Magiezentrum

Ashryn schritt um den großen Platz herum und ihre roten Augen huschten von einem Soldate zum anderen. Die Männer und Frauen trugen die Gesichter Fremder über ihren eigenen, ihre Körper wurden von hartem, schwarzen Leder geschützt und in ihren Händen hielten sie todbringende, angsteinflößende Waffen. Sie bewegten sich alle im gleichen stummen Takt, ahmten dabei einen Elf nach der vor ihnen Stand. Bis jetzt war ihre Zahl noch recht gering, doch sie stieg stetig; mit jedem Tag kamen mehr die sich Ashryns Willen unterwarfen, die ihren Zielen folgten. Entelda leistete offensichtlich ganze Arbeit dabei, diese Leute zu ihr zu schicken. Als Hemióne hatte er ihr gut gedient, doch als Ashryn hatte er sich ihr vollkommen hin gegeben. Selbige begrüßte das. Sie kam an ein paar Magiern vorbei, die ihre Sprüche übten und musste den Kopf schütteln, ob ihrer Schwäche. Sie entschied sich ihre Stärke zu demonstrieren. Sie stellte sich neben die Reihe der Magier und sah auf die weitläufigen Höhlen, die sich hinter dem Abgrund vor dem sie stand noch erstreckten. Der Blick ihrer roten Augen richtete sich auf einen der Stalagmiten.
Ashryn hob die Hand und ein Blitz schoss darauß hervor, hielt zielstrebig auf den gewaltigen Stein zu und sprengte ihn in einer gewaltigen Explosion. Ein Lächeln huschte über Ashryns Gesicht, als sie sich ihrer gewaltigen Macht nun tatsächlich bewusst wurde. Sie wäre allein schon kaum aufzuhalten, doch zusammen mit Ryl`afay waren sie unaufhaltsam. Wie eine Flutwelle würden sie über das Land hereinbrechen und Feuer, Blut und Tod mit sich führen... Zunächst musste sie jedoch noch auf ihre Gefährtin warten und dann müssten sie ihre Truppen weiter aufstocken, aus den Reihen der anderen Völker. Ashryn führte ihren Weg um die Krieger herum fort und war in Gedanken dabei Menschen ab zu schlachten.

Dunkle Nebelschwaden zogen sich inmitten einer kleinen Plattform zusammen, begannen einander zu umkreisen und sich nach und nach zu verdichten ehe sie eine schwarze Gestalt zu formen begannen, welche nach und nach an Transparenz verloren. Die Nebelschwaden begannen schlanke Arme zu formen, welche sich zu recken begannen, Beine, welche im ersten Augenblick nur wackelig nach oben kamen ehe ein von einem Schwert zerrissener Oberkörper entstand, welcher sich nach und nach wieder zusammen setzte und schließlich das qualvoll verzerrte Gesicht einer schwarzhaarigen Elfe offenbarte, deren dunkle Lippen sich zu einem markerschütternden Schrei geformt hatten, welcher nur wenige Sekunden später durch das Höhlengeflecht drang, in dem die Stadt der einstigen Reiterin entstanden war. Magie wob um Ryl'afay herum, als sie einen ersten Schritt nach vorn setzte und sich geisterhaft und wie aus dem Nichts die dünnen Kleiderschichten, um ihren fahlen, entblößten Körper zogen und jenen mehr spärlich bedeckten ehe sie eine Hand ausstreckte und aus selbigen Schatten, die sie zuvor noch umhüllt hatten, ein geisterhafter Stab entstand, dessen blaues Leuchten den Platz geisterhaft umhüllte, auf welchen sie nun mit geschmeidigen Schritten trat.
Die schwarz wirkenden Augen glitten langsam hinüber zu jener jungen Gestalt, welche dort geradewegs sich jenen Magiern zugewandt hatte, die ihnen bislang nur spärlich gegeben worden waren und dennoch zierte ein kaltes, grausames Lächeln die Züge jener Elfe. Mit jedem Schritt, den sie setzte, schlug der Stab auf dem harten Steinboden auf, ließ das monotone, gleichmäßige Geräusch wie jenen Laut einer Peitsche durch die Hallen der Höhle klingen und ruhig nahm Ryl'afay wahr, wie das leise Geflüster in der Finsternis verklang und die Angst wieder anschwoll. Angst, welche sie nach und nach gesät hatte und die nun Früchte trug - 117 Jahre nach ihrer Wiederauferstehung. Ohne Ashryn eines einzigen Blickes zu würdigen, trat sie an ihr vorbei und hinüber zu den blutüberzogenen, verdrehten Körpern der zuvor von ihr getöteten Magier und sanft, beinahe fürsorglich schon, streckte Ryl'afay eine Hand aus, ließ ihre Fingerspitzen über das dunkle Blut gleiten als wäre es nicht mehr als die Farbe eines Malers.
"Du hast dir Zeit gelassen, Ashryn."

Ein kurzes verächtliches Lachen kam über Ashryns Lippen, die mit einem Lächeln Ryl´afays Ankunft begutachtet hatte, bei dessen Schrei die Kämpfer zusammen gefahren waren und sich die Ohren zu hielten. Das war schneller gegangen als sie erwartet hätte, was sehr interessant war. Nun musste sie nicht mehr befürchten all zu lange untätig sein zu müssen, bevor sie wieder über diese ach so gute Erde wandelte. Sie wandt sich Ryl zu, die geradezu liebevoll den Toten berührte, dieses minderwertige und geradezu nutzlose Geschöpf. Und doch meinte Ashryn zu ahnen, dass Ryl das womöglich anders sah. "Das Ritual brauchte mehr Zeit als ich annahm. Aber Zeit haben wir genug.", erklärte Ashryn und ein Lächeln zog sich über ihre Lippen. "Außerdem habe ich auch Geschenke mitgebracht. Dreihundert Elfen werden hier ankommen und unsere Reihen aufstocken.", fügte Ashryn noch an.
Ashryn besah sich Ryl von oben bis untern. Sie sahen sich wirklich ähnlich, außer dass Ashryn wirklich bekleidet war. Sah zu ihren Soldaten, die noch immer wie versteinert da standen und Ryl anstarrten. "Macht weiter!", fuhr sie sie an und zog drohend ihre Klinge eine Hand breit hervor. Sofort machten sie sich wieder an die Übungen. Es war schon gut, dass Ashryn nicht der einzige Schatten war, doch sie konnten nicht immer durch die Lande reisen um eine dauerhafte Angst zu verbreiten. Darum meinte Ashryn, dass sie vielleicht einige Vertreter brauchten... doch das würden sie erst später in Angriff nehmen. "Bist du wieder bereit zu töten, oder brauchst du noch etwas Ruhe?", fragte Ashryn ihre Partnerin dann spöttisch.

Ryl'afay erhob sich langsam wieder von ihrem Platz, welchen sie neben dem Toten eingenommen hatte und blieb eine Weile lang stehen, während die dunklen Augen des Schatten auf der verdrehten Gestalt des Magiers ruhten, welcher einst noch ihr gefolgt war, bevor Ashryn sein verderbtes Leben beendet hatte. Dreihundert Elfen klangen gut, wenngleich auch Ryl wusste, dass selbige Elfen nur bedingt etwas taugten - sie würden dem Leben hier nur bedingt widerstehen können, einige würden verderbt und die anderen allerhöchstens als Sklaven etwas taugen. Der Stab, welchen sie noch immer in der Hand hielt, begann bläulich zu glühen als der Schatten sich langsam zu der Jüngeren umwandte und ein kaltes, grausames Lächeln ruhte auf ihren Zügen als die Elfe mit langsamen Schritten zu Ashryn hinüber trat.
"Ruhe?", fragte sie leise und schlug selbigen ruhigen, einlullenden Tonfall an, welchen sie bereits vor dem Truchsess in Ilirea genutzt hatte ehe sie den Stab erneut hob und dessen Spitze unmittelbar auf Ashryns Brust setzte. "Zeit?", fragte sie während die Spitze des Stabes, das dunkle Holz, das einst vom Menoabaum selbst gekommen war, schwärzer wurde als die Hitze sich über dem Brustkorb des jüngeren Schattens ausbreitete und violett-schwarze Flammen über die Haut der anderen zu tanzen begannen, sich nach und nach durch ihre fahle Haut fraßen und schwarze Blasen aufwarfen, als sie die Haut verbrannten. Der beißende Gestank von verbrennendem Fleisch und Haaren trat in ihre Nase und ließ Ryl'afay lächeln während sie den Schrecken in Ashryns Augen genießerisch beobachtete, bevor deren Gestalt zu Asche zerfiel und sich schließlich im Nebel auflöste und Ryl'afay sich mit einem leise säuselnden "Süße Träume" wieder abwandte.
Es gab kein wir. Es gab nur sie und sie würde über die Stadt herrschen, welche sie sich errichtet hatte und Ashryn würde sich fügen. Erneut schlug der Stab auf dem Boden auf und die dunklen Lippen des Schattens flüsterten finstere Worte der Magie, hoben die einzelnen Steine des Stalagmiten an und ließen selbigen wieder zusammensetzen ehe er zurück zu seinem ursprünglichen Platz an der Decke kehrte. Sie sah den Blick derer, die gemeinsam mit Ashryn hierher gekommen waren und wandte sich nun langsam zu ihnen herum, trat mit gleichmäßig anmutenden Schritten auf die Elfen zu.
"Ihr werdet gehorchen."