug, war er stolz auf seinen Sohn, stolz auf sein Können und das helle Leuchten in seinen Augen, das er darin erkennen konnte. Tiberius war so rasch groß geworden, so schnell beinahe erwachsen, dass es ihn einmal mehr schmerzte, ein Jahr im Leben seines Sohnes verpasst zu haben und umso dankbarer war er nun für die Chance, die sein Sohn ihm gab, um diese vergeudete Zeit wieder aufholen zu können und erneut einen Platz in seinem Leben einnehmen zu können.
"Hab ich dich" Erst Stunden später bekam er den Jungen zu greifen und schob seine Arme von hinten um den Jüngeren, hielt ihn fest während der Jüngere zappelte und darum verlangte losgelassen zu werden während sein Holzschwert längst auf dem Marmorboden gelandet war und das Holz von der warmen Sonne erwärmt wurde, die durch die großen Fester hinein fiel. Aurelius lachte leise während er den Jüngeren ein Stück weit vom Boden hob und dann schließlich die Augenbrauen ein Stück weit hob. "Und jetzt nehm ich dich mit in die Küche und wir essen heute Abend freche fyonarische Rekruten."